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Klimapaket nachverhandeltGrüne tauschen höheren CO2-Preis gegen Pendlerpauschale

Auf Grün kommt’s an – zumindest beim Klimaschutz in Deutschland ist das nicht ganz von der Hand zu weisen.
Auf Grün kommt’s an – zumindest beim Klimaschutz in Deutschland ist das nicht ganz von der Hand zu weisen. (Foto: © Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen / CC BY 2.0)

Die Bundesregierung macht mehr Klimaschutz als sie wollte: Im Vermittlungsausschuss konnten die Grünen den CO2-Preis auf 25 Euro hochhandeln und den Strompreis senken – im Gegenzug steigt die Pendlerpauschale. Ein guter Tausch, sagen Wissenschaftler.

18.12.2019 – Eines ist den Grünen bei ihrem Kompromiss zum Klimapaket der Bundesregierung so wichtig, dass sie es gleich mehrfach wiederholen: Jede eingesparte Tonne CO2 zählt. Das ist der Grund, weshalb die Grünen dem nachverhandelten Klimapaket nun zustimmen, zähneknirschend. Denn eigentlich sind sie mit den Maßnahmen nicht einverstanden, zu wenig Klimaschutz und zu wenig sozialer Ausgleich. „Natürlich ist viel mehr nötig“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock. „Aber jede Tonne CO2 zählt.“

Mehr Klimaschutz herausgeholt als gedacht

So sehr mit den Zähnen mussten sie dabei nicht knirschen, denn sie haben gut verhandelt und konnten mehr aus dem erschreckend zahmen Klimapaket von Union und SPD herausholen, als allgemein erwartet worden war. Formal konnten die Grünen im Bundesrat den sehr geringen CO2-Preis von zehn Euro nicht stoppen, sondern nur die für Bundesländer zustimmungspflichtigen Steuergesetze. Etwa die steuerliche Gebäudesanierung oder die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Zugtickets von 19 auf sieben Prozent. Und die Erhöhung der Pendlerpauschale, ein Herzensthema der Großen Koalition, das sich als wirksamer Hebel für grüne Forderungen erwies.

Denn mit mehr Geld für Pendler wollen sich CDU/CSU und SPD einen Ausgleich für Autofahrer auf die Fahnen schreiben, die mit einem höheren CO2-Preis ein paar Cent mehr an der Zapfsäule zahlen müssen. Das Problem: Menschen mit höheren Einkommen profitieren deutlich stärker davon, als Geringverdiener. Trotz der neu erfundenen Mobilitätsprämie.

Der Klima-Kompromiss im Detail

Dieses Ungleichgewicht behebt der am Montag im Vermittlungsausschuss gefundene Kompromiss nicht, aber geht für Grüne wie Wissenschaftler in die richtige Richtung. Im Detail wurde diese Einigung erzielt:

  • Der CO2-Preis für Verkehr und Heizen startet zum 1. Januar 2021 nun mit 25 statt zehn Euro. Er steigt jedes Jahr um fünf Euro auf 55 Euro bis 2025 an.
  • Mit den Mehreinnahmen wird die EEG-Umlage gesenkt, also auch der Strompreis. Die Umlage könnte ab 2021 zunächst um die 2,1 Cent niedriger liegen und in den Folgejahren erneut um knapp 2 Cent sinken. Das kommt vor allem Geringverdienern zu Gute.
  • Die Pendlerpauschale steigt noch einmal höher als im Klimapaket ursprünglich vorgesehen. Ab 2021 können Pendler ab dem 21. Kilometer dann 35 statt bisher 30 Cent geltend machen, ab 2024 sind es sogar 38 Cent. Je höher das Einkommen, desto mehr gibt’s vom Staat zurück.
  • Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahnfahrten kommt bereits zum Jahreswechsel 2020.

„Klimaschützer haben sich gegen Bremser durchgesetzt“

Zustimmung für die Ergebnisse kommt aus der Wissenschaft. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sagte zum höheren CO2-Preis: „Er liegt jetzt in der Nähe dessen, was die Wirtschaftsforschung als ökonomisch wirkungsvoll für das Klimapaket entwickelt hatte“. Er befürwortete auch die Senkung des Strompreises über eine geringere EEG-Umlage: „Davon profitieren alle Bürgerinnen und Bürger, und besonders die Haushalte mit geringem Einkommen.“

Brigitte Knopf, Generalsekretärin des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin, zeigte sich überrascht von dem Kompromiss. Sie habe eine solche Nachbesserung nicht erwartet, sagte sie dem Spiegel. Das werde zwar noch nicht reichen, um die Klimaziele 2030 einzuhalten. „Aber die Klimaschützer haben sich hier gegen die Bremser durchgesetzt. Das ist zum Jahresende ein ermutigendes Signal.“

CDU-Ministerpräsidenten offener für Klimaschutz als die SPD

Überraschend ist die Rollenverteilung zwischen Klimaschützern und Bremsern. Glaubt man Informationen der FAZ, zeigten sich besonders die CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet, NRW, und Volker Bouffier, Hessen, offen für die Ideen der Grünen, die einen höheren CO2-Preis unbedingt durchsetzen wollten. Ihnen pflichtete aus der SPD lediglich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bei. Trotz der neuen Parteispitze der Sozialdemokraten, die sich mehr Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben hatte.

Doch die Parteispitzen der Koalition waren nicht vertreten, im Vermittlungsausschuss verhandelten die Bundesländer vornehmlich mit den Vertretern der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen. Als Blockierer traten den Informationen zufolge vor allem die SPD-Verhandler auf: Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin aus Mecklenburg-Vorpommern, und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider. Sie zählen zum alten Führungszirkel der SPD, denen Klimaschutz offenbar eher lästig erscheint. cw


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