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BEE-StudieDen Strommarkt umkrempeln

Solarpanels an einem langgezogenen Gebäude in schwarz-weiß
Solarpanels an einem Gebäude in Berlin-Adlershof. (Bild: Rick Jack on Unsplash)

Die Ausbaupläne der Ampel-Koalition für Erneuerbare Energien bis 2030 stimmen schonmal. Doch die ökonomischen Rahmenbedingungen dafür fehlen bislang. Eine neue Studie zeigt, wie Marktwerte Erneuerbarer Energien deutlich erhöht werden können.

15.12.2021 – Für die Macher:innen der Studie ist sie der erste Fachbeitrag für die von der Bundesregierung geplante Plattform "Klimaneutrales Stromsystem". Im Koalitionsvertrag versprechen die Ampel-Koalitionäre im Zuge des Ausbaus Erneuerbarer Energien ein neues Strommarktdesign zu erarbeiten. Die entsprechende Plattform aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll 2022 konkrete Vorschläge erarbeiten.

Ein breites Bündnis unter Führung des Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) hat schon jetzt Vorschläge erarbeitet und in der Studie "Neues Strommarktdesign für die Integration fluktuierender Erneuerbarer Energien" zusammengefasst. Die 80 Prozent Ausbaupläne der Ampel-Koalition für Erneuerbare Energien bis 2030 würden schonmal den Szenarien der Studie entsprechen, sagte Simone Peter, Präsidentin des BEE, bei der Vorstellung der Analyse am gestrigen Dienstag.

An ökonomischen Rahmenbedingungen ansetzen

Doch die heutigen ökonomischen regulatorischen Rahmenbedingungen im Strommarkt würden einen entsprechenden Ausbau behindern, so ein zentrales Ergebnis der Studie. Unter den heutigen Begebenheiten sei eine Versorgungssicherheit 2030 mit Erneuerbaren Energien und weiterer Energieträger trotz vorgezogenem Kohleausstieg möglich. Doch der wirtschaftliche Betrieb Erneuerbarer Energien, der grundlegend für die Energiewende ist, sei nur bedingt gegeben.

Ein gewichtiges Problem verbirgt sich dabei hinter einem Paragraphen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – dem EEG 2021. In Paragraph 51 ist geregelt, dass sich der Zahlungsanspruch bei negativen Preisen an der Strombörse verringert. Negative Strompreise entstehen, wenn die Stromerzeugung die Nachfrage übersteigt und der Strom zugleich nicht exportiert werden kann. Im Rahmen der EEG-Förderung werden Strommengen aus Erneuerbaren Energien in Zeiten negativer Strompreise aktuell nicht gefördert. Ausgenommen sind lediglich Anlagen mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt. Da das Angebot die Nachfrage meistens tagsüber überschreitet, ist vor allem die Photovoltaikeinspeisung von Paragraph 51 betroffen, was deren Ausbau hemmt.

Mengenförderung statt Förderzeitraum

Um die ausbleibende Förderungen aufgrund negativer Preise zu verhindern, schlagen die Macher:innen der Studie eine künftige Mengenförderung statt Förderzeitraum Erneuerbarer Energien Anlagen vor. So soll jede regenerative Energieanlage ein bestimmtes Mengenkontigent als Förderrahmen erhalten, welches innerhalb der Betriebslaufzeit der Anlage aufgebraucht werden kann. So können Betreiber besser auf negative Strompreise reagieren und ihre Erzeugung entsprechend anpassen. Dies würde auch die Förderkosten drastisch senken, was den Weiterbetrieb von Altanlagen verbessere und den zeitlich früheren Markteintritt von Neuanlagen ermögliche, so die Autor:innen der Studie.

Eine weitere wichtige Stellschraube sehen die Expert:innen in einer deutlichen Flexibilisierung des Strommarktes. Matthias Stark, Mitautor der Studie und Leiter der Abteilung Erneuerbare Energiesysteme beim BEE, wies bei der Vorstellung der Studie daraufhin, dass die Schaffung ausreichender Flexibilitäten negative Strompreise verhindere.  Und Simone Peter sagte: „Der zentrale Vorteil der Erneuerbaren Energien liegt in ihrer Dezentralität.“

Fokus auf heimische Anlagen

Während andere Studien – zum Beispiel vom Bundeswirtschaftsministerium – bislang von einem hohen Import Erneuerbarer Energien 2030 ausgehen, setzen die Autor:innen der BEE-Studie den Fokus auf den Ausbau heimischer dezentraler Energieanlagen, sowohl für Strom als auch die Wasserstoffproduktion. Das fördere die Wirtschaft im Land und dadurch seien sinnvolle Einsparungen im Netzbetrieb zu erreichen.

Des Weiteren könne unnötiger Netzausbau vermieden werden, in dem Betreiber von Elektrolyse- und Power-to-heat-Anlagen (auch nach 2027) weiterhin von Netzentgelten befreit werden, mit der Bedingung einer netzdienlichen Allokation der Großverbraucher sowie einer netzdienlichen Fahrweise. Für die – für die Energiewende nötige – Sektorenkopplung sind solche Anlagen essenziell. Die Netzentgeltbefreiung müsse auch für alle Konstellationen von Stromspeichern gelten, um deren Nutzung zu fördern. Dafür sollten ebenfalls mehr Investitionsmittel in Speichermöglichkeiten fließen und Biogasanlagen anstatt Gaskraftwerke in den Fokus rücken.

Das Stromverhalten von Endkunden steuern

Für die Endkunden wiederum sollte das Netzentgelt an die Einspeisung Erneuerbarer Energien gekoppelt werden. Das bewirke einen marktpreissenkenden Effekt der Einspeisung Erneuerbarer Energien und könnte das Stromverhalten von Endkunden stärker auf die Erneuerbare Einspeisung ausrichten. Auch die perspektivische Abschaffung der EEG-Umlage könnte einen entsprechenden Effekt haben, ebenso wie die Stromsteuerabsenkung auf den EU-rechtlich möglichen Mindestbetrag.

Die Autor:innen der BEE Studie kommen zu dem Schluss, dass mit den vorliegenden Maßnahmen Erneuerbare Energien ab 2040 marktfähig sind. Die Ergebnisse der Studie fußen dabei auf einer breiten fachlichen Expertise. Neben dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE), dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Rechtsanwälten von Becker Büttner Held und Expert:innen des BEE, haben in einem wissenschaftlichen Beirat und in Workshops eine Vielzahl von Stromanbietern, Netz- und Anlagenbetreibern, Energiegenossenschaften, Banken und vielen weiteren ihren Input gegeben. mf


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Kommentare

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Walther Mathieu 15.12.2021, 11:17:14

Unabhängig vom Inhalt des Artikels - das Foto zeigt gleich zwei Fehler:

Erstens die Parabolspiegelform - mit so etwas hat man in London böse Erfahrungen gemacht. So sollten spiegelnde Flächen keinesfalls angeordnet werden, es sei denn, es wäre da ein geeigneter Receiver im Fokus.

Zweitens: Genau da wo man den Receiver ungefähr erwarten müsste sind Bäumchen gepflanzt! Wenn die mal größer werden, was nun mal ihre Art ist, werden sie entweder vom Parabolspiegel abgefackelt oder verschatten die PV. Beides nicht gut.

Liebe Architekten: Erst denken, dann modellieren.


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