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GaskriseEuropa hält in der Gaskrise zusammen

Buchstaben von Gazprom Germania abmontiert
Europas Energieminister einigen sich auf gemeinsamen Gassparplan. (Bild: Julia Broich)

Gazprom drosselte erneut Gaslieferungen nach Europa. Die EU-Energieminister einigten sich auf gemeinsames, wenn auch freiwilliges Gassparen bis zum Frühling. Deutschland ermöglicht Weitergabe der Gaspreise an Kunden und rettet den Gasriesen Uniper.

29.07.2022 – Nach einer ungewissen Wartungsperiode floss in der vergangenen Woche wieder Gas durch die Pipeline Nord Stream 1. Doch bereits Mitte dieser Woche reduzierte der russische Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen bereits wieder. Inzwischen fließt nur noch rund die Hälfte der zuvor bereits gesenkten Gasmengen.

Offiziell begründete Gazprom die Reduzierung von 40 auf 20 Prozent mit Problemen bei der Routinewartung der Pipeline in der vergangenen Woche. Die Europäische Union sowie die Bundesregierung gehen allerdings von einem politisch motivierten Schritt aus.

Europäische Energieminister einigen sich auf Gassparen

Auf einem Sondergipfel einigten sich die Energieminister der EU auf eine gemeinsame Gassparstrategie. Demnach sollen alle EU-Länder zwischen dem 1. August 2022 und dem 23. März 2023 rund 15 Prozent ihres Gasverbrauchs einsparen. Der Einigung liegt das von der EU-Kommission vorgestellte Paket Save gas for a safe winter zugrunde. Die Maßnahme soll zunächst freiwillig umgesetzt werden. Verpflichtend würde sie im Falle eines EU-weit ausgerufenen Gasnotstands.

Grundsätzlich gelte es, sich auf einen vollständigen Gaslieferstopp vorzubereiten, hieß es aus der Europäischen Kommission. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Rober Habeck bekräftigte in seiner Rede zum Beschluss des EU-Energieministerrats, dass alles getan werden müsse, um eine Gasknappheit zu verhindern. Maßnahmen wie den Einsatz von mehr Kohlestrom in Deutschland beschleunigten in diesem Fall langfristig die Energie- und Klimawende. „Man darf nicht verkennen, dass die Unabhängigkeit von russischen fossilen Energien nur der erste Schritt ist auf dem Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Energien insgesamt“, so Habeck.

Deutschland spart Gas

Die Bundesregierung ergreift inzwischen weitere Maßnahmen für Deutschland. Über ein zweites Energiesicherungspaket sollen nicht nur Stein- sondern auch Braunkohlekraftwerke befristet an den Strommarkt zurückkehren dürfen.

Zudem soll die Biogaserzeugung – die im Osterpaket noch durchgefallen war – nun ausgeweitet werden. Vorgaben zur jährlichen Maximalproduktion von Anlagen werden zukünftig ausgesetzt. Auch die Kappungsregel für Solar-Bestandsanlagen, die zuvor bei 70 Prozent lag, soll gestrichen werden.

Gasverstromung soll auf seine Notwendigkeit überprüft, öffentliche Gebäude teilweise weniger geheizt und die Industrie über Gasspar-Auktionen angehalten werden, ihren Gasverbrauch zu reduzieren. Dabei soll die Bundesnetzagentur Gasmengen ausschreiben, auf die Unternehmen Gebote abgeben können. Das Gebot ist der Preis, für den das Unternehmen bereit wäre, auf die ausgeschriebene Gasmenge zu verzichten. Das Modell ist für den Herbst vorgesehen.

Hohe Gaskosten werden auf Kunden umgelegt

Die Bundesregierung beschloss weiterhin ein neues Zwischenziel für die Füllstände von Gasspeichern. Bereits zum ersten September sollen diese verpflichtend zu 75 Prozent gefüllt sein müssen. Die Vorgabe zu den zu erreichenden Füllständen für Oktober und November wurde zudem um jeweils fünf Prozent erhöht.

Verpflichtende Vorgaben zu Gasspeicherfüllständen verhindern, dass Unternehmen Gas aus ihren Speichern entnehmen. Damit Gaskonzerne nicht in finanzielle Schieflage geraten, dürfen sie ab September oder spätestens Oktober ihre hohen Gasbeschaffungskosten an Verbraucher weitergeben. Bis zu 90 Prozent der Preissteigerung soll per Umlage so von den Kunden finanziert werden.

Deutschlands größter Gasimporteur Uniper hatte erst kurz zuvor Gas aus seinen Speichern entnommen, um trotz gesunkener Lieferungen aus Russland und hoher Spotmarktpreise seine Kunden beliefern zu können. Uniper ist eine Abspaltung von Eon, in der dessen fossile Geschäfte gebündelt sind. Was für das Unternehmen ein wirtschaftlich notwendiger Schritt war, verringerte die Versorgungssicherheit Deutschlands im kommenden Winter.

Deutschland rettet Gasriesen Uniper

Ende vergangener Woche beschloss die Bundesregierung, Uniper mit Staatshilfen zu unterstützen. Das Ausbleiben vertraglich vereinbarter Gaslieferungen und das Scheitern der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2, an der Uniper maßgeblich beteiligt war, ließen den Börsenwert des Unternehmens im vergangenen halben Jahr um rund 75 Prozent einbrechen.

Habeck erklärte, dass Uniper systemrelevant für die Versorgungssicherheit Deutschlands sei. Viele Stadtwerke und Industriebetriebe seien auf Gas von Uniper angewiesen. Die Bundesregierung und Unipers finnischer Mutterkonzern Fortum einigten sich auf Stabilisierungsgelder im Umfang von rund 15 Milliarden Euro.

Im Rahmen der Finanzhilfen erwirbt der Bund unter anderem Aktienanteile in Höhe von 30 Prozent an Uniper und wird zukünftig im Aufsichtsrat vertreten sein. Das bereits bestehende KfW-Darlehen von 2 Milliarden Euro wird zudem auf 9 Milliarden Euro erhöht. Uniper wird verpflichtet, Vergütungsbeschränkungen für den Konzernvorstand und ein Dividendenverbot einzuführen. Zudem zieht Uniper seine Klage gegen die Niederlande zurück. Der Energieriese hatte zuvor auf Basis des Energiecharta-Vertrags Klage gegen den Kohleausstieg des Landes eingereicht. jb


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