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RekommunalisierungBerlin bekommt sein Stromnetz zurück

Demo für mehr Klimaschutz und faire Mieten in Berlin
Der Berliner Energietisch, ein Bündnis aus lokalen Initiativen und Organisationen, will Klimaschutz in Berlin sozial gerecht voranzubringen. (Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0)

Etappensieg bei der Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes: Das landeseigene Unternehmen Berlin Energie hat den Zuschlag für die Stromnetzkonzession erhalten und wäre damit in Zukunft für den Netzbetrieb des Berliner Stromnetzes zuständig.

09.03.2019 – Das Stromnetz gehört wieder dem Land Berlin. Der Berliner Senat hat bestätigt, dass das Landesunternehmen Berlin Energie den Zuschlag erhalten habe. Laut der unabhängigen Vergabestelle hatte Berlin Energie beste Angebot abgegeben. Die Zulassung gelte nun für 20 Jahre. Im März 2012 wurde der Landesbetrieb Berlin Energie gegründet, um die Rekommunalisierung der Energieinfrastruktur im Land Berlin voranzubringen.

Es ist ein seit langem fälliges und starkes Signal für Berlin und die 600.000 Berliner Bürger, die im Volksentscheid 2013 für ein Stromnetz in Berliner Hand votiert hatten – das waren damals nicht genug für den Volksentscheid. Die Stromnetzkonzession lief zwar bereits 2014 aus, doch der bisherige Netzeigentümer Vattenfall hatte das Verfahren durch juristische Auseinandersetzungen immer wieder verzögert – dann aber 2018 vor dem Berliner Kammergericht eine Niederlage erlitten.

Die Berliner können ihre Energiewende jetzt voranbringen

„Die Gewinne aus dem Netzbetrieb bleiben jetzt endlich wieder in der Stadt“, freut sich der Eric Häublein vom Berliner Energietisch, einem parteiunabhängigen Bündnis aus lokalen Initiativen und Organisationen, und sieht große Chancen, die Energiewende in Berlin nun endlich voranzubringen. Zentrales Ziel des kommunalen Netzbetreibers müsse es nun sein, den Umstieg auf 100 Prozent dezentral erzeugte Erneuerbare Energien anzustoßen und den Um- und Ausbau des Stromnetzes in diesem Sinne umzusetzen. „Wir erwarten, dass auch die im Gesetzesentwurf zum Volksentscheid aufgeführten Bestimmungen zu Transparenz und Mitbestimmung zügig umgesetzt werden“, kommentiert der Berliner Energietisch die Entscheidung. Eine Weiterbeschäftigung von allen Angestellten des Netzbereichs von Vattenfall sowie der derzeit im Netzbetrieb Beschäftigten solle indes sichergestellt werden. Dabei dürften sich die Arbeitsbedingungen keinesfalls verschlechtern, „sondern sollten sich perspektivisch verbessern“, verspricht Häublein.

Vattenfall hat nun bereits sein Bedauern über die aktuelle Entscheidung angekündigt, und will das lukrative Geschäft in Berlin wohl weiterhin nicht kampflos nicht aufgeben. Nach dieser Entscheidung appelliert daher der Berliner Energietisch an den bisherigen Netzbetreiber, auf weitere Klagen zu verzichten – „um Platz zu schaffen für eine kommunal gestaltbare und demokratische Energieversorgung in Berlin und mittelfristig für einen integrierten kommunalen Netzbetrieb.“

Ein Gewinn für die Stadt – klimapolitisch als auch ökonomisch

Kritiker der Entscheidung warnen indes vor den Kosten für die Netzübernahme, die Berliner CDU spricht gar von einem „Milliardengrab“ und warnt, dass es für die Berliner teuer wird. Vattenfall könnte laut Schätzungen von Branchenkennern 1,5 bis zu 2 Mrd. Euro für die Übernahme fordern. Energie- und Umweltexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sieht das gelassen und gibt in der rbb-Abendschau Entwarnung: Die Netzübernahme und der -betrieb könnten sich für die Berliner sehr wohl rechnen, wenn die Stadt klug wirtschafte, das Stromnetz könne profitabel betrieben werden. Kommunen, die ihre Netze in den letzten Jahren rekommunalisiert hatten, waren erfolgreich, so Kemfert. Netzentgelte machen inzwischen mehr als ein Viertel des Strompreises aus und gelten als lukratives Geschäft im Strommarkt.. Auch Berlin Energie verspricht sich mehr Effizienz und mehr Gewinn für die Stadt, zudem könnten die Energiewendeziele in Zukunft umgesetzt werden. Die Strompreise werden zwar voraussichtlich nicht günstiger, denn es sollen Investitionen in die Energiewende erfolgen – aber die Stadt hat es dann wieder selbst in der Hand. Sie sollte jetzt was draus machen. na

 


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