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KlimakriseDas doppelte Spiel der Versicherungsunternehmen

Eine Bohrinsel im Meer
Troll A in der Nordsee, die größte Plattform zur Förderung von Erdgas auf der Welt. Die meisten Versicherungsunternehmen auf dieser Welt versichern weiterhin Gasprojekte (Bild: Swinsto101, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Viele Versicherungsunternehmen warnen schon lange vor den Folgen der Klimakrise und ziehen sich zunehmend aus der Absicherung von Klimaschäden zurück. Gleichzeitig werden fossile Unternehmen noch immer in hohem Maße versichert.

13.11.2023 – Es ist das Jahr 1973, der deutsche und weltweit größte Rückversicherer, die Munich Re warnt in der Publikation „Flood – inundation“ vor den wachsenden Gefahren der Globalen Erwärmung. Diese führe zu schmelzenden Gletschern und Polkappen, steigenden Meerestemperaturen und schließlich zu Fluten (Flood) und Überschwemmungen (inundation). Mithilfe eines großen Teams von internen und externen Wissenschaftler:innen analysiert Munich Re seit nunmehr fünf Jahrzehnten den menschengemachten Klimawandel.

Über eine Rückversicherung können Versicherungsunternehmen wie die Allianz oder AXA, bestimmte Risiken übertragen. Hat sich die Allianz etwa bei Überschwemmungen über die Munich Re abgesichert, muss bei Schäden von Betroffenen, die bei der Allianz entsprechend versichert sind, die Munich Re als Rückversicherer für die Kosten aufkommen. Zunehmende Klimaschäden, allein im letzten Jahr von 120 Milliarden US-Dollar, und die aktuelle Inflation treiben die Kosten für entsprechende Rückversicherungen in die Höhe.

Immer mehr Rückversicherern wird diese Absicherung zu heikel. Der französische Rückversicherer SCOR hat seine Kapazitäten für die Absicherung von Naturkatastrophen reduziert, die US-amerikanische AIG hat ihr Rückversicherungsgeschäft mit Naturkatastrophen gar beendet. Insgesamt sank das Kapital für die Rückversicherung von Naturkatastrophen 2022 um 20 bis 22 Prozent. Die Munich Re hingegen hat, wie andere, kurzfristig eine Ausweitung ihres Naturkatastrophengeschäftes zu höheren Preisen angekündigt. Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und das internationale NGO-Netzwerk Insure our Future warnen jedoch, dass die Modelle der Rückversicherer für die Risikoabschätzung von Klimaschäden in den letzten Jahren wiederholt versagt haben.

Kohle, Öl und Gas im Portfolio

Zudem schließen Munich Re und weitere Rückversicherer wie Versicherungsunternehmen die Versicherung fossiler Unternehmen weiterhin nicht aus, wie ein neuer Report von Insure our Future deutlich macht. Keines der 30 weltweit führenden Versicherungsunternehmen und Rückversicherern etwa schließt, laut Daten von Insure our Future, die Absicherung von neuen Gaskraftwerken aus. Und fast keines der Unternehmen beendet die Unterstützung von neuen Flüssigerdgas-Terminals. Zwar nehmen immer mehr Unternehmen Öl- und Gasrichtlinien vor, doch diese sind zum Teil zwiespältig.

So schließt der Japanische Versicherer MS&AD inzwischen die Absicherung fossiler Unternehmen aus, deren Geschäfte auf Öl, Gas und Kohle basieren. Reine Öl- und Gasfirmen jedoch werden weiterhin abgesichert. Die Munich Re erklärte im letzten Jahr den Abschied von Investitionen und Versicherungen neuer Öl- und Gasfelder, sowie Ölkraftwerke und -pipelines. Bereits 2018 wurde der Ausstieg aus der Absicherung neuer Kohlekraftwerke und -minen verkündet. Bestehende fossile Infrastrukturen jedoch wurden und werden weiterhin abgesichert, ebenso Versicherungsunternehmen, wie etwa die polnische Powszechny Zakład Ubezpieczeń (PZU), die über 85 Prozent des Kohlebergbaus und eine große Mehrheit der Stein- und Braunkohlekraftwerke in Polen versichert.

Top 10 der Versicherer in fossile Brennstoffe 2022 (in Millionen US-Dollar

Rank

Name

Country of HQ

Premium range

Midpoint

1.

AEGIS

Bermuda

1,550-1,850

1,700

2. 

PICC

China

1,250-1,650

1,450

3.

Sogaz

Russia

800-1,100

950

4.

Chubb

USA

550-850

700

5. 

Allianz

Germany

475-775

625

6. 

AXA

France

450-750

600

6. 

Fairfax Financial

Canada

450-750

600

6.

Zurich

Switzerland

450-750

600

9.

W.R. Berkley

USA

525-625

575

10.

AIG

USA

425-675

550

(Quelle: Insure our Future)

Vorreiter beim Ausstieg aus der Versicherung von Kohlenergie ist, laut Insure our Future, die deutsche Allianz. Jegliche neue Kohleprojekte von Unternehmen werden inzwischen ausgeschlossen und bis 2030 will sich die Allianz auch aus allen bestehenden Versicherungen der Kohleindustrie verabschieden. Trotzdem ist die Versicherung weiterhin auf Platz 5 der weltweit größten Versicherer von fossilen Projekten und Unternehmen. Immerhin wollen sie bis 2030 die CO2-Emissionen ihres Portfolios um 45 Prozent reduzieren. Kein anderes Versicherungsunternehmen hat Ziele in ähnlicher Größenordnung.

Auf einem Pfad zur Begrenzung der Globalen Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad ist indes auch die Allianz nicht. „Wenn Versicherungsunternehmen die Klimaforschung ernst nehmen würden, dann würden sie ihre Garantien und Investitionen in vollem Maße am 1,5 Grad Pfad ausrichten und jegliche Unterstützung für neue fossile Produktionsstätten einstellen“, sagt der globale Koordinator von Insure our Future, Peter Bosshard. Im besten Fall würden sie fossile Firmen in Verantwortung ziehen für die wachsenden Kosten, die sie aufgrund zunehmender Klimaschäden verursachen und zugleich Versicherungen für besonders betroffene Gemeinschaften erschwinglich halten, so Bosshard. mg


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