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EU-ParlamentÜberwältigende Mehrheit für mehr Klimaschutz

Eine Straße mit einem Gebäude, dem EU-Parlament
Das Europaparlament in Brüssel, Belgien: Der Emissionsausstoß wird teurer. (Bild: Jorge Franganillo, flickr, CC BY 2.0)

Details waren bereits verhandelt. Nun haben zwei Drittel der Abgeordneten im EU-Parlament für Reform und Ausweitung des Emissionshandels, einen CO2-Grenzausgleich und Klima-Sozialfonds gestimmt. Weitere Verbesserungen werden aber angemahnt.

19.04.2023 – Von rund 640 Abgeordneten stimmten 413 für eine Reform des Emissionshandels, 487 für einen neuen CO2-Grenzausgleichsmechanismus und 621 für einen neuen Klima-Sozialfonds. Eine überwältigende Mehrheit stimmte damit für mehr Klimaschutz. Auch wenn im Detail Politiker:innen und Umweltverbände noch Verbesserungen anmahnen. Vorangegangen waren monatelange Verhandlungen im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen EU-Parlament, EU-Rat – dem Gremium der Mitgliedsstaaten – und der EU-Kommission.

Reform des Emissionshandels

Im Zuge des Fit-for-55 Pakets, hob die Europäische Union ihre Klimaschutzziele an, auf eine Reduktion der Netto-Treibhausgasreduktionen um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990. Dadurch war eine Reform des Emissionshandels nötig geworden. Die Trilog-Einigung sieht vor, die Menge der CO2-Zertifikate – die Emissionsrechte – im EU-Emissionshandelssystem für Energie und Industrie bis 2030 im Vergleich zu 2005 schrittweise um 62 Prozent zu senken (bisher 43 Prozent). Zudem werden die jährlich zur Verfügung stehenden Zertifikate deutlich abgesenkt. Auch wird die Hälfte der freien Zuteilungen ab 2030 nicht mehr möglich sein. Bis Ende 2034 soll es gar keine freien Zuteilungen mehr geben.

Ziel ist es, den klimaschädlichen CO2-Verbrauch so zu verteuern, dass er sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt und der Umstieg auf klimafreundliche Technologien gelingt. Das ist der Grundsatz des Europäischen Emissionshandel (ETS). Bei dem eine absolute Anzahl an Zertifikaten festgelegt wird, die dann ersteigert und von Marktteilnehmenden gehandelt werden können. Der Preis pro Zertifikat und damit pro Tonne CO2, den die Sektoren Energie und Industrie, mit dem Erwerb ausstoßen dürfen, liegt aktuell bei über 90 Euro. Weniger freie und insgesamt zur Verfügung stehende Zertifikate werden den Preis voraussichtlich weiter in die Höhe treiben.

Zudem wird die Seeschifffahrt in den Emissionshandel miteinbezogen. Demnach sollen ab 2024 alle Schiffe, die europäische Häfen anlaufen, schrittweise einbezogen werden. Dies gilt für 100 Prozent der Emissionen im Schiffsverkehr innerhalb Europas. Für Internationale Schiffe, die zwischen EU und Nicht-EU-Häfen verkehren, sollen die Hälfte aller Emissionen in den ETS einbezogen werden. Der innereuropäische Luftverkehr ist bereits Teil des ETS. Für den Straßenverkehr sowie den Gebäudesektor wird ein gänzlich neuer Emissionshandel – der ETS 2 – geschaffen. Eingeführt werden soll dieser im Jahr 2027. Kostenlose Emissionsrechte wird es nicht geben. Der Preis ist bis 2030 auf 45 Euro pro Tonne gedeckelt. Neben privaten Haushalten fallen auch kleine Unternehmen künftig unter den ETS 2.

Ein Klimasozialfonds

Um die steigenden Kosten für Haushalte abzufedern, wird ein Klimasozialfonds eingeführt. Dieser wird bereits ein Jahr bevor der neue ETS 2 in Kraft tritt Gelder zur Verfügung stellen. Über den Zeitraum von 2026 bis 2032 sollen 86,7 Milliarden Euro für soziale Klimamaßnahmen bereitgestellt werden, die von Gebäuderenovierung von Sozialbauten bis hin zur direkten Einkommensunterstützung reichen. Alle Einnahmen aus dem ETS – sowohl dem bestehenden als auch dem neuen für Transport und Gebäude – müssen in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Die Einnahmen aus dem neuen ETS-2 fließen zur Hälfte in den Innovations- und den Modernisierungsfonds der EU und zur Hälfte in den Klimasozialfonds. 50 Prozent der Einnahmen aus dem ETS 2 werden indes an die Mitgliedstaaten gehen. Aber auch denen ist vorgeschrieben, die Gelder für soziale Klimamaßnahmen vor allem im Gebäude und im Verkehrssektor zu nutzen.

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher und Verhandlungsführer der Grünen im EU-Parlament zur Plenarabstimmung des europäischen Emissionshandels, hätte sich mehr Geld für die soziale Abfederung gewünscht. „Der CO₂-Markt hat eine soziale Schieflage. Wir können nicht Geld von den Menschen nehmen und ihnen wenig zurückgeben. Der Europäische Klimasozialfonds ist viel zu klein. Deshalb fordern wir ein europäisches Klimageld, um den Green Deal zu einem Deal für die Menschen zu machen. Mit dem europäischen Klimageld können wir den Green Deal sozial ausbalancieren“, so Bloss. Ein Klimageld oder auch Klimaprämie wird bereits in Deutschland seit längerem gefordert. Hierzulande ist ein CO2-Preis für Gebäude und Verkehr seit 2021 in Kraft.

Neuer CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Mit einer Übergangsfrist wird bereits im Oktober dieses Jahres in der EU ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus in Kraft treten. Mit über 700 Millionen Tonnen ist die Europäische Union der größte Nettoimporteur von CO2-Emissionen weltweit. Emissionen, die bislang anders als in der EU hergestellte Produkte, nicht mit einem CO2-Preis versehen werden. Mit dem neuen CO2-Zoll in die EU soll vor allem die Abwanderung treibhausgasintensiver Industrien in andere Regionen der Welt verhindert werden, die dort bislang ohne CO2-Abgabe produzieren und trotzdem ihre Waren in der EU vertreiben konnten.

Demnach müssen Importeure in die EU die gleiche Anzahl an Emissionszertifikaten kaufen, die europäische Produzenten für ein vergleichbares Produkt innerhalb des EU-Emissionshandels kaufen. Betroffen davon werden sein: Stahl und Eisen, sowie Grundprodukte entlang ihrer Wertschöpfungskette. Des Weiteren: Aluminium, Düngemittel, einige Polymere, Wasserstoff, Elektrizität, sowie indirekte Emissionen, die nicht im Produktionsprozess selbst anfallen, sondern durch die Nutzung von Strom mit fossilen Energieträgern erzeugt wurden.

Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Germanwatch begrüßt grundsätzlich die Einführung. „Die Einführung des ersten CO2-Grenzausgleichs der Welt macht die EU zu einer Pionierin. So werden zudem Anreize für Handelspartner gesetzt, den klimafreundlichen Umbau ihrer Industrie zu beschleunigen“, sagt Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch. Man dürfe die internationalen Handelspartner jedoch nicht allein lassen. „So sollte mindestens ein Teil der Einnahmen aus dem Klimazoll dafür genutzt werden, wirtschaftlich schwächere, vom Grenzausgleich stark betroffene Handelspartnerländer bei der Transformation ihrer Wirtschaft zu unterstützen“, so Gläser. mg


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