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WärmewendeWärmenetze auch für kleine Kommunen sinnvoll

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Die Heizzentrale in Ammerbuch-Breitenholz, rechts der Pufferspeicher. (Bildquelle: Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg)

Ein entscheidender Baustein der Wärmewende sind grüne Wärmenetze. Sie können auch in kleineren Kommunen die beste Lösung sein, was Gemeinden im Südwesten bereits zeigen. Akteure fordern aber den Abbau von Hürden und mehr Unterstützung vom Land.

24.11.2023 – Seit der Energiekrise hat die Wärmewende in vielen Orten plötzlich Priorität. Die erneuerbare Wärmeversorgung hat vor allem in Baden-Württemberg mit der kommunalen Wärmeplanung an Fahrt aufgenommen. Denn im grün-schwarz regierten Ländle sind die 104 größten Städte verpflichtet, bis zum Ende des Jahres eine entsprechende Wärmeplanung vorzulegen.

Neben erneuerbaren Einzelheizungen wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen ist dabei der Ausbau von Wärmenetzen, die aus Erneuerbarer Energie gespeist werden, ein entscheidendes Element. Sie sind umso wirtschaftlicher, je größer die Anzahl der angeschlossenen Haushalte und je kürzer die erforderlichen Leitungen sind. Das gilt vor allem für dicht besiedelte Gebiete, etwa Städte mit Mehrfamilienhäusern.

Doch auch kleine und mittlere Städte und Gemeinden denken über die künftige Wärmeversorgung nach – und auch in kleinen Kommunen sind Wärmenetze sinnvoll, berichtet die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) und stellt zwei Projekte vor, die in den Landkreisen Tübingen und Tuttlingen im Betrieb sind. So wird in Ammerbuch-Breitenholz ein seit vier Monaten in Betrieb befindliches Wärmenetz neben Wärme aus der Verfeuerung von Holzhackschnitzeln künftig auch solare Wärme nutzen. Die Gemeinde Aldingen setzt bereits seit 2012 auf ein erneuerbares Wärmenetz.

Energie und Wertschöpfung vor Ort nutzen und alle vernetzen

Ökologisch und ökonomisch am sinnvollsten ist es, die lokalen Gegebenheiten und Energiequellen zu nutzen, Akteure zusammenzubringen wie den Landwirt oder Förster vor Ort, Gewerbe und Privathaushalte, Bürger und Verwaltung. Erdwärmesonden könnten bspw. laut einer Potenzialstudie der Landesenergieagentur KEA-BW allein im Südwesten Deutschlands bis zu 300.000 Wohngebäude klimaneutral versorgen. Auch die Solarthermie ist ein noch viel zu wenig genutzter Baustein. Biomasse hat es gerade schwer in der politischen Diskussion, ist aber vor allem im ländlichen Raum mit viel Wald und Landwirtschaft ein relevantes Element in der Wärme-Nahversorgung.

Beispiel Ammerbuch-Breitenholz

Das Dorf mit seinen rund 750 Einwohnern hat sich auf den Weg gemacht, die Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien umzustellen und ein Bioenergiedorf zu werden, berichtet die PEE BW. Betrieben wird das Wärmenetz vor Ort durch die Bioenergie Breitenholz eG & Co. KG. Initiator und Projektentwickler ist die Bürger-Energie Tübingen eG. Das Wärmenetz mit rund 4.000 Meter Länge ist seit Juli 2023 in Betrieb.

Die Wärme wird zu 65 Prozent mit Holzhackschnitzeln erzeugt. 35 Prozent der Wärme stammen aus einem rund 2.000 Quadratmeter großen Sonnenkollektorfeld, das sich derzeit im Bau befindet. Für die Speicherung der Solarwärme entsteht ein 1.000 Kubikmeter fassender Pufferspeicher. Zum Vergleich: Eine der bislang größten Solarthermieanlagen in Deutschland mit einer Kollektorfläche von rund 14.800 Quadratmetern steht in Ludwigsburg.

Beispiel im Landkreis Tuttlingen: Aldingen

Aldingen mit seinen rund 7.500 Einwohnern ist einer der Vorreiter der Versorgung mit klimafreundlicher Wärme über ein Wärmenetz und sei damit ein Vorbild für ländliche Regionen, so die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg. Die Kommune zeige seit 2012, dass auch die hier eine Umsetzung möglich ist. Das Wärmenetz wurde über die Jahre schrittweise vergrößert. Drei Biomethan-Blockheizkraftwerke liefern die Grundversorgung. Spitzenlasten deckt derzeit ein Holzhackschnitzelkessel ab. Künftig sollen noch mehr Gebäude und ein Teilort an das Wärmenetz angeschlossen werden.

Land muss noch einige Hürden beseitigen

Damit die Anzahl solcher Projekte in Zukunft zunimmt, sollten Bund und Land alle Hemmnisse beseitigen, die einem schnellen Ausbau von kommunalen und regionalen Wärmenetzen entgegenstehen, fordert Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der PEE BW. Ein aktuelles Beispiel für ein Hemmnis sei die unsichere finanzielle Bundesförderung. Das Land müsse sich zudem mehr anstrengen, den Aufbau tragfähiger Strukturen im ländlichen Raum zu unterstützen.  Dies betreffe insbesondere die finanzielle Förderung, die nach dem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Frage steht. Betroffen ist unter anderem die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW).

„Der drohende Förderstopp wäre ein Rückschlag für die Wärmewende im Südwesten“, warnt Jürgen Scheurer. „Gerade in der aktuellen Phase mit über 1.200 vorliegenden Anträgen bundesweit sind stabile Förderkonditionen für die Kommunen und Unternehmen nötig.“ Aus Baden-Württemberg allein betreffe das schon jetzt 188 Kommunen.

Mehr Engagement vom Land gefordert

Kleine Wärmenetze im ländlichen Raum wären häufig wirtschaftlich gar nicht zu betreiben, wissen die Akteure. Hilfe von Stadtwerken sei hier nicht zu erwarten, „sie sind vollends ausgelastet, in den größeren Kommunen Wärmenetze aus- und aufzubauen“, berichtet die PEE BW. Die Kommunen auf dem Land müssten daher kooperieren. Möglich wäre etwa die Bildung von regionalen Verbünden wie Genossenschaften, Zweckverbänden oder GmbHs.

Hier sollte das Land ansetzen, rät Jürgen Scheurer: „Damit tragfähige Strukturen im ländlichen Raum entstehen können, braucht es eine finanzielle Unterstützung des Landes, eine Begleitung durch die Landesenergieagentur KEA-BW sowie Beratung durch die regionalen Energieagenturen vor Ort.“ Bei der Abrechnung oder dem technischen Betrieb könnten Stadtwerke und Kommunen wichtige Unterstützung leisten.

Akademie für Wärmewende etablieren

Zudem brauche es eine schlagkräftige Branche, um den Wärmenetzausbau zu stemmen. Aktuell gebe es bei Entwicklung, Planung, Bau, Ausbau und Betrieb von Wärmenetzen zu wenige Unternehmen – auch wegen des Mangels an Fachkräften. Eine wichtige Aufgabe aller Akteure im Land sei es daher, in die Aus- und Weiterbildung zu investieren. Um hier voranzukommen, schlägt die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg die Etablierung einer Akademie für Wärmewende vor. „So könnten wir den wachsenden Bedarf an Fachleuten besser decken“, sagt Scheurer. na


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