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AgrokraftstoffeWenn Teller und Tank konkurrieren

Ernte Elefantengrass
Die Produktion von Agrokraftstoffen nimmt immense Agrarflächen ein, die für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden könnten. Die Ernte in Tanks zu verfeuern ist nicht nachhaltig. (Bild: Yves Bernardi / pixabay)

Die Mythen der Biosprit-Lobby reichen von einer angeblichen Unverzichtbarkeit für die Klimaziele bis zur Behauptung, die genutzten Anbauflächen seien für die Nahrungsmittelproduktion irrelevant. Ein Faktencheck zeigt: Das ist Unsinn.

11.07.2022 – In einem Faktencheck entkräften Greenpeace, die Deutsche Umwelthilfe (duh), der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Foodwatch, Robin Wood und der Verein Transport and Environment zehn große Mythen über die vermeintlich umwelt- und klimafreundlichen Agrokraftstoffe.

Aus Pflanzen gewonnene Kraftstoffe werden seit Jahren fossilem Diesel und Benzin beigemischt. In den letzten 15 Jahren förderte die Politik dies sogar aktiv. Dabei waren biogene Kraftstoffe, auch Bio- oder Agrokraftstoffe genannt, von Anfang an umstritten. Zuletzt kündigte die Bundesregierung deshalb an, die Nutzung von Agrokraftstoffen aus Nahrungsmitteln beenden zu wollen.

Teller oder Tank?

Als besonders kritisch gilt, dass Agrokraftstoffe nicht etwa aus Biomüll, sondern größtenteils aus speziell für diesen Zweck angebauten Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewonnen werden. Biodiesel wird meist Ethanol aus Raps-, Soja- oder Palmöl hinzugefügt, fossilem Benzin eher Agrokraftstoffe aus Weizen, Roggen, Mais und anderen Getreidesorten sowie Zuckerrüben und Zuckerrohr.

Die Flächen und Nahrungsmittel, die hier in Tanks verbrannt werden, sind alles andere als unbedeutend. Der Agrokraftstoffhunger der EU beansprucht weltweit über 5 Millionen Hektar Agrarflächen. Für Deutschlands Agrokraftstoffverbrauch allein ist eine Anbaufläche notwendig, die der Größe von Sachsen entspricht. Der immense Flächenverbrauch bedeutet dabei auch, dass Agrokraftstoffe dem Klima unter dem Strich schaden.

Nahrungsmittelpreise sind zuletzt durch den Wegfall von Exporten aus der Ukraine stark gestiegen. Ein Blick auf die Flächen zeigt: Würden die in der EU und den USA für Agrokraftstoffe verwendeten Getreidemengen halbiert, könnten die durch den Ukraine-Krieg entfallenen Getreide-Exporte vollständig ersetzt werden. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr zum Beispiel rund 2,4 Millionen Tonnen Getreide zu Agrokraftstoff verarbeitet. Mit dieser Menge hätten im selben Zeitraum rund 16 Millionen Menschen mit einer täglichen Getreideration versorgt werden können. Die für Agrokraftstoffe genutzten Flächen sind groß genug, um globale Nahrungsmittelpreise und den Welthunger zu beeinflussen.

Agrokraftstoffe verleihen der Verbrennerindustrie einen grünen Anstrich

Hungernde haben jedoch selten eine große Lobby – ganz im Gegensatz zu Agrokraftstoffherstellern. Ihre Interessen decken sich dabei mit denen der Öl- und Verbrennerindustrie. Denn bei gestiegenen Preisen für sowohl Fossile als auch Nahrungsmittel bleiben Agrokraftstoffe die kostengünstigere Variante. Die gesetzlich vorgegebenen Emissionsminderungsziele regen die Kraftstoffindustrie zudem weiter an, mehr Agrokraftstoffe beizumischen. Dies verleiht ihnen zusätzlich einen grüngewaschenen Anstrich – und Argumente für eine vermeintliche Zukunftsperspektive für Verbrenner.

Um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und deren Lieferanten zu reduzieren, sind Agrokraftstoffe jedoch ungeeignet. Denn trotz ihres immensen Flächenverbrauchs liegen die Beimischungsmengen im einstelligen Prozentbereich. Der Anteil von Agrokraftstoffen am gesamten Kraftstoffbedarf ist also zu klein, um einen signifikanten Unterschied bei fossilen Abhängigkeiten zu erzielen. Für den Welthunger und das Klima wäre ein Ende der Agrokraftstoffnutzung hingegen ein großer Gewinn. jb


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