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Frankreichs EnergiewendeBau des Atomreaktors Flamanville bleibt ein Desaster

Baustelle Atomreaktor Flamanville in der Normandie
Ewige Baustelle: Die Fertigstellung des umstrittenen französischen Problem-Atomreaktors Flamanville an der Westküste der französischen Halbinsel Contentin in der Normandie verzögert sich um weitere Jahre. (Foto: Wikimedia Commons / schoella / CC BY 3.0)

Die Fertigstellung des französischen Atomreaktors Flamanville verzögert sich weiter. Doch anstatt den Ausbau Erneuerbarer Energien voranzutreiben, spekulieren Politik und Wirtschaft über die spätere Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken.

26.06.2019 – Mit dem Atomreaktor vom Typ EPR Flamanville an Frankreichs Nordküste ist es ein bisschen so wie mit dem Berliner Flughafen BER: Eine Hiobsbotschaft folgt der nächsten, der Fertigstellungstermin wird regelmäßig verschoben, die Kosten explodieren und noch bevor er fertiggestellt wird ist eigentlich schon klar, dass er ohnehin nicht mehr einer zukunftsweisenden Klimapolitik Rechnung tragen kann.

Der Druckwasserreaktor Flamanville an der Westküste der französischen Halbinsel Contentin am Ärmelkanal in der Normandie ist dabei aber sehr viel brisanter und gefährlicher als der Flughafen BER und lähmt u. a. die französische Klimapolitik. Die Atomsicherheitsbehörde in Paris (ASN Autorité de sûreté nucléaire) hat den mehrheitlich staatlichen Betreiber EDF nun aufgefordert, fehlerhafte Schweißnähte zu reparieren, bevor der Druckwasserreaktor ans Netz geht. Zunächst wurden aktuell laut Angaben der Atomsicherheitsbehörde Mängel beim verbauten Stahl beanstandet. EDF selbst hatte Risse und Löcher in den Schweißnähten im Betonmantel des Bauwerks festgestellt, der bei einem Störfall den Austritt von Radioaktivität verhindern soll.

EDF kündigte daraufhin an, dass sich in diesem Fall die Fertigstellung bis voraussichtlich Ende 2022 verzögern werde – das sind mittlerweile zehn Jahre nach dem ursprünglich geplanten Betriebsstart des hoch umstrittenen Problem-Reaktors, der ursprünglich bereits 2012 ans Netz gehen sollte. Doch der Bau wird seit vielen Jahren von massiven Schwierigkeiten begleitet. Baubeginn war 2007. Die Baukosten haben sich mittlerweile verdreifacht, von ursprünglich 3,5 auf 11 Milliarden Euro – Ende offen.

Atomkraft first

Frankreich hat es schwer, sich von der Atomkraft zu lösen. Atomstrom ist billig, weil er seit vielen Jahren subventioniert wird. Der Anreiz, auf Erneuerbare Energiesysteme umzusteigen, ist daher gering. Der französische Energiewendeplan sieht zwar vor, die Atomkraft zu reduzieren. Doch weitere „moderne Atomreaktoren“ sind bereits in Planung.

Wenn der EPR Flamanville später als geplant ans Netz geht wird in der französischen Nationalversammlung zudem bereits die Möglichkeit diskutiert, die französischen Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen. Deren Ende war bislang auf 2022 festgelegt worden. Die französische Regierung machte zudem noch unter dem sozialistischen Präsidenten Hollande die Schließung des ältesten französischen und maroden Atomkraftwerks Fessenheim nahe der deutschen Grenze abhängig von der Inbetriebnahme des neuen Reaktors Flamanville.

Die französische Umwelt-Staatssekretärin Brune Poirson sagte allerdings aktuell gegenüber dem französischen Sender Radio Classique. dass die Regierung vier Kohlekraftwerke sowie einen Reaktor in Fessenheim 2020 abschalten wolle, wie von Präsident Macron zugesagt. Der französische Netzbetreiber RTE (Le Réseau de transport d’électricité) hatte wiederum kommentiert, dass eine Verzögerung der Fertigstellung von Flamanville die geplante Schließung des Kohlekraftwerks Cordemais im Département Loire-Atlantique erschweren würde.

Frankreichs Energiewende hinkt schwer hinterher

Die Pannen und die weitere Verzögerung der Fertigstellung von Flamanville stellen erneut die umstrittene Technologie des Reaktortyps EPR (Europäischer Druckwasserreaktor) in Frage. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Verantwortlichen bei EDF aufgefordert, ihm bis Mitte 2021 ein vollständiges Projekt für den Bau neuer Reaktoren in Frankreich vorzulegen. „Klimaschutz first“ propagierte Macron kurz nach Amtsantritt – wie der aussieht ist allerdings Auslegungssache. Die französische Energiewende, in deren Rahmen vorgesehen war, den Atomstromanteil bis zum Jahr 2025 auf 50 Prozent zu senken, hatte Macron bereits Ende 2018 um zehn Jahre in die Zukunft verschoben. na


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