Menü öffnen

RekommunalisierungBerliner Fernwärme is coming home

Berlin, Bahnhof Friedrichstraße, Anti-Kohle-Demonstration, Berliner Energietisch
Berlins Energieversorgung rekommunalisieren und dekarbonisieren: Der Energietisch auf der Demo anlässlich der Vorstellung einer Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg in Berlin, 2019. (Foto: Leonhard Lenz / CC0 via Wikimedia Commons)

Das Land Berlin kauft die Fernwärme von Vattenfall zurück. Ein großer Erfolg für die Berliner Zivilgesellschaft, die seit Jahren für eine Rekommunalisierung kämpft. Jetzt braucht die Hauptstadt aber auch eine zügige Umstellung auf erneuerbare Wärme.

23.12.2023 – „Fernwärme is coming home!“ jubeln die Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Rekommunalisierung des Berliner Wärmenetzes. Es kommt zum richtigen Zeitpunkt: Die Wärmewende wurde von der Ampelregierung im November dieses Jahres mit dem Gesetz zur Wärmeplanung eingeläutet. Demnach müssen große Kommunen bis 2026 eine Wärmeplanung vorlegen – so auch Berlin. In Städten sind die Betreiber der Fernwärmenetze jedoch häufig in der Hand von Konzernen, die über Energieerzeugung und -preise bestimmen.

Wenn das Land Berlin die Fernwärme von Vattenfall nun zurückkaufen kann, sei das ein riesiger Erfolg für die Berliner Zivilgesellschaft, die seit vielen Jahren für eine Rekommunalisierung kämpft, freuen sich die Initiatoren. Damit kämen „Westeuropas größtes Fernwärmenetz“ mit rund 2.000 Kilometer langen Leitungen plus „ein Dutzend Kraftwerke mit über 1.600 Mitarbeitern zurück zum Land Berlin.“

Neue Energie für Berlin – (fast) in Bürgerhand

Der Weg dahin war hürdenreich. Ziel des Volksentscheids von 2012 „Neue Energie für Berlin – demokratisch, ökologisch, sozial“ war es, alle Energienetze – Strom, Gas und Wärme – von privaten Firmen in die öffentliche Hand zurückzukaufen und unter demokratische Kontrolle zu stellen. Der Volksentscheid scheiterte zwar am Abstimmungsquorum, jedoch hatten sich 83 Prozent der Teilnehmenden für die Rekommunalisierung ausgesprochen. 2016 wurde die Rekommunalisierung der Berliner Netze zum Wahlkampfthema.

Das Berliner Stromnetz wurde 2021 zurückgekauft. Vattenfall hatte den Verkauf des Fernwärmenetzes 2022 angekündigt. Für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, den Verbraucherschutz und die Versorgungssicherheit sprachen sich viele Akteure dafür aus, dass Berlin ein Angebot abgeben sollte. Mit der Petition Fernwärme zurück in Berliner Hand an den Berliner Senat wurde die Forderung bekräftigt, dass Berlin den Rückkauf der Fernwärme angehen sollte.

Nach der Rekommunalisierung ist vor der Wärmewende

Vor einem Jahr hatte BürgerBegehren Klimaschutz die Petition Fernwärme in Berliner Hand an die damalige Grüne Umweltsenatorin Bettina Jarasch übergeben. Über 15.000 Berliner forderten damit einen schnellen Rückkauf der Fernwärme, die Umstellung auf klimaneutrale Wärme sowie eine soziale Preisgestaltung. Der Berliner Energietisch, BürgerBegehren Klimaschutz und die Naturfreunde Berlin hatten im Sommer mit einer Aktion vor der schwedischen Botschaft bekräftigt, das Fernwärmenetz nicht an private Investoren bzw. Pensionsfonds zu verkaufen.

Der erste große Schritt ist mit dem Kauf getan. Der nächste Schritt wird noch viel größer: Jetzt braucht Berlin eine schnelle Umstellung auf erneuerbare Wärme.

Ausstieg aus fossilen Energien muss folgen

„Wir sind davon überzeugt, dass der Rückkauf seitens des Landes die nötigen Voraussetzungen schafft, um die Berliner Fernwärme klimaneutral und sozial umzugestalten“, sagt Michael Efler, Vorstand von BürgerBegehren Klimaschutz. Er freut sich über die Vereinbarung zwischen Vattenfall und dem Berliner Senat, kritisiert allerdings auch die geplante Zusammenarbeit mit Partnern, die nach wie vor auf fossile Energieträger setzen. Jetzt gehe die Arbeit erst richtig los, so der Projektinitiator. „Der Rückkauf ist eine wichtige Voraussetzung, um die Berliner Fernwärme zukunftsfest umzugestalten. Für eine kostengünstige und nachhaltige Berliner Wärmeversorgung ist der schnelle Ausstieg aus den Fossilen enorm wichtig.“

Einbindung von Energiekonzernen engt Gestaltungsspielraum ein

Die vom Senat geplante Einbindung von E.ON und ENGIE lehnen die Initiatoren deshalb ab. Sie würde ihrer Meinung nach die Abstimmungsprozesse verkomplizieren und den Gestaltungsspielraum Berlins einengen. „Dabei besteht die Gefahr, dass die fossilen bzw. auf Wasserstoff basierenden Geschäftsmodelle der beiden Konzerne Einfluss auf die Entscheidungen in Berlin nehmen würden“, befürchtet Efler. „Für das Berlin der Zukunft ist eine von Konzernen unabhängige Wärmeversorgung der richtige Weg. Vattenfalls bisherige Pläne, auf einen hohen Anteil von Holzverbrennung und Wasserstoff zu setzen, müssen korrigiert werden. Alle Potenziale an erneuerbarer Wärme und unvermeidbarer Abwärme sollten jetzt konsequent erschlossen werden“, fordert der Petitionsinitiator.

„Auch wenn jetzt ein Meilenstein erreicht ist, wird uns die Wärmewende in Berlin noch die nächsten Jahre begleiten“, weiß Efler. Die bisherigen Pläne von Vattenfall zur Dekarbonisierung müssten im nächsten Schritt gemeinsam überarbeitet werden.

Dem Deal muss nun das Berliner Abgeordnetenhaus noch zustimmen. Die Transaktion ist im Frühjahr 2024 geplant. Der Kaufpreis wurde mit einer Summe von rund 1,6 Milliarden Euro angegeben. Der Kauf solle laut Senat durch Schuldenaufnahme in einem Nachtragshaushalt finanziert werden. Den Umstieg von Kohle und Erdgas auf erneuerbare Energiequellen für die nächsten Jahre hatte Vattenfall selbst vor einiger Zeit auf eine Summe von rund drei Milliarden Euro geschätzt. na


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft