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EastMed PipelineFossile Infrastruktur wird weiter ausgebaut

Verlegung der NEL-Ergas-Pipeline nahe Hasenhäge, Landkreis Ludwigslust, Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland
Erdgaspipeline im Bau (Bild: Niteshift / CC BY-SA 3.0)

Die geplante Pipeline EastMed soll Erdgas von Israel und Zypern über Griechenland nach Europa liefern. Neue Erdgasinfrastrukturprojekte wie dieses könnten das Ende fossiler Energie weiter hinauszögern und Europas Klimaziele gefährden.

24.01.2022 – Die Eastern Mediterranean Pipeline (EastMed) soll Erdgasvorkommen in Israel und Zypern auf den europäischen Markt bringen. Viele Länder der Region unterstützen die Pipeline-Pläne und auch die Europäische Union stellt sich hinter EastMed. Wirtschaftlich und klimapolitisch ist EastMed jedoch umstritten. Das Erdgasinfrastrukturprojekt könnte die Abkehr von fossilen Energieträgern weiter hinauszögern und laufe zudem Gefahr, zum Investitionsgrab zu werden, so Investigate Europe.

Ein geopolitisches Projekt

Eastmed soll mit 1900 Kilometern Länge und teils 3 Kilometern Tiefe die längste und tiefste (Teil-)Unterwasserpipeline der Welt werden. Die Baukosten sind auf über 5,2 Milliarden Euro angesetzt, anschließend kämen noch jährlich 90 Millionen Euro für Wartungsarbeiten hinzu. Die Pipeline könnte ab Ende der Dekade etwa 10 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr befördern.

Griechenland, Zypern und Israel trafen erst vor zwei Jahren ein zwischenstaatliches Abkommen, um den Bau der Pipeline zu sichern. Besonders Griechenland hat sich immer wieder für EastMed eingesetzt. Laut Investigate Europe unterstützen auch Bulgarien, Rumänien, Serbien und Nordmazedonien das Projekt, einzig die Türkei sei dagegen. Politisch ist die Pipeline auch deshalb brisant, weil Griechenland, Zypern und die Türkei sich bereits seit Jahren um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer streiten.

Die Befürworter von EastMed erhoffen sich vor allem geopolitische Vorteile. Die Pipeline soll zur sogenannten Diversifizierung der Gasquellen beitragen und damit sowohl die Region als auch Europa unabhängiger vom Hauptgaslieferanten Russland machen. Ob die Pipeline überhaupt wirtschaftlich sinnvoll und grundsätzlich mit den europäischen Klimazielen vereinbar ist, ist allerdings stark umstritten. Tatsächlich sei die Kapazität der Pipeline zu niedrig, der mutmaßliche Gaspreis zu hoch und Beginn der Lieferungen zu spät, um Europas Gasmarkt unabhängiger von Russland zu machen, so Investigate Europe.

Gasprojekte gefährden die europäischen Klimaziele

Trotzdem nahm die Europäische Kommission das Pipeline-Projekt Ende vergangenen Jahres erneut in ihre Liste der Projekte von gemeinsamem Interesse (PCI) auf. Die PCI sollen den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft in Europa bis 2050 unterstützen und nachhaltige Energie für alle Europäer sichern. Projekte, die so klassifiziert werden, genießen weitreichende Vorteile: Genehmigungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen werden beschleunigt, die Projekte von einer zentralen Stelle koordiniert und mit finanziellen Zuschüssen versorgt. Ein Großteil der Projekte zielt auf die Elektrifizierung der Wirtschaft, doch bei knapp einem Fünftel handelt es sich noch immer um Gasprojekte.

Doch die Unterstützung bröckelt. In der EU gibt es Bestrebungen, fossile Vorhaben in Zukunft nicht mehr zuzulassen. Ende letzten Jahres hatte die Europäische Kommission eine entsprechende Änderung der Verordnung über die transeuropäischen Energienetze (TEN-E) vorgelegt. Greenpeace kritisierte bereits damals, dass auch hier noch Ausnahmen für die Großprojekte EastMed und Melita vorgesehen seien. Neben der strukturellen Förderung der EU hatte EastMed auch lange den Zuspruch der USA. Die Vereinigten Staaten entzogen dem Projekt Anfang Januar allerdings überraschend die Unterstützung. Man wolle sich auf klimaneutralere Energiestrategien ausrichten.

NGOs warnen bereits seit langem, dass weitere Investitionen in Gasinfrastruktur die europäischen Klimaziele und einen schnellen Übergang zu sauberen Energiequellen ernsthaft gefährden könnten. Neben CO2 ist vor allem der hohe Methanausstoß entlang fossiler Lieferketten ein Problem. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Die IEA nimmt an, dass Methan für etwa 30 Prozent des bisherigen globalen Temperaturanstiegs verantwortlich ist. Methan wird zwar deutlich schneller abgebaut als Kohlenstoffdioxid, doch es richtet kurzzeitig sogar mehr Schaden in der Atmosphäre an. Das Treibhausgas entweicht in hohen Konzentrationen durch undichte Stellen bei der Förderung und entlang der Lieferketten. Für den Klimaschutz gilt das Reduzieren von Methan auch deshalb als Schlüsselmaßnahme, weil es zurzeit nahezu keine Auflagen für Methanemissionen gibt.

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, muss Europa 2050 90 Prozent weniger Erdgas verbrauchen als 2018. Der Bedarf an Erdgas muss also in den kommenden Jahren stark und fortschreitend abnehmen. Neue Erdgasinfrastrukturprojekte laufen deshalb Gefahr, das Ende der Nutzung fossiler Energiequellen weiter hinauszuzögern. Klimagerecht genutzt würde EastMed hingegen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem milliardenschweren Investitionsgrab werden, so Investigate Europe. jb


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Kommentare

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Bernhard Kaiser 02.05.2022, 16:59:49

"Die Vereinigten Staaten entzogen dem Projekt Anfang Januar allerdings überraschend die Unterstützung. Man wolle sich auf klimaneutralere Energiestrategien ausrichten." Was die Amerikaner unter Biden eigentlich wollen, sieht man ja jetzt, sie wollen den Europäern mit aller Macht ihr teures und extrem umweltschädliches Fracking Gas andrehen! Darüber sollten sich NGOs wie Greenpeace mal Gedanken machen!


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