Menü öffnen

EmissionshandelPreistreiber Klimaschutz

Industrie mit Schornsteinen zwischen Wolken und Sonne
Der Ausstoß von Kohlendioxid – etwa durch energieintensive Industrie – wird immer teurer. (Photo by Kamran Ch on Unsplash)

Der CO2-Preis im Europäischen Emissionshandel steigt erstmals auf über 50 Euro pro Tonne. Polen fordert einen Eingriff in den Markt. Doch für wirksamen Klimaschutz muss der Preis noch weiter steigen – und das erscheint durchaus realistisch.

12.05.2021 – Der Preis, den energieintensive Industrie und die Energiewirtschaft für ihren CO2-Ausstoß zahlen müssen, steigt unaufhörlich an. Inzwischen liegt er bei über 50 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid. Damit wird die fossile Produktion von Energie und industriellen Gütern immer teurer. Die LEAG etwa musste zu Beginn des Jahres Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Der Europäische Emissionshandel – kurz ETS – ist einer der Gründe dafür, dass sich Kohleabbau und -verstromung aktuell für die LEAG nicht rentieren.

Dabei dümpelte der ETS bis Anfang 2018 bei einem Preis pro CO2-Zertifikat von unter 9 Euro herum. Von Wirksamkeit für den Klimaschutz war der ETS lange weit entfernt. 2005 von der Europäischen Union sowie Norwegen, Island und Liechtenstein ins Leben gerufen, wurden über lange Zeit zu viele Zertifikate von den Staaten an energieintensive Betriebe verteilt, mit denen sie den eigenen CO2-Ausstoß stemmen und zusätzlich mit den Emissionsberechtigungen am Markt handeln konnten. Es gab einen Überschuss, der den Preis für die CO2-Zertifikate niedrig hielt.

Reformen zeigen Wirkung

Bereits Mitte 2017 reagierte die Europäische Union und verknappte das Angebot an Zertifikaten deutlich. Im April 2018 reformierte die EU das ETS-System noch einmal, indem unter anderem freigewordene Zertifikate durch Kraftwerksstilllegungen ab 2023 nicht mehr einfach weitergegeben, sondern vorwiegend gelöscht werden. Ein Signal, das den Preis pro CO2-Zertifikat deutlich anhob.

Die Coronakrise sorgte zwischenzeitlich für einen neuerlichen Preisverfall, da energieintensive Betriebe zurückgefahren wurden und weniger Kohlendioxid ausstießen und damit auch weniger CO2-Zertifikate benötigten. Doch Befürchtungen, dass der Preis im Keller bleiben könnte, bestätigten sich nicht. Die Wirtschaft nahm wieder Fahrt auf und vor allem die Anhebung des EU-Klimaziels im Dezember 2020 sorgt für Spekulationen auf dem Markt, die den Preis in die Höhe treiben.

Noch ist das ETS auf das Reduktionsziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen 2030 ausgelegt. Eine neuerliche Reform mit verschärften Regeln und weniger Zertifikaten angesichts des neuen EU-Klimaziels von 55 weniger Treibhausgasen erscheinen sicher. Spekulanten kaufen schon jetzt Zertifikate auf, um sie in Zukunft noch teurer wieder zu verkaufen. Forscher des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung gehen inzwischen davon aus, dass sich der CO2-Preis auf 130 Euro pro Tonne bis 2030 erhöht. Beim bisherigen 40-Prozent Ziel wären es laut Berechnungen des PIK bis dahin womöglich nur 35 Euro pro Tonne CO2 gewesen.

Polen fühlt sich bedroht

Neben der deutschen Kohlewirtschaft stellt der steigende CO2-Preis auch für Polen ein Problem dar. Fast Dreiviertel des polnischen Strommixes stammt noch immer aus der Kohleverstromung. Nach aktuellem Stand soll erst 2049 Schluss sein mit dem Abbau von Kohle. Wann die letzten Kohlekraftwerke schließen, ist offen. Im Zuge der wilden Spekulationen um die CO2-Zertifikate und damit rapide ansteigenden Preise, fragte die polnische Regierung bei der EU-Kommission nach Möglichkeiten die Spekulanten zu stoppen.

Doch Frans Timmermans, Vizepräsident der Kommission und Kommissar für Klimaschutz, sagte vergangenen Freitag auf einer Veranstaltung des European University Institute über die Reuters berichtete: „Du beeinflusst das Verhalten des Marktes, aber du kontrollierst den Markt nicht.“ Laut Timmermans würde eine wie von Polen gewünschte Intervention einen „Nicht-vom-Markt-beeinflussten-Preis“ kreieren, der die Glaubwürdigkeit des europäischen Emissionshandel untergraben würde.

„Aber wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, müsste der Preis denke ich noch viel höher als die aktuell 50 Euro sein“, so Timmermanns weiter. Im Juli wird erwartet, dass die EU neue Reformen des ETS im Zuge des neuen Klimaziels auf den Weg bringen wird. Analysten erwarten dann einen weiteren rapiden Preisanstieg für jede Tonne ausgestoßenes CO2. mf


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft