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EU-ParlamentFast geschlossen für ein russisches Energie-Embargo

Rundes Glasgebäude mit Flaggen davor
Das europäische Parlament in Straßburg. (Bild: Bild von Moritz D. auf Pixabay, Public Domain)

Angesichts der Kriegsverbrechen in der Ukraine werden auf EU-Ebene weitere Sanktionsmaßnahmen diskutiert. Ein Kohle-Embargo wird kommen. Das EU-Parlament spricht sich mit überwältigender Mehrheit auch für ein Öl- und Gasimportverbot aus.

08.04.2022 – Der Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als weiteren Sanktionsmechanismus gegenüber Russland ein Einfuhrverbot von Kohle durchzusetzen, stößt bei den europäischen Institutionen und Mitgliedsstaaten auf breite Zustimmung. Gegenüber den Tagesthemen sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zwar, dass dies Deutschland vor erhebliche Probleme stellen würde, zugleich sei man aber vorbereitet und stehe einem Embargo nicht im Wege. Kommende Woche sollen die europäischen Mitgliedsstaaten darüber abstimmen.

Angesichts der Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha, rücken weitere Sanktionsmaßnahmen gegenüber Russland in den Fokus. Geheimdienstinformationen und Recherchen von Medien weisen darauf hin, dass russisches Militär und Geheimdienste in Butscha Nahe Kiew ein Massaker an der Zivilbevölkerung verübt haben. Auch aus anderen Gebieten der Ukraine gibt es entsprechende Meldungen. Mit einem Embargo auf russische Steinkohle weiten sich die Sanktionsmaßnahmen auf den russischen Energiesektor aus. Kohle im Wert von vier Milliarden Euro jährlich wurden laut Kommissionspräsidentin von der Leyen bislang von Russland aus in die EU importiert.

Deutlich mehr Wert sind die Öl- und Gasimporte aus Russland. Allein seit der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar sind, der Forschungsorganisation Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) zufolge, Zahlungen von 9,2 Milliarden für Öl und 9,85 Milliarden für Gas von der EU nach Russland geflossen. Zum Vergleich: Der Wert der Kohleimporte in diesem Zeitraum betrug den Berechnungen der CREA zufolge 728 Millionen Euro.

513 Abgeordnete für ein vollständiges Embargo

Mit überwältigender Mehrheit hat sich das EU-Parlament gestern auch für ein Embargo auf Öl und Gas aus Russland ausgesprochen. 513 Abgeordnete stimmten für ein vollständiges Embargo gegen Einfuhren von Öl, Kohle, Kernbrennstoff und Gas aus Russland. Lediglich 22 stimmten dagegen und 19 enthielten sich. Michael Bloss, Europaabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, sagte nach der Abstimmung: „Heute haben wir im EU-Parlament gezeigt, dass wir an der Seite der Ukraine stehen und uns klar für einen Importstopp von Kohle, Öl, Gas und Uran aus Russland aussprechen. Das ist ein starkes Zeichen. Diese Entschlossenheit muss jetzt auch umgesetzt werden.“

Vor allem beim Öl könne man schnell reagieren, so Bloss. Im Gegensatz zu Gas können Ölimporte nach Europa leichter von russischen Pipelines auf die Anlandung mit Tankschiffen umgestellt werden. Deutschland etwa will seine Ölimporte aus Russland bis Mitte des Jahres halbieren. Aktuell macht russisches Öl 35 Prozent der benötigten Mengen hierzulande aus. Verträge sollen nicht mehr verlängert und russische Importe schrittweise ersetzt werden. Bis Jahresende will man in Deutschland nahezu unabhängig von Öl aus Russland sein.

Andere europäische Mitgliedsstaaten, wie Ungarn, sind weitaus abhängiger von Ölimporten aus Russland. Dennoch rückt auch ein EU weites Öl-Embargo gegenüber Russland stärker in den Fokus. Nach einem Kohleembargo müsse man sich auch Öl anschauen, sagte von der Leyen. EU-Ratspräsident Charles Michel pflichtete dem bei. Der gerade wiedergewählte ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte jedoch Beschränkungen für russisches Öl und Gas zur roten Linie.

Gegenreaktion befürchtet

Deutschland, Österreich und weitere Staaten fürchten derweil bei der sofortigen Durchsetzung eines Öl-Embargos, als Gegenreaktion den Stopp russischer Erdgaslieferungen. Robert Habeck mahnte wiederholt vor schweren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwerfungen bei einem sofortigen Gas-Lieferstopp. Unter Expert:innen gibt es große Diskussionen über die tatsächlichen Auswirkungen. Die Pläne der Bundesregierung sehen bislang vor, bis Ende des Jahres den Import von russischem Gas von derzeit 55 auf 30 Prozent zu reduzieren. Bis Sommer 2024 könne der Anteil russischen Gases an den Importen auf zehn Prozent sinken.

Die EU-Kommission erklärte am 08. März, dass man bis 2030 den jährlichen Verbrauch an fossilem Gas um 30 Prozent oder 100 Milliarden Kubikmeter reduzieren könne. 2021 exportierte Russland etwa 155 Milliarden Kubikmeter Gas in die EU. Ein sofortiges EU-weites Gas-Embargo wäre eine gewaltige Kraftanstrengung und zugleich wegen des russischen Angriffskrieges nach Ansicht des EU-Parlaments und vieler weiterer Politiker sowie zivilgesellschaftlicher Vertreter dringend nötig.

Ein von heute auf Morgen einsetzendes Embargo und damit Lieferstopp von Öl und Gas wird wohl ohnehin nicht durchgeführt. Das zeigen die Pläne für ein Kohle-Embargo. Ein entsprechender Gesetzentwurf der EU-Kommission, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, soll Einfuhren bis Anfang Juli erlauben, sofern entsprechende Verträge vor Verabschiedung der Strafmaßnahme unterzeichnet wurden. mf


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Kommentare

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Ed 08.04.2022, 12:04:19

Will die EU Deutschlands Wirtschaft ganz kaputt machen. Frau von der Leyen wird gewiss nicht frieren. was ist mit uns einfachen Bürgern? wer soll das bezahlen? wieder der Bürger. Das will ich nicht. Wer Waffen liefert, will keinen Frieden.

Evelyn Völker-Schänzer 09.04.2022, 22:07:59

Ein sofortiger Einfuhrstopp von russischer Kohle, Öl und Gas!!!

Es ist ja nicht so, dass wir zu 100% von den russischen Energieträgern abhängig sind, z.B. bei Gas sind es ca.50%. Die restlichen 50% muss man nicht vollkommen ersetzen. Es gibt auch Einsparmöglichkeiten!! Schaue ich mir öffentliche Gebäude an, vollkommen überheizt. Schaue ich mir Einkaufszentren und Kaufhäuser im Winter an, man bekommt einen Hitzschlag in der Winterbekleidung beim Einkaufen. Schaue ich mir meine Nachbarn an, die im Winter im T-Shirt im Haus rumlaufen. Und auch in der Industrie wird es nicht anders aussehen, Einsparmöglichkeiten an allen Ecken und Kanten.

Wir haben den Vorteil, dass der Winter gerade zu Ende geht, ein halbes Jahr Zeit, um Einsparungen zu planen und durchzusetzen. Ohne Druck wird nie was vorwärts gehen, auch nicht bei der Klimabedrohung.

Also: Embargo sofort!!

Peetz Heinz 17.04.2022, 11:28:48

Wer ein Energieembargo fordert ist etweder reich oder dumm. Diejenigen können ja mit gutem Beispiel vorausgehen und auf Benzin, Heizöl oder Gas verzichten. Doch ich glaube es wird so sein, dass sie mit ihren SUVs durch die Gegend rasen und in ihren gut geheizten Wohnungen sitzen und sagen: "wir" müssen halt mal frieren!


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