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Kokoni OneNachhaltiges Quartier im Berliner Norden nimmt Formen an

Aufnahme von Holzhäusern und Baustelle
Die meisten Häuser stehen bereits. Noch fehlt die Begrünung (naturstrom AG)

Die ersten Menschen sind eingezogen, bis Ende 2025 soll alles fertig sein – von Wohnhäusern bis zur Streuobstwiese. Nachhaltig leben und wohnen im Berliner Projekt Kokoni One wird Stück für Stück Realität.

12.04.2024 – Vor der Bundestagswahl 2021 warf FDP-Chef Christian Lindner den Grünen in einem Interview mit der Zeit vor, aus Deutschland ein „Bullerbü“ machen zu wollen – „eine ländliche Dorfidylle mit subventioniertem Lastenfahrrad“, so wie es für Berlin schon gefordert werde. In eine gemeinsame Regierung mit Grünen und SPD ging der heutige Finanzminister trotzdem, mit allen folgenden Querelen. Insbesondere beim Heizungsgesetz wurde derart hart gerungen, dass der Koalition mehrmals ihr Ende vorausgesagt wurde.

„Die Debatten zum Gebäudeenergiegesetz führten nur dazu, dass wir 2023 die mit Abstand höchsten Neubauzahlen von Gasheizungen hatten“, sagte Johannes Kraft von der CDU, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, für Buch, Französisch-Buchholz und Karow. Kraft war der Einladung von incept GmbH und der naturstrom AG gefolgt, die die Entwicklung einer emissionsfreien Energieversorgung im neuen Quartier Kokoni One in Französisch-Buchholz verantworten. Dort entstehen 84 Doppel- und Reihenhäuser, integriert in ein ganzheitlich nachhaltiges Konzept.

Von nachhaltiger Wärmeversorgung bis Ladeinfrastruktur für Autos – alles, was die Politik aktuell nicht ausreichend voranbringe, werde hier in Eigenregie verwirklicht, lobte Kraft die Verantwortlichen hinter Kokoni One. Bei seiner Rede vor geladenen Journalist:innen auf dem Gelände von Kokoni One verschwieg Kraft indes, dass es auch seine CDU war, die in der Debatte zum Heizungsgesetz für erhebliche Verunsicherungen in der Bevölkerung sorgte. Zudem gelten 16 Jahre Unionsgeführte Bundesregierung bis 2021 unterm Strich als verlorene für Energiewende und Klimaschutz. Macher:innen der Energiewende bescheinigen der regierenden Ampel-Koalition deutlich mehr Willen Klimaschutz in Deutschland voranzubringen und Hürden abzubauen.

Im Quartier Kokoni One leben die ersten Bewohner:innen, die seit Frühjahr 2023 die bereits fertigen Häuser beziehen, das ganzheitlich nachhaltige Konzept. Neben Lastenrädern, haben die meisten Menschen, die ein Auto besitzen, auf E-Mobilität umgestellt. Und können ihre Autos an den serienmäßig verbauten Wallboxen des Quartiers aufladen. Den Strom dafür beziehen die Bewohner:innen von den Dachintegrierten Photovoltaik-Anlagen. Ist das Projekt einmal fertig gestellt, wird die Gesamtleistung der PV-Anlagen auf allen 84 Dächern 300 Kilowatt Peak betragen. Der Sonnenstrom fließt zudem in die lokale Energiezentrale und steht für das Quartier als Mieterstrom bereit. Auch sorgt der Strom für den Betrieb von Wärmepumpen.

Die Wärmeversorgung im Quartier geschieht mittels eines Geothermie-Nahwärmenetzes. Sarah Debor, Geschäftsfeldleiterin Urbanes Wohnen und Gewerbe bei der naturstrom AG, erläutert: „In einer Tiefe von etwa 100 Metern unter dem Quartier entziehen 68 Erdwärmesonden dem Erdreich auf konstantem Temperaturniveau von etwa 10 Grad Celsius Wärmeenergie. Zwei zentrale Wärmepumpen heben die Temperatur dann auf 40 Grad an.“ Ein 1.200 Meter langes gedämmtes Niedertemperatur-Nahwärmenetz bringt die Heizenergie in die Gebäude.

Im Sommer werden die Energieflüsse umgedreht und zur Kühlung genutzt. Den Gebäuden wird überschüssige Wärme entzogen, die das Nahwärmenetz ins Erdreich zurückführt. „Zusätzlich gewinnt ein Rückkühler auf dem Dach der Energiezentrale bei Hitze weitere Wärmeenergie aus der Luft, die dann im Boden gespeichert wird“, führt Debor weiter aus. Nachhaltig sind auch die Wohngebäude selbst, die alle in Holzbauweise errichtet werden und – bis auf das Fundament und ohne Keller – fast ohne klimaschädlichen Beton auskommen. Das Holz dafür kommt aus nachhaltiger Forstwirtschaft in Finnland.

Viele Häuser und die Energiezentrale stehen bereits. Drumherum wird weiter fleißig gewerkelt. Bis Ende 2025 sollen alle Häuser Einzug bereit sein. Bis dahin wird zudem viel Grün auf dem Areal Einzug halten. Die aktuell noch graue Fassade der Energiezentrale wird begrünt, am bereits fertigen Gemeinschaftshaus wird eine Streuobstwiese entstehen. Davor ein Spielplatz und Sportbereich, auf denen alle Menschen aus der Umgebung willkommen sind. In Berlin, angebunden an das Nahverkehrsnetz der Stadt und trotzdem einem Dorfidyll gleich, gleicht das Projekt einer positiven Vorstellung eines Bullerbüs, nach Astrid Lindgren.

„Ganzheitliche Energiekonzepte für komplette Quartiere wie hier bei Kokoni One in Pankow sind für die urbane Energiewende ein wichtiger Baustein“, so Johannes Kraft, der Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen im Berliner Abgeordnetenhaus ist. „So wird es möglich, auch in Städten lokale Energiequellen optimal zu nutzen. Diese Vernetzung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität brauchen wir, um dem Ziel der Klimaneutralität zügig näher zu kommen.“

Tritt die Berliner CDU bei der Verkehrswende auf die Bremse, gibt sie sich beim Ausbau Erneuerbarer Energien für Wärme und Strom durchaus fortschrittlich. Gemeinsam mit der SPD kündigte sie nach der Wahl im letzten Jahr ein fünf Milliarden Euro schweres Sondervermögen für den Klimaschutz an. Der von der vorherigen rot-rot-grünen Regierung forcierte Rückkauf der Fernwärmeversorgung für Berlin von Vattenfall wurde vollzogen – wenn auch mit Abstrichen. Mit groß angelegten Bohrprojekten will der Berliner Senat vor allem die Tiefengeothermie für die Stadt nutzbar machen, Auch Abwärme soll ein wichtiger Faktor werden. Auch der Masterplan Solarcity wird fortgesetzt. Der Solarausbau in Berlin schreitet voran. Das Ziel: ein Anteil von 25 Prozent Solarstrom bis 2030. Dazu trägt auch das Projekt Kokoni One bei. Manuel Grisard


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