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Krise der WindenergieAltmaier streicht pauschale Abstandsregeln, Probleme bleiben

Ein Windrad in der Nähe von Worms.
Ein Windrad in der Nähe von Worms. (Foto: © Karsten Würth on Unsplash)

Nun also doch keine pauschalen Abstandsregeln für neue Windräder, stattdessen sollen die Länder entscheiden. Der neueste Vorschlag von Wirtschaftsminister Altmaier verwässert seine Verhinderungstaktik, löst aber die Probleme der Energiewende nicht.

27.02.2020 – Monatelang beharrten CDU und CSU auf bundesweit einheitlichen Abstandsregeln für neue Windräder und solche, die ersetzt werden. Mindestens 1.000 Meter müssten sie von jeglicher Wohnbebauung entfernt stehen, sonst sei mit der Union keine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) machbar, hieß es vor allem aus dem Wirtschaftsflügel der CDU. Das Bundeswirtschaftsministerium lieferte einen Gesetzentwurf mit scharfen Abstandsregeln.

Bundesländer entscheiden

Nun eine halbe Rolle rückwärts: Wie der Spiegel berichtet, plant Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) in einem neuen Entwurf, die Landesregierungen über die Abstandsregel in ihrem Bundesland entscheiden zu lassen. Sie können erklären, ob zukünftig mindestens 1.000 Meter zwischen Windrädern und Wohnhäusern eingehalten werden müssen. Bisher sahen Altmaiers Vorschläge vor, dass die Länder explizit aus den Abstandsregeln aussteigen mussten.

Schon heute können Bundesländer per Gesetz Abstände von Windrädern zu Wohnhäusern regeln. Bayern führte 2014 mit der sogenannten 10H-Abstandsregel laut Kritikern ein „Anti-Windkraftgesetz“ ein. Infolge der Regelung brach der Ausbau neuer Windräder um über 90 Prozent ein und hat sich seitdem nicht erholt.

Wirtschaftsflügel der Union blockiert Ökostromausbau

Ob die gesamte Union den Vorschlag Altmaiers mitträgt, ist noch offen. Dem Wirtschaftsflügel der Union waren die Abstandsregeln in den vergangenen Monaten so wichtig, dass sie die Solarenergie als Druckmittel einsetzte: Solange wir unsere neuen Windkraftregeln nicht erhalten, wird auch der sogenannte Solardeckel nicht abgeschafft, lautete das Motto.

Neuen Photovoltaikanlagen droht schon in den nächsten das Förder-Aus, wenn die vor Jahren willkürlich festgesetzte Grenze von 52 Gigawatt nicht aufgehoben wird. Eigentlich sind sich alle Parteien einig darin. Aus der Union heißt es aber: Nichts ist entschieden, bis alles entschieden ist.

Windenergie liegt am Boden

Was ein bundesweiter 1.000-Meter-Abstand von neuen Windrädern zu Wohnhäusern bedeutet, hatte das Umweltbundesamt im vergangenen Jahr ausgerechnet: 25 bis 50 Prozent weniger Fläche würde zur Verfügung stehen und die Leistung neuer Windräder möglicherweise halbiert, von insgesamt 80 auf 40 Gigawatt. „Der Ausbau der Windkraft droht durch die geplante Einführung einer Abstandsregel zum Erliegen zu kommen“, lautet das Fazit. Ein Gutachten des Wirtschaftsministeriums kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Ohne neue Windräder ist die Energiewende aber nicht zu schaffen.

Wie dramatisch die Lage der Windenergie auch ohne bundesweite Abstandsregeln ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Im vergangenen Jahr gingen 282 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von 958 Megawatt ans Netz – ein Minus von 61 Prozent gegenüber dem bereits schwachen Ausbaujahr 2018. Damit war 2019 das schwächste Jahr für die Windenergie seit Einführung des EEG vor 20 Jahren.

Gründe für die Krise gibt es viele: Zu wenige Flächen, angesichts der Energiepolitik verunsicherte Investoren, überforderte Behörden und deshalb festhängende Genehmigungen, Klagen von Anwohnern und überbordende Bürokratie.

Altmaiers Vorschlag löst keine Probleme

Altmaiers Vorschlag für eine Lockerung der Abstandsregeln löst keines der derzeitigen Probleme der Windenergie. Er schwächt mit seinem Vorschlag lediglich die Blockade-Haltung der Union ab. Ein 18-Punkte-Plan, den der Minister im September vorgelegt hatte, könnte einige Hürden für neue Windräder beseitigen. Viel auf den Weg gebracht, ist davon bisher nicht.

Stattdessen streiten CDU, CSU und SPD weiter über den richtigen Kurs in der Energiepolitik. Wie die versprochenen 65 Prozent Ökostrom bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen, ist trotz vieler Versprechungen noch immer nicht geklärt. Laut Spiegel will der Wirtschaftsminister ein neues Gremium schaffen, das den Ökostromausbau überwacht und Berichte vorlegt, obwohl es ähnliche Kommissionen längst gibt.

Bis zum 12. März will sich die Bundesregierung geeinigt haben. Dann sollen bei einem Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt konkrete Ergebnisse zum Ökostromausbau vereinbart werden. cw


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