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UkraineKriegsschäden sind auch Klimaschäden

Männer und Frauen in schusssicheren Westen sowie in Soldatenmontur stehen auf einer zerstörten Straße voller Autowracks
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski besuchte im letzten Jahr den Ort Butscha außerhalb von Kiew, in dem russische Soldaten erhebliche Zerstörungen hinterließen und Gräueltaten an der Bevölkerung verübten (Bild: President Of Ukraine, flickr, Public Domain)

Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sorgt für erhebliche Klimaschäden – vergleichbar mit den Emissionen ganzer Staaten, so das Ergebnis einer Studie, in der zudem Möglichkeiten für künftige Einsparungen skizziert werden.

08.12.2023 – Der Winter kommt und viele Menschen in der Ukraine frieren angesichts zerstörter Gebäude und Energieinfrastrukturen. Schon in der vergangenen kalten Jahreszeit war dies der Fall. In vielen Ortschaften erhielten die Menschen gratis Kohle, um ihre Gebäude zu heizen und den Winter zu überstehen. Statt den Bezug von Fernwärme – auch wenn die mit Gas läuft – treibt das private Verfeuern von Kohle die Treibhausgasemissionen in die Höhe. Doch für die Menschen ist das infolge des russischen Angriffskrieges überlebensnotwendig.

Russland nimmt wiederholt Energieversorgungsreinrichtungen ins Visier ihrer Luftangriffe. Ziel ist es die Menschen in der Ukraine zu demoralisieren. Der Krieg sorgt insgesamt für erhebliche Klimaschäden, die das internationale Bündnis "Initiative on GHG accounting of war" genauer berechnet hat. Bis Anfang September kamen die Analyst:innen demnach auf 150 Millionen Tonnen CO2 Äquivalenten (CO2e) die die Kriegshandlungen seit dem 24. Februar 2022 verursacht haben. CO2e beschreibt eine Maßeinheit, die die Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase umfasst. Ein erheblicher Teil ist dabei auf zerstörte Gebäude und Infrastruktur zurückzuführen, die in gewaltigen Emissionen von 57 Millionen Tonnen CO2e  für den Wiederaufbau kumulieren. Die größte einzelne Zerstörungskraft entwickelte dabei die Sprengung des Kachowka-Staudammes Anfang Juni 2023.

An zweiter Stelle folgen Kriegshandlungen an sich mit 37 Millionen Tonnen  CO2e, insbesondere durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe für Luftwaffe, Panzer und Transporter, aber auch Artillerie. An dritter Stelle verzeichnen die Analyst:innen Waldbrände, die für Emissionen von 22,2 Millionen Tonnen CO2e sorgten. Wäldbrände, die im ersten Jahr des Krieges um das 36-fache im Vergleich zum Vorkriegsjahr zunahmen. Rund 18 Millionen Tonnen  CO2everursachte die Sperrung des Luftraums über der Ukraine und Teilen Russlands. Passagier- und Transportflugzeuge müssen seitdem erhebliche Umwege in Kauf nehmen, die für zusätzliche Kohlendioxidemissionen sorgen.

Mit 14,6 Millionen Tonnen  CO2  Äquivalenten  schlagen die Sprengungen der beiden Nord Stream Stränge und das ausgetretene Gas zu Buche. Die Autoren von Initiative on GHG accounting of war berufen sich dabei auf Werte, die die dänische Energieagentur (DEA) ermittelt hat. 3 Millionen Tonnen  CO2e verursachten Fluchtbewegungen innerhalb der Ukraine und ins europäische Ausland. 5,8 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine leben aktuell im Ausland. Zu Spitzenzeiten waren es 6,6 Millionen. Die Emissionen umfassen alle Bewegungen von Flüchtlingen, hin, wie zurück. Die CO2e durch den Krieg sind in etwa vergleichbar mit den jährlichem Emissionsmengen von Staaten wie Belgien und der Niederlande.

Grüner Wiederaufbau

Laut den Autor:innen des vorliegenden Berichts könnten jedoch bis 30 Prozent der Emissionen eingespart werden, wenn beim Wiederaufbau ressourcenschonende Materialien eingesetzt würden und vermehrt Erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Die ukrainische Umweltorganisation Ecoaction begann schon zwei Monate nach Beginn des Angriffskrieges Pläne für den Wiederaufbau zu entwickeln. „Wir hoffen sehr auf einen grünen Wiederaufbau, dass die Ukraine etwa die Chance nutzt, Gebäude mit einem hohen Effizienzstandard zu bauen. Viele der Gebäude in der Ukraine wurden schnell und billig in den 1960er und 70er Jahren hochgezogen, mit schlechter Dämmung und fossiler Beheizung, und seitdem nicht renoviert. Unsere Hoffnung ist auch, dass die Industrie so wiederaufgebaut wird, dass sie weniger Emissionen, weniger Ressourcen verbraucht und mit Filteranlagen gegen die Luftverschmutzung ausgestattet wird“, sagte Ecoaction-Geschäftsführerin Natalia Gozak.

Leider sei es häufig in der Welt nach kriegerischen Auseinandersetzungen oder Naturkatastrophen so, dass Staaten einen möglichst schnellen Wiederaufbau leisten wollen, ohne Rücksicht auf Umwelt- und Klimaschutz. Wenn aber die internationalen Geldgeber auf eine nachhaltige Rekonstruktion drängen, dann könnte es gelingen, so Gozak. Seit Anfang diesen Jahres gibt es eine ukrainische Staatsagentur für den Wiederaufbau. Im Februar 2023 fand in Warschau die Messe RebuildUkraine statt. Viele Kommunen signalisieren bereits Offenheit für einen nachhaltigen Wiederaufbau.

Die Analysten von Initiative on GHG accounting of war haben auch die Kosten für die Klimaschäden seit Kriegsbeginn ermittelt. Sie belaufen sich auf 9,6 Milliarden US-Dollar und gehen zurück auf den sogenannten „Shadow Carbon Price“, der auch bei der Weltbank und Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Grundlage ihrer Berechnungen ist. Demnach wird ein durchschnittlicher CO2-Preis von 64 Dollar pro Tonne CO2-Äquivalent angenommen. Das Bündnis der Initiative mahnt an, dass Russland für die Klimaschäden in der Ukraine aufkommen sollte. mg


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