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Bundestag beschließt OsterpaketMassiver Ausbau Erneuerbarer Energien geplant

Windrad schnell drehend in grüner Landschaft
Das Osterpaket der Bundesregierung ist ein großer Schritt für die Energiewende, doch der nächste Schritt muss bald folgen. Die Branche fordert den Turbo für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. (Foto: Casey Horner on unsplash)

Der Bundestag hat am 7. Juli das „Osterpaket“ zum schnelleren Ausbau Erneuerbaren Energien beschlossen. Entgegen den Regierungsplänen wird nun auch die kleine Wasserkraft weiter gefördert und es gibt mehr Flächen für Solarparks.

08.07.2022 – Insgesamt vier Gesetzesentwürfe, darunter das novellierte EEG 2023, wurden jeweils in namentlicher Abstimmung beschlossen. Zu Beginn der Debatte der 2. und 3. Lesung im Bundestag warb Wirtschaftsminister Robert Habeck nochmals für das Gesetzespaket, als einen „notwendigen Kraftakt“, um Klimaziele zu erreichen, eine stärkere Energieunabhängigkeit von Russland zu erreichen und Arbeitsplätze zu schaffen.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch verwies auf zentrale Eckpunkte des „Osterpakets“, auf welches sich die Koalitionsfraktionen bereits einige Tage zuvor geeinigt hatten. Ein zentraler Baustein ist das gesetzlich verankerte „überragende öffentliche Interesse“ eines Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Hierbei werden über das verbindliche 2-Prozent-Flächenziel für den Windkraftausbau erstmals auch die Länder in die Pflicht genommen.

Etliche Verbesserungen durchgesetzt

Im parlamentarischen Verfahren sei es gelungen, gegenüber der Regierungsvorlage noch etliche Verbesserungen durchzusetzen, unterstrich Miersch. Dazu zählten die Ausweitung der Flächenkulisse für Solarparks auf landwirtschaftlich genutztem Grünland (soweit kein Moorboden oder Natura2000-Gebiet) sowie für Seitenrandstreifen von Autobahnen und Schienenwegen von bis zu 500 Metern (bisher 200 Meter).

Der zuständige SPD-Berichterstatter, MdB Timon Gremmels, verwies auch auf Verbesserungen für die Betreiber kleinerer PV-Dachanlagen gegenüber dem vom Kabinett bereits im Frühjahr verabschiedeten Entwurf des Osterpakets. So werde die Vergütung für die Teileinspeisung von Strom angehoben, um den Eigenstromverbrauch attraktiver zu machen – gleichzeitig ist bei Anlagen bis 25 kW eine Volleinspeisung zulässig. EEG-Kleinanlagen sollen künftig über digitalisierte und standardisierte Netzanschlussverfahren deutlich schneller in Betrieb gehen können.

Steuerliche Entlastung von kleinen PV-Dachanlagen

In einem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen wurde zudem die Forderung der Union aufgegriffen, PV-Dachanlagen mit einer Leistung bis 30 kW künftig steuerlich zu entlasten bzw. gegebenfalls ganz von der Steuerpflicht zu befreien. Hierauf verwies Ingrid Nestle, Fraktionssprecherin für Klimaschutz und Energie der Bündnisgrünen in der Debatte.

„Das ist eine gute Nachricht des heutigen Tages“, sagte Mark Helfrich, energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Die vorgesehene Unterscheidung zwischen Voll- und Teileinspeisern bei kleinen PV-Dachanlagenbetreibern kritisierte er allerdings als zu bürokratisch und kontraproduktiv für den Eigenverbrauch.

Kleine Wasserkraft mit im Boot

Viel Lob von der Union gab es bei der Bundestagsdebatte für eine Nachsteuerung am EEG-Regierungsentwurf in punkto kleiner Wasserkraft. Diese wird nun doch wie alle anderen Erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse stehen. Auch Wasserkraftanlagen unter 500 kW werden damit weiter mit den EEG-Förderungen unterstützt.

„Diese bayerischen Forderungen wurden auf den letzten Metern erfüllt. Unser hartnäckiger Einsatz auf allen Ebenen hat sich gelohnt“, kommentierte der bayerische Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger die gesetzliche Anpassung im verabschiedeten Osterpaket.

Bioenergie eher im Bremsmodus

Im Vergleich zur Kabinettsvorlage nicht bessergestellt wurde allerdings die Bioenergie, obwohl die betroffenen Branchenverbände ebenfalls protestiert hatten. So werden die Biomethan-Ausschreibungen zwar auf jährlich 600 MW ausgeweitet werden. Biomethan darf jedoch nur noch in Spitzenlastkraftwerken eingesetzt werden, bei der Begrenzung der Volllaststunden auf 10 Prozent. Anlagen > 10 MW sollen H2-ready sein, der Maisdeckel wird verschärft.

Heftige Kritik an dieser Regelung übte bei der Bundestagsdebatte der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung. Das Biomasse-Potenzial in Deutschland werde hierdurch ausgebremst. „Mit grüner Politik hat das nichts zu tun“, sagte Jung, der einer von fünf stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU ist. Auch bleibe die Geothermie im Osterpaket außen vor und die Bundesregierung habe es bisher versäumt, noch stärker mit den Ländern zusammenzuarbeiten, um die Energiewende umzusetzen.

Ziel klimaneutrales Stromsystem 2035 gestrichen

Das Gesetzespaket werde den Ausbau der Erneuerbaren „in noch nie gekannter Weise voranbringen“, sagte Julia Verlinden, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen. Allerdings habe man in der Ampel auch Kompromisse finden müssen, wie den Verzicht auf das ursprünglich vorgesehene Ziel eines (nahezu) klimaneutralen Stromsystems bis 2035, das auf Druck der FDP gestrichen wurde. Jetzt seien jedoch vor allem die Bundesländer und die Kommunen bei einem ambitionierten Zubau der Erneuerbaren gefragt. Weitere nötige Schritte sieht Verlinden vor allem im Bereich der Energieeffizienz und beim Energiesparen.

Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse unterstrich bei der Debatte die Stärkung der marktwirtschaftlichen Instrumente durch das Gesetzespaket. Erneuerbare lohnten sich mittlerweile auch ökonomisch und seien „Freiheitsenergien“.  Entscheidende Hebel in dem Gesetzespaket sei die Absenkung der EEG-Umlage zum 1. Juli auf null, die vorgesehene Erarbeitung einer Speicherstrategie sowie in einem nächsten Schritt die Schaffung eines neuen Strom- und Energiemarktdesigns.

Viel Lob – aber Herbstpaket muss folgen

Die Branchenreaktionen auf das „Osterpaket“ fallen überwiegend positiv aus, verknüpft mit weiteren Forderungen für einen Erneuerbaren-Turbo. „Das Osterpaket enthält viel Gutes, aber einige Maßnahmen springen noch zu kurz, um die ambitionierten Regierungsziele zu schaffen. Den Booster bei Solar und Wind sehen wir noch nicht“, erklärte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Auch sollte Bioenergie gerade im Hinblick auf sinkende russische Gasimporte stärker genutzt werden. „Es braucht jetzt jede Kilowattstunde Erneuerbarer Energie zur Kompensation der fossilen Importe. Deshalb muss das Osterpaket durch ein Herbstpaket ergänzt werden, um die Umsetzungslücke zu schließen“, so Peter.

Erster Schub für Repowering – doch kritischer Flächentausch

„Verbesserungen und einen ersten Schub für Repowering“, sieht der Bundesverband Windenergie (BWE) in dem Gesetzespaket. Für Neuvorhaben seien im BNatSchG jedoch nicht die Verbesserungen erfolgt, die notwendig gewesen wären, um bei den artenschutzrechtlichen Prüfverfahren schneller und rechtssicherer voranzukommen. Ebenfalls negativ zu bewerten ist, dass die Frist zum Erreichen des ersten Zwischenziels bei der Flächenausweisung im Vergleich zum Kabinettsbeschluss um ein Jahr nach hinten, auf 2027, verschoben wurde.

Zudem dürfen die Bundesländer nun bis zu 50 Prozent der Flächen im Rahmen von Staatsverträgen untereinander tauschen, statt 25 Prozent wie im Regierungsbeschluss. „Die Überarbeitungen bei den Flächenzielen für die Bundesländer sind aus unserer Sicht ein klarer Schritt in die falsche Richtung. Zwei Prozent der Fläche brauchen wir in allen Bundesländern – und zwar so schnell wie möglich“, so BWE-Präsident Hermann Albers.

„Solarzeitalter-Meilenstein“ – nötiger Abbau Bürokratie

Einen „Solarzeitalter-Meilenstein“ sieht der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) in dem Bundestagsbeschluss. Weitere bürokratische Hemmnisse für die dezentrale solare Direktversorgung müssten nun jedoch schnell abgebaut werden, damit beispielsweise auch Mieter künftig noch unmittelbarer von preiswerter Solarenergie profitieren können, so BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Ebenso überfällig seien Reformen, um riesige Solarpotenziale nun auch in der Nah- und Fernwärme endlich stärker zu nutzen. hcn

Wichtige Eckpunkte Osterpaket:

  • 80 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030
  • 215 GW PV bis 2030/22 GW jährlich
  • 115 GW Wind an Land bis 2030/10 GW jährlich
  • 30 GW Offshore-Wind bis 2030
  • 2 Prozent Windkraftflächen bundesweit verpflichtend
  • Mehr Flächen für Solarparks (Grünland, Seitenstreifen)
  • Innovationsausschreibung für Wasserstoff (400 MW 2023, 2028 1 GW)
  • Kleine Wasserkraft wird weiterhin gefördert

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