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WasserstoffhochlaufWasser- und Energiewende zusammen denken

 Elektrolyseanlage
(Bild: Hanno Böck, CC0, via Wikimedia Commons)

In Hinblick auf den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft fordert der DVGW von der Bundesregierung mehr Entschlusskraft für eine echte Energie- und Wasserwende. Dazu gehöre auch die Sicherstellung der Wasserversorgung in Zeiten der Klimakrise.

20.02.2024 – Die Energieversorgung in Deutschland lässt sich in Zukunft nur sicherstellen, wenn Wasserstoff die fossilen Energieträger Kohle, Erdgas und Erdöl ersetzt – diesen Transformationsprozess klimaneutral zu gestalten, führte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag als eines ihrer wesentlichen Ziele auf, konstatiert in seiner Jahresauftakt-Pressekonferenz der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und zieht zur Mitte der Legislaturperiode eine Halbzeitbilanz über die Arbeit der Ampelkoalition beim Wasserstoffhochlauf.

„Wenn SPD, Grüne und FDP ihr erklärtes Ziel, Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien zu entwickeln, erreichen möchten, müssen sie enorm an Tempo zulegen. Positiv bewerten wir, dass insbesondere mit der Nationalen Wasserstoffstrategie die Grundlagen für den Einsatz klimaneutraler Gase gelegt wurden. Daran gilt es jetzt anzuknüpfen“, so Prof. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW.

Nachholbedarf bei Wasserstoff-Regulatorik

Nicht zufrieden ist der Verband mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, denen es nach Auffassung von Verbandschef Linke noch an Klarheit bei der Regulatorik und dem Abbau von Hemmnissen mangelt: „Es sind die Unternehmen, und damit viele unserer Mitglieder, die eine Wasserstoffwirtschaft errichten und die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Investiert wird nur, wenn Prozesse beschleunigt werden und Verbindlichkeit besteht. Dies wird besonders beim Blick auf den schleppenden Fortschritt bei Planung und Ausbau der Verteilnetze deutlich.“

Den Ausbau der Infrastrukturen für Transport und Verteilung von Wasserstoff zu beschleunigen und auf die Verteilnetzebene auszudehnen, ist nach Auffassung des DVGW ebenso wichtig, wie das von der Bundesregierung vorangetriebene Wasserstoff-Kernnetz. Beides diene demselben Ziel: Den Zukunftsenergieträger in die Fläche zu bringen und für Industrie, privaten Wärmemarkt und mittelständische Unternehmen nutzbar zu machen.

Verteilnetzbetreiber bei Kernnetz-Planung einbeziehen

Zudem müssten beim Wasserstoff-Kernnetz die Verteilnetzbetreiber stärker als bisher und in formalisierter Form in die Planung einbezogen werden. Der vom DVGW und weiteren Partnern in der Initiative H2vorOrt entwickelte Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) biete hierfür das lokale Pendant für die zentrale Kernnetzplanung, für die Umsetzung der Transformation in Wärmeplänen vor Ort sowie für Industriestrukturen. Dieses Potenzial sollte die Bundesregierung in der zweiten Hälfte der Legislatur nutzen, fordert der DVGW, man stehe als Partner bereit, um die Transformation des Energiesystems in Deutschland voranzubringen und Wasserstoff über die Gasverteilnetze für alle nutzbar zu machen.

Kraftwerksstrategie

Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertet Gerald Linke die in der Einigung zur Kraftwerksstrategie von der Bundesregierung vorgesehenen Ausschreibungen von H2-ready Gaskraftwerken. „Die Kapazität von viermal 2,5 GW sollte voll ausgeschöpft werden. Zukünftig werden wir jedoch weitere H2-ready Gaskraftwerke benötigen“, so Linke. Andernfalls wären der Ausstieg aus der Kohleverstromung sowie die Versorgungsicherheit gefährdet. Dass Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Kraftwerke beschleunigt werden und Hemmnisse bei Bau und Betrieb von Elektrolyseuren abgebaut werden sollen, sei ebenfalls positiv zu bewerten.

Wasserstoff-Import und Grüngasquote

Laut Studien werden die europäischen Erzeugungspotenziale im Jahr 2030 zwar den Wasserstoff-Bedarf noch übersteigen, langfristig sind aber Importe aus anderen Regionen der Welt notwendig. Daher wäre es gut und richtig, dass Wirtschaftsminister Habeck in den vergangenen Monaten regelmäßig Bezugsquellen und Partner sondiert hat und sich mit relevanten Lieferländern austauscht, so der Verband.

Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mit Investitionen in die Produktion sowie interkontinentalem Handel und Import-Export-Strukturen wären jedoch noch einige Hürden zu nehmen. Auf regulatorischer Seite gehöre dazu auch die Einführung einer Grüngas-Quote. Diese sollte die Versorgungsunternehmen dazu verpflichten, emissionsfreie gasförmige Energieträger mit Jahr für Jahr steigenden Anteilen einzusetzen.

Öffentliche Wasserversorgung braucht die Wasserwende

In Zeiten der Klimakrise rücke auch die Resilienz der Wasserversorgung in den Fokus der öffentlichen Betrachtung. Rasch zunehmende Erwärmung, steigende Niederschlagsmengen, verbreitete Bodentrockenheit und deutlich mehr Wetterextreme fordern die Systeme der öffentlichen Wasserversorgung heraus. Dazu gehöre, mahnt der DVGW, die Anpassung von Anlagen und Netzen an vermehrte Reinigungsaufgaben und höhere Spitzenabgaben, die Schaffung zusätzlicher Speicherkapazitäten oder eine stärkere Vernetzung der Infrastrukturen.

Wertschätzung für Wasser steigern

„Die Wasserversorger haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie die Versorgung auch unter neuen klimatischen Vorzeichen sicherstellen können. Für die Zukunft brauchen wir dafür eine Wasserwende. Das heißt, die Politik müsste jetzt zügig die rechtlichen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für die zukunftsfähige Aufstellung der Branche schaffen“ erläuterte Wolf Merkel, Vorstand des DVGW, anlässlich der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Vereins in Berlin. Auch die Gesellschaft müsse dem Wasser eine höhere Wertschätzung entgegenbringen.

Wasserversorgungssysteme stoßen an Grenzen – Qualität sichern

Wenn in Hitze- und Trockenphasen der Wasserbedarf der Bevölkerung steigt und die Landwirtschaft erhöhten Beregnungsbedarf hat, stießen Wasserversorgungssysteme bereits an ihre Grenzen, auch in Deutschland. Zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung müsste die Infrastruktur für den Ausgleich zwischen regionalen Überschuss- und Mangelgebieten ertüchtigt und ausgebaut werden. Wasserwiederverwendung (Reuse) könnte in Teilbereichen helfen, werde aber nicht ausreichen.

„Die sachgerechte Wasserwiederverwendung kann die Ressourcen in einigen Regionen entlasten“, so DVGW-Vorstand Merkel. „Vorsorgender Gewässerschutz mit der Verantwortung für kommende Generationen gebietet aber, dass das gereinigte Abwasser nicht in Wasserschutzgebieten oder Einzugsgebieten von Wassergewinnungsanlagen eingesetzt wird. Dort müssen weiterhin besondere Qualitätsnormen für die Trinkwasserressourcen gelten.“

Deren Qualität werde weiterhin von chemischen Stoffen, insbesondere Einträgen chemischer Pflanzenschutzmittel, beeinträchtigt. „Wir erwarten, dass das vom Bundeslandwirtschaftsministerium schon lange angekündigte nationale Pestizidreduktionsprogramm wirksame Maßnahmen für den vorsorgenden Schutz der Trinkwasserressourcen beinhaltet“ fordert Merkel.

Umdenken in der Landwirtschaft notwendig

Der Landwirtschaft komme dabei eine besondere Verantwortung zu. Das gelte auch beim Düngen. Nach Auffassung des DVGW fehlt im aktuellen Düngerecht ein Wirksamkeitsmonitoring zur Bewertung des Nutzens der Verordnung für die Umwelt. Auch die Stoffstrombilanzverordnung sei mit ihren viel zu hohen Obergrenzen unzureichend.

„Die nach wie vor viel zu hohen Nitrateinträge in die Wasserressourcen können nur gestoppt werden, wenn die zulässigen Düngemengen für die landwirtschaftlichen Betriebe deutlich abgesenkt werden“, erklärt Wolf Merkel.

Ebenfalls problematisch für die Wasserversorger sind toxikologisch relevante PFAS, sogenannte Ewigkeitschemikalien, die in vielen Bereichen verwendet werden. „PFAS gehören definitiv nicht ins Wasser. Die Herstellung und Anwendung von PFAS muss auf wenige essenzielle Zwecke beschränkt sein. Ziel muss eine Vermeidung dieser Stoffe bereits an der Quelle der Verschmutzung sein“, fordert Wolf Merkel.

Für eine langfristig sichere Daseinsvorsorge, für ökologisch intakte Gewässer und für eine weiterhin hohe Lebensqualität in Deutschland müssten Wasserversorger, Kommunen, Politik, staatliche Organisationen sowie Wassernutzer gemeinsam die Wasserwende schaffen. Den Zielkurs dorthin beschreibe auch die Roadmap Wasserwirtschaft 2030. na

 


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