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Erdgas-InfrastrukturMethan-Lecks in Deutschland

Metan-Emissionen in Mallnow
Erst mit der FLIR GF320, einer Spezialkamera für Optical Gas Imaging, werden die Methan-Emissionen sichtbar, die aus einer Gas-Verdichterstation im brandenburgischen Mallnow aufsteigen. Betreiber der Anlage ist der Fernleitungsnetzbetreiber für Erdgas Gascade. (Bild: @ Clean Air Taskforce, James Turrito)

Entgegen bisherigen Beteuerungen treten Methan-Lecks auch in Deutschland an Erdgas-Infrastrukturen auf. Das zeigen neueste Messungen, die einmal mehr bestätigen: Erdgas ist keine klimafreundliche Brückentechnologie.

28.06.2021 – Mit einer Spezialkamera untersuchten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die US-amerikanische Umweltorganisation Clean Air Taskforce (CATF) an insgesamt 14 Standorten in Deutschland Erdgas-Infrastrukturen – mit erschreckenden Ergebnissen. Die Spezialkamera machte an allen Standorten Methan-Lecks sichtbar, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind.

Erdgas besteht fast vollständig aus Methan, das als Treibhausgas, in einer kürzeren Zeitspanne gesehen, weitaus klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH macht deutlich: „Erdgas ist ähnlich klimaschädlich wie Kohle, nur ist es eben unsichtbar. Als Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan über 20 Jahre fast 90-mal klimaschädlicher als CO2. Selbst geringe Mengen können deswegen großen Schaden anrichten, wenn sie in die Atmosphäre gelangen.“

Die hohe klimaschädliche Wirkung von Methan wird in offiziellen deutschen Berechnungen weiterhin unterschätzt, da der kurzfristige höhere Schaden nicht einberechnet wird. Darüber hinaus werden die Gesamtemissionen von Erdgas unzureichend erfasst. Methanemissionen, die durch Leckagen aber auch bewusstes Ablassen oder Abfackeln von Erdgas entstehen, werden nur rudimentär in die Klimawirkung von Erdgas einbezogen. In Deutschland werden Methanemissionen lediglich als Schätzwerte von der Industrie geliefert, eine Pflicht zur Messung gibt es nicht.

Keine Momentaufnahmen

Und diese Schätzwerte sind offensichtlich weitaus geringer als die tatsächlichen Methan-Emissionen, das zeigen die Messungen der Spezialkamera und Nachforschungen der Deutschen Umwelthilfe. Die beobachteten Lecks seien keineswegs ausschließlich Momentaufnahmen, berichtet die DUH. Durch mehrmalige Besuche einiger Standorte sei festgestellt worden, dass manche Lecks bereits seit Monaten existierten.

Die DUH habe die Betreiber der Anlagen und die zuständigen Behörden über bestehende Lecks informiert, um deren Beseitigung schnellstmöglich zu veranlassen. Dabei habe sich gezeigt: „Die Betreiber der Infrastruktur wissen teils nur unzureichend über vorhandene Leckagen Bescheid und/oder unternehmen zu wenig, um diese zu beseitigen“, so die DUH. Die Konsequenz sei, dass derartige Lecks nicht an die Behörden gemeldet werden.

Sieben der beobachteten Anlagen sind im Besitz des US-amerikanischen Konzerns ExxonMobil, drei der Anlagen gehören dem Kasseler Fernleitungsnetzbetreiber für Erdgas Gascade. „Wir brauchen endlich unabhängige und überprüfbare Messungen, anstatt allein von der Industrie angefertigte Hochrechnungen“, fordert Zerger. Und Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, ergänzt: „Gleichzeitig muss Deutschland ein Ausstiegsdatum für fossiles Erdgas in Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen festlegen.“

Bessere Messung und Berichterstattung angekündigt

Die Europäische Union kündigte indes bereits im Herbst letzten Jahres an, Messung und Berichterstattung über Methanemissionen zu verbessern. Es solle eine Verpflichtung zur besseren Erkennung und Reparatur von Leckagen in der Gasinfrastruktur geben, sowie Rechtsvorschriften, mit denen Praktiken wie das routinemäßige Abfackeln und Ablassen von Gasen verboten werden. Die Verhandlungen zur Umsetzung dieser Vorschläge laufen noch – auch mit Deutschland.

Ungeachtet dessen werden in Deutschland von Politik und Wirtschaft weiter Gas-Projekte vorangetrieben, wie etwa die Gas-Pipeline Nord Stream 2, oder der Aufbau von LNG-Terminals in Niedersachsen. Und auch beim Aufbau eines europäischen Wasserstoffmarktes schließen Deutschland und die Europäische Union sogenannten blauen Wasserstoff, also dessen Herstellung aus Erdgas mit anschließender CO2-Abscheidung, nicht aus.

In Zusammenarbeit mit weiteren europäischen Organisationen fand die Clean Air Taskforce indes auch bei Stichproben in Italien und Ungarn erhebliche Methanemissionen an Gas-Anlagen. Dabei sei, laut Berechnungen der Internationalen Energieagentur, eine Reduktion der Methan-Emissionen um 70 Prozent bis 2025 möglich und nötig. Die Lagerung von Abfällen und die Landwirtschaft, in Form von Gülle und Gärungsprozessen von Rindern, sind weitere Methan-Emittenten. Um bis zu 0,3 Grad könnte die Globale Erwärmung reduziert werden, wenn der Methan Ausstoß radikal eingeschränkt würde. mf


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Mario Dansachmüller 29.06.2021, 18:13:54

Eine Abschätzung der Quantität von Methanlecks in Relation zu einem Referenzwert (zb in Bezug zu den co2 Äquivalenten des Straßenverkehrs) wäre in diesem Beitrag wichtig zur Einordnung.

Dr. Martin Creuzburg 19.11.2021, 22:13:16

Die Unbrauchbarkeit von Erdgas als "Brückentechnologie" wir deutlich ausgesprochen, aber ich vermisse jegliche Angabe von Zahlen über die Leckraten. Ohne diese können wir nicht argumentieren.

Eine amerikanische Studie hat allein für die Kompressoren einen Schlupf von 0,8% gemessen, was einem 38-mal grösseren CO2-equ, nämlich 30% entspricht.

Beim Fracking gehen die Schätzungen für den Schlupf bis 10% und mehr.


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