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Energiecharta-VertragFossile Energiekonzerne klagen weiter

Strommast im Sonnenuntergang
Deutschland wird mal wieder aufgrund des Energiecharta-Vertrags verklagt. Der Vertrag ist bekannt als Mittel fossiler Konzerne, Klimaschutz zu verhindern und Entschädigungszahlungen zu erstreiten (Bild: Santosh Maharjan / pexels).

Deutschland wird erneut aufgrund des Energiecharta-Vertrags verklagt. Ein Schweitzer und ein britischer Energiekonzern reichten unabhängig voneinander innerhalb von nur wenigen Tagen Klage ein. Die Erfolgsaussichten sind unklar.

27.10.2023 – Der britische Raffineriebetreiber Klesch reichte diese Woche Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Energiecharta-Vertrags ein. Einige Tage zuvor hatte bereits ein Schweitzer Energieunternehmen Klage eingereicht. Es fordert eine Entschädigung für die vorzeitige Stilllegung eines Kraftwerks im Rahmen des Kohleausstiegs.

Was genau Klesch fordert, ist hingegen unklar. Experten gehen davon aus, dass es um die befristete Besteuerung von Zufallsgewinnen in der Energiekrise gehen könnte, berichtet der Tagesspiegel. Die Erfolgsaussichten seien ohne nähere Informationen schwer abzuschätzen. Klar ist, dass europäische Staaten noch immer auf Basis des Energiecharta-Vertrags für Klimaschutzgesetze verklagt und verurteilt werden können.

Klagen gegen den Klimaschutz

Der Energiecharta-Vertrag torpediert seit Jahren Klimaschutz und Energiewende. Das Abkommen sollte ursprünglich nach Ende des kalten Krieges Investitionen in die Energieversorgung in der ehemaligen Sowjetunion absichern. Der Investitionsschutz wird dabei vor eigens geschaffenen Schiedsgerichten verhandelt.

Der Schutz der Investoren vor Enteignung wird jedoch auch auf Regelungen ausgedehnt, die Erneuerbare Energien bewusst fördern und fossile Energieträger aus Gründen des Klimaschutzes einschränken sollen.

Über das vergangene Jahrzehnt verklagten immer mehr fossile Energieunternehmen Staaten wegen Kohle- und Atomausstieg sowie anderen Klimagesetzgebungen. Der IPCC bezeichnete das Abkommen in seinem letzten Sachstandbericht sogar ausdrücklich als Mittel der Fossilindustrie, Klimaschutz zu verhindern.

Das Blatt wendet sich

Eine ganze Reihe dieser Klagen waren erfolgreich. Auch in Deutschland entschied der Bundesgerichtshof (BGH) noch 2016, dass AKW-Betreibern aufgrund des Atomausstiegs Schadensersatz zustehe. Doch das Blatt wendet sich langsam.

Nachdem sich Energiekonzerne durch mehrere Instanzen klagten, entschied der Europäische Gerichtshof im September 2021, dass Schiedsverfahren auf Grundlage des Energiecharta-Vertrags nicht mit EU-Recht vereinbar sind. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltinstituts München kam Ende letzten Jahres weiterhin zu dem Schluss, dass auch Klagen von ausländischen Investoren gegen EU-Staaten nicht mit Unionsrecht vereinbar seien.

Ende Juli dieses Jahres scheiterten dann RWE, Uniper und Co mit Klagen aufgrund des Energiecharta-Vertrags vor dem BGH. Auch dessen Richter kamen zu dem Schluss, dass die Schiedsgerichtsverfahren – wie schon vom EuGH entschieden – nicht mit EU-Recht vereinbar seien. Die Energiekonzerne hatten gegen Klimagesetzgebung der Niederlande und von Deutschland geklagt.

Austreten ist gut, auflösen ist besser

Inzwischen befürworten immer mehr Länder einen Austritt aus dem Abkommen. Nach jahrelangen Diskussionen um Reformen und Protesten von Energie- und Umweltexperten schloss sich Deutschland im Dezember letzten Jahres Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden, Frankreich und Slowenien an und beantragte offiziell, aus dem Energiecharta-Vertrag auszusteigen. Der Austritt ist in zwei Monaten, also im Dezember 2023, rechtsgültig. Danach kann Deutschland nicht mehr für neue Regelungen verklagt werden.

Dies gilt allerdings nicht für bereits erfolgte politische Entscheidungen wie den Kohle- und Atomausstieg. Energiekonzerne haben noch 20 Jahre nach Ausstieg eines Landes das Recht, dieses für Entscheidungen vor dem Ausstieg zu verklagen.

Die EU-Kommission forderte seine Mitgliedstaaten im Juli dieses Jahres offiziell auf, aus dem Vertrag auszutreten. Um den Vertrag aufzulösen und das zwei Jahrzehnte andauernde Zombie-Klagerecht der Konzerne zu beenden, müssten allerdings alle 51 Mitgliedsländer zustimmen. jb


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