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Berliner EnergietageSchulze und Scholz schreiben sich Klimaschutz auf die Fahne

Olaf Scholz mit einem Mikrofon und Svenja Schulze mit einem Headset
Bild Olaf Scholz: Heinrich-Böll-Stiftung / Stephan Röhl, flickr, CC BY-SA 2.0; Bild Svenja Schulze: Stefanie Loos / re:publica, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0)

Auf den digitalen Berliner Energietagen sind die beiden SPD-Minister Svenja Schulze und Olaf Scholz voll des Lobes über die bisherige und künftige Klimapolitik ihrer Partei. Doch aktuell liegt vieles im Argen, was auch am Koalitionspartner liegt.

22.04.2021 – Gestern starteten die diesjährigen Berliner Energietage, die Pandemiebedingt zum zweiten Mal komplett digital stattfinden. Am ersten Tag bereits waren mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Finanzminister Olaf Scholz zwei hochkarätige Politiker vertreten, die bemüht waren, das bisher erreichte in der deutschen und europäischen Klimapolitik sowie das Wirken der SPD in einem positiven Licht dastehen zu lassen.

Schulze etwa lobte das gestern verabschiedete Klimagesetz der Europäischen Union und die Anhebung der Treibhausgasreduktionen bis 2030 um 55 Prozent. Doch das neue Klimagesetz der EU stößt auch auf Kritik. Michael Bloss Europaabgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter der Grünen/EFA-Fraktion für das Europäische Klimagesetz im federführenden Umweltausschuss, sagte: „Das neue EU-Klimaziel für 2030 wird den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens nicht gerecht.“

Das EU-Parlament selbst hatte eine Senkung der Treibhausgasemissionen von 60 Prozent gefordert. Bloss verwies auch darauf, dass mit dem neuen Klimaziel Netto nur 52,8% an echter Emissionsminderung erreicht werden, da natürliche Kohlenstoffsenken wie Wälder einberechnet seien, die jedoch im Zuge der Klimakrise zunehmend absterben.  

Des Weiteren erwähnte Schulze in ihrer Rede das gemeinsam mit der Union ausgehandelte deutsche Klimaschutzgesetz und Klimapaket. Dies zeige jetzt endlich Wirkung, etwa mit dem CO2-Preis, und sei vor allem ein Verdienst der SPD. Auch das Deutschland seine Klimaziele für 2020 erreichte, sei, laut Schulze, ohne politische Maßnahmen nicht möglich gewesen. Dabei verwies sie auch auf den beschlossenen Kohleausstieg.

Zwar sanken die Emissionen im Energiebereich tatsächlich, was vor allem auf weniger Kohlekraft im Strommix zurückzuführen ist, doch der beschlossene Kohleausstieg hatte 2020 damit nichts zu tun. Erst seit dem 1. Januar 2021 sind die ersten Kraftwerksblöcke stillgelegt worden – und laufen teilweise noch immer als „Reservekapazität“ getarnt weiter. Die verminderte Kohleleistung im Netz ist für das letzte Jahr vor allem auf den Europäischen Emissionshandel und hohen CO2-Preis sowie den geringeren Bedarf der Industrie infolge der Coronakrise zurückzuführen.

Da muss politisch mehr kommen

In Reaktion auf die Rede der Umweltministerin sagte Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass auch die Emissionen im Verkehrssektor 2020 nur Corona bedingt gesunken seien, sonst wären sie um zehn Prozent gestiegen. Dass Klimaschutzpolitik zur Senkung der Emissionen beigetragen habe, sei nur zum Teil richtig. „Da muss politisch in Zukunft mehr kommen. Wenn wir so weitermachen wie bisher steigen die Emissionen wieder“, so Kemfert.

Und Schulze erklärte, dass sie sich für eine Verdopplung des Ausbaus Erneuerbarer Energien bis 2030 einsetze. Die Ausbaupfade sind aktuell Teil der Debatte um die EEG-Reform, die seit Monaten auf Eis liegen. Während die SPD die Ausbaupfade an den neuen Klimazielen der EU ausrichten will, blockiert die Union dieses Vorhaben bislang.

Auch bei der Debatte um den Kohleausstieg zeigen sich die Diskrepanzen zwischen Union und SPD. Schulze sagte Anfang der Woche bei einer Veranstaltung des Tagesspiegels, dass aufgrund der Anhebung des EU-Klimaziels, der Kohleausstieg vom Markt vermutlich beschleunigt wird und 2030 in Deutschland keine Kohle mehr verstromt werde. Armin Laschet, Kanzlerkandidat der CDU, hingegen sagte am Dienstag im ZDF, dass er ein früheres Ausstiegsdatum als derzeit für 2038 oder frühestens 2035 geplant, für schwer machbar hält.

Ein ökosoziales Zerwürfnis

Der Finanzminister und Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, wies auf den Energietagen auf ein weiteres – ökosoziales – Zerwürfnis in der Großen Koalition hin. Es geht um die Entlastung von Mietern bei der Gebäudewärme. Im Zuge des eingeführten CO2-Preises steigen die Heizkosten, da Öl und Gas teurer werden. Laut ursprünglichem gemeinsamen Plan der zuständigen Ministerien sollen sich Mieter und Vermieter die Kosten teilen, doch inzwischen sperrt sich das Wirtschaftsministerium gegen diesen Ansatz und Belastung von Vermietern. „Wir wünschen uns sogar eine vollständige Entlastung der Mieter und Belastung der Vermieter“, sagte Olaf Scholz.

Bezüglich der Windkraft an Land hingegen hatte Scholz positives von Seiten der SPD zu vermelden. Ihm sei es gemeinsam mit Svenja Schulze gelungen, die Bürger vor Ort mehr zu beteiligen. Das ist tatsächlich ein Fortschritt für die Akzeptanz und den Ausbau der Windenergie, doch noch immer gelten verheerende Abstandsregeln, sowie administrative Hürden und eine schwierige Genehmigungslage, die die SPD bislang nicht abzuschaffen oder zu verbessern vermochte.   

Für die Zukunft und Hinblick auf die kommende Legislaturperiode sprach sich Scholz vor allem für die Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben aus. Statt Stromleitungen in 10 bis 15 Jahren zu planen und zu bauen, müsste dies künftig in zwei bis drei Jahren geschehen. Auch die Genehmigungsverfahren für neue Windkraftanlagen dürften nicht länger als sechs Monate dauern. Er sei der einzige Kanzlerkandidat, so Scholz, der aktuell über das „Wie“ von Infrastrukturvorhaben rede.

Doch auch für die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, sind Infrastrukturvorhaben für ein klimaneutrales Energie-, Wirtschafts- und Verkehrssystem kein Fremdwort. Und im Gegensatz zur SPD schieben die Grünen neuen Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 einen Riegel vor. Olaf Scholz hingegen sorgte diesbezüglich für Aufsehen, als er letztes Jahr in einem Schreiben an den US-Finanzminister anbot, den Import von Fracking-Gas aus den USA mit einer Milliarde Euro an deutschen Steuergeldern zu unterstützen, wenn die USA im Gegenzug auf Sanktionen gegen Nord Stream 2 verzichte.

Sollte die SPD in der nächsten Legislaturperiode wieder in der Bundesregierung vertreten sein, wird sich zeigen, wie die SPD künftig mit Gas-Projekten verfährt und welches klimapolitische Gesicht sie auch in anderen Bereichen zeigt, wenn der Koalitionspartner möglicherweise nicht mehr CDU/CSU heißt. Nach der Bestimmung Armin Laschets zum Kanzlerkandidaten der Union, kommen CDU/CSU in einer Forsa-Umfrage nur noch auf 21 Prozent, die Grünen hingegen auf 28 Prozent. Die SPD mit 13 Prozent könnte damit in einem neuen dreier Bündnis ohne die Union als Juniorpartner weiter mitregieren. Manuel Först


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