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Atomkraft statt EnergiewendeBau des Atomreaktors Hinkley Point läuft aus dem Ruder

Atomreaktor vom Typ EPRHinkley Point im Südwesten Englands
Beim Bau des Atomreaktors vom Typ EPRHinkley Point im Südwesten Englands laufen Kosten und Zeitplan aus dem Ruder. ( Foto: gov.uk/  CC0 / via Wikimedia Commons)

Für den französischen Energiekonzern EDF häufen sich die Probleme: Der Bau des Kernreaktors vom Typ EPR Hinkley Point in Großbritannien verzögert sich weiter, die Kosten explodieren. Und dennoch plant Frankreich stur den Bau weiterer EPR-Reaktoren.

27.05.2022 – Der französische Energiekonzern hat angekündigt, dass sich die Baustelle für zwei Kernreaktoren der neuen Generation EPR (European Pressurized Reactor) in Hinkley Point in Somerset im Südwesten Englands um mindestens  ein weiteres Jahr verzögern und zusätzliche Kosten von rund drei Milliarden Pfund verursachen wird– das berichten französische Medien.

EDF kämpft zunehmend mit Problemen – der Atomstaat Frankreich rechnet mit Stromversorgungsengpässen. Atomkraftwerke im eigenen Land kämpfen mit Korrosionsproblemen, hinzu kommt aufgrund bereits im Mai sehr hoher Temperaturen und Trockenheit infolge der Klimakrise eine Knappheit von Kühlwasser.

Der Energiekonzern, der sich zu 85 Prozent in staatlicher Hand befindet, stellt eine düstere Prognose und hatte bereits im Februar das Produktionsziel auf ein neues Rekordtief von max. 315 Terawattstunden gesenkt, erwartet nun nur noch 280 bis 300 TWh im laufenden Jahr. Mehr als die Hälfte der Atomreaktoren in Frankreich seien derzeit wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet, berichtete EDF.

Französischer Atomrettungsplan im Straucheln

Probleme beim Bau eines EPR sind nicht neu – dennoch plant Frankreich den Bau mindestens sechs weiterer Atomreaktoren dieses Typs. Drei EPRs befinden sich im Bau, einer wurde in Finnland und zwei in China fertiggestellt. Der finnische Reaktor Olkiluoto-3 ist mit 12 Jahren Verspätung in Betrieb gegangen, von den zwei in China in den Jahren 2018 und 2019 in Betrieb genommenen EPRs wurde einer im Sommer letzten Jahres aufgrund von Problemen schon wieder abgeschaltet.

Ein Dauerproblem ist auch der Bau des EPR in Flamanville, der seit zehn Jahren Strom liefern sollte. Die Kosten für Flamanville sind laut Medienberichten von 3,3 Milliarden Euro auf rund 20 Millionen angestiegen. Ähnlich läuft es nun beim EPR-Bau Hinkley Point C. EDF hält dabei das Projektmanagement, ein Drittel des Projekts besitzt der chinesische Partner CGN.

Der voraussichtliche Start der Stromproduktion für Block 1 ist laut Betreibern im Sommer 2027 geplant. Die Verzögerungen werden den Folgen der Corona-Pandemie mit Lockdown, Ressourcen- und Lieferketten-Problemen zugeschrieben.

Laut Vertrag hätte das keine Auswirkungen auf die Kosten für die britischen Stromverbraucher, versicherte der Energiekonzern in einer Presseerklärung. Doch die EPR-Desaster treiben den Konzern immer stärker in die massive Verschuldung. Erst im April musste der Staat, der 84 Prozent der Aktien hält, weitere 2,7 Milliarden Euro in den hochverschuldeten Konzern stecken, berichtete die französische Zeitung La Tribune. Milliarden-Mehrkosten aus Hinkley Point, die bei der EDF, also letztlich beim französischen Steuerzahler zu Buche schlagen, kommen jetzt zu den Belastungen hinzu. Der hochverschuldete Konzern rechnet damit, dass Strom wegen des altersschwachen Atomparks teuer importiert werden muss, berichtet die französische Zeitung L'Express.

Die Mär vom billigen Atomstrom wird immer offensichtlicher. Eine Energiewende mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien hat Frankreich sträflich vernachlässigt.

Die Gewerkschaften rechnen mit weiteren Subventionen im Umfang von zehn Milliarden Euro – das käme dann einer vollständigen Verstaatlichung gleich. Die Verstrickungen und das Geschacher der Atomlobby geht indes weiter. Kurz vor den Parlamentswahlen im Juni hat der Staat die EDF verpflichtet, weitere 20 Prozent des Stroms zu einem niedrigen Preis zu verkaufen. Das treibt die Schulden weiter voran. Der Staat wiederum verpflichtet sich, den Konzern weiterhin zu retten. Die Differenz zum subventionierten niedrigeren Strompreis zahlen also die Steuerzahler selbst wieder drauf – nicht nur ein Nullsummenspiel, sondern eine Abwärtsspirale, zumal auch die Folgekosten der Atomkraft darin noch gar nicht berechnet sind. na

 


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