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Fossile VersicherungMunich Re ist weiter Rückversicherer polnischer Kohle

Eine Skulptur einer laufenden weißen Person vor einem verglasten Gebäude.
Vor dem Geschäftsgebäude der Munich Re in der Münchener Leopoldstraße steht eine Skulptur, Walking Man genannt. (Bild: Sven Teschke, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 de)

Die 2018 beschlossene Klimaschutzstrategie des Rückversicherers Munich Re ist weiter unzureichend. Noch immer sichert sie die polnische Kohleindustrie ab. Auch die Versicherung von Öl- und Gasprojekten bleibt ein wichtiges Geschäftsfeld.

27.04.2021 – Im Vorfeld der morgigen Hauptversammlung des weltweit wichtigsten und größten Rückversicherers Munich Re kritisieren Umweltschutzorganisatio­­­­nen seine unzureichende Klimaschutzstrategie. Andere Versicherungsunternehmen können sich über die Munich Re rückversichern und damit eigene Geschäftsrisiken absichern. Im Juli 2018 beschloss Munich Re, die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Aktiengesellschaft in München, „im Grundsatz keine neuen Kohlekraftwerke und -minen zu versichern“.

Im Detail bedeutet dies: Neubauten von Kohlekraftwerken und -minen werden als Einzelrisiken nicht mehr versichert. In Schwellenländern, wo mehr als zehn Prozent der Menschen keinen Zugang zu Strom haben, ist das jedoch weiterhin möglich. Auch investiert die Munich Re nicht mehr in Unternehmen, die mehr als 30 Prozent des Umsatzes mit Kohlegewinnung oder -verstromung erzielen. Doch selbst der Energiekonzern RWE, der für die Kohleverstromung weiter Dörfer abreißen will, macht nicht mehr 30 Prozent seines Umsatzes mit Kohle. Klimaschädliche Unternehmen bleiben damit fester Bestandteil bei Investitionen.

Auch bei den Versicherungen bleiben Kohlekraftwerke und -minen fester Bestandteil des Geschäftsgebarens von Munich Re. Denn der Ausschluss bezieht sich nur auf neue Projekte und direkte Versicherungen, sogenannte Einzelrisiken. So können sich Versicherungsunternehmen wie die polnische Powszechny Zakład Ubezpieczeń (PZU) weiter über die Munich Re rückversichern. Die PZU versichert über 85 Prozent des Kohlebergbaus und eine große Mehrheit der Stein- und Braunkohlekraftwerke in Polen.

Indem Munich Re PZU rückversichert, gibt sie einem Brandstifter einen Benzinkanister an die Hand

Kuba Gogolewski, Vorstandsmitglied bei „Development Yes – Open-Pit Mines No!“

Kuba Gogolewski, Vorstandsmitglied bei „Development Yes – Open-Pit Mines No!“, einer polnischen Initiative gegen Tagebaue, sagt: „Indem Munich Re PZU rückversichert, gibt sie einem Brandstifter einen Benzinkanister an die Hand. Dies ist unvereinbar mit allen Klimaversprechen von Munich Re.“ Zwar geht auch in Polen wirtschaftlich bedingt der Anteil der Kohle am Strommix zurück, doch 2019 betrug dieser noch 74 Prozent. 33 der 50 Städte Europas mit der höchsten Luftverschmutzung liegen in Polen. Dazu tragen Kohlekraftwerke ebenso bei, wie viele Haushalte, die nach wie vor mit Kohle heizen.

Nach aktuellem Stand soll erst 2049 Schluss sein mit dem Abbau von Kohle. Wann die letzten Kohlekraftwerke schließen, ist weiter offen. Ein Ausschluss der Munich Re von Kohleversicherern wie der PZU könnte neben dem europäischen Emissionshandel und verschärften Vorgaben zur Emissionsreduktion helfen, einen früheren Kohleausstieg in Polen zu ermöglichen. Doch im Gegensatz etwa zum Rückversicherer Swiss Re bleibt die Klimastrategie der Munich Re lückenhaft. Die Swiss Re hatte im März angekündigt, ab 2023 Kohleenergie auch bei der Rückversicherung von anderen Versicherungsunternehmen peu à peu auszuschließen.

Die Munich Re kündigte in ihrem letzten „Corporate Responsibility“-Report lediglich an, bis 2040 aus der Rückversicherung von Kohle auszusteigen. Bei Öl und Gas soll dies sogar erst 2050 der Fall sein, dann will die Munich Re Klimaneutralität erreichen. Doch aktuell wirbt die Munich Re auf ihrer Internetpräsenz für sich, als „einer der führenden Öl- und Gasversicherer mit weltweiter Marktkenntnis“. Bis 2025 will Munich Re die Kohlendioxidemissionen ihres Öl- und Gas-Versicherungsgeschäfts um lediglich fünf Prozent reduzieren.

Munich Re umgarnt Öl- und Gasmultis und reduziert CO2-Emissionen nur in homöopathischen Dosen

Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei urgewald

Regine Richter, Finanz-Campaignerin bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald, kommentiert: „Munich Re umgarnt Öl- und Gasmultis und reduziert CO2-Emissionen nur in homöopathischen Dosen. Beides wirft kein gutes Licht auf die Klimaambitionen des Rückversicherers.“ Der Konzern müsse endlich bereit sein, sich von alten Geschäftsfeldern zu lösen. „Wer schon so lange vor der Klimakrise warnt, muss sie auch im eigenen Geschäft ernsthaft angehen“, so Richter weiter.

Tatsächlich gilt die Munich Re als Vorreiter im Bereich der Risikoforschung von Naturkatastrophen. Bereits Mitte der 1970er Jahre wurde dafür bei der Munich Re ein eigener Bereich aufgebaut, in dem schnell der Klimawandel und seine Folgen in den Fokus rückten, während fossile Unternehmen noch versuchten Erkenntnisse zur menschengemachten Klimakrise zu vertuschen. Warum die Munich Re die eigene Risikoforschung nicht wirksam in ihre Geschäftspraktiken umsetzt, bleibt rätselhaft. mf


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