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Die Meinung
21. März 2024

Höchste Zeit für den Ausschluss von Öl und Gas

Die Deutsche Bank muss die Zeichen der Zeit endlich erkennen – den Mindeststandard für zukünftige Finanzgeschäfte hat nun die britische Bank Barclays mit ihrer neuen Klimarichtlinie gesetzt.

Regine Richter, Energie-Expertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald

Regine Richter, Energie-Expertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald
Regine Richter, Energie-Expertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald
Foto: Andreas Schoelzel

Die britische Bank Barclays hat im Februar eine neue Klimarichtlinie für ihre Geschäfte veröffentlicht. Sie schließt darin die direkte Finanzierung neuer Öl- und Gasfelder sowie mit ihnen verbundener Infrastruktur aus. Damit ist sie der Deutschen Bank voraus, die ähnlich klare Ausschlüsse vermissen lässt. Dem Vernehmen nach arbeitet die Deutsche Bank aktuell an neuen Öl- und Gasregeln. Der Mindeststandard dafür ist also jetzt von der Konkurrenz gesetzt.

Tatsächlich steht Barclays mit dem Ausschluss von Finanzierung für neue Öl- und Gasfelder nicht allein da. Ein Vergleich von Klimaregeln der Organisation Reclaim Finance zählt 19 Banken auf, die solche Projektfinanzierungen bereits ausschließen. Dazu gehören die großen französischen Banken BNP Paribas, Société Générale, Crédit Agricole, Crédit Mutuel und La Banque Postale, aber auch nordische (Danske Bank, Handelsbanken) und niederländische (ING) sowie die deutschen Banken LBBW und Commerzbank.

Die Banken folgen der Logik des Net Zero Emissions by 2050-Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA). Sie stellte in den Jahren 2021 und 2023 in Studien heraus, dass auf einem 1,5 Grad-Pfad keine Notwendigkeit für die Erschließung neuer Öl- und Gas-Ressourcen besteht. Die IEA bestätigte damit, was Umweltorganisationen schon lange sagen: Wenn die Klimaziele erreichbar bleiben sollen, ist in der Atmosphäre kein Platz für die Emissionen, die aus neuen Öl- und Gasfeldern resultieren werden.

Deutsche Bank groß im globalen Flüssigerdgas-Ausbau

Expansion bei Öl- und Gasfeldern ist nur der erste Schritt: Auch der Neubau von Pipelines, Flüssigerdgasterminals (LNG-Terminals) oder Kraftwerken schreibt die jahrzehntelange weitere Nutzung von fossilen Energien fest, mit dramatischen Folgen für das Klima, aber auch für betroffene Menschen. Die Deutsche Bank fiel im Jahr 2022 vor allem mit Finanzierungen im Bereich LNG-Exportterminals negativ auf, wie der 2023 von urgewald mitherausgegebene Bericht Banking on Climate Chaos zeigt. (Die 2024er Ausgabe von „Banking on Climate Chaos“ wird im April veröffentlicht.)

Den Ausbau der weltweiten Flüssigerdgasnutzung unterstützte die Deutsche Bank im Jahr 2022 mit insgesamt 907 Millionen US-Dollar. Dazu gehörten Kredite, die sie gemeinsam mit anderen Banken aufgelegt hatte sowie weitere Banken-Dienstleistungen, ohne die sich LNG-Unternehmen nicht finanzieren können, etwa Unterstützung bei der Ausgabe von Anleihen. Damit lag sie in der Negativ-Rangliste der größten LNG-Bankenweltweit auf Platz 11.

Zu den Geschäften zählte ein in Kredit für „Venture Global Plaquemines LNG“. Venture Global will mit dem im Bau befindlichen Plaquemines-Flüssigerdgasterminal in Louisiana/USA künftig Fracking-Gas verflüssigen und in alle Welt verkaufen, mit massiven Auswirkungen auf die lokale Natur und Bevölkerung. Zusätzlich zur Umweltverschmutzung durch das Fracking wird der Bau des Plaquemines-LNG-Terminals Feuchtgebiete zerstören, die als Sturmschutz für die umliegenden Gemeinden dienen. Während Transport und Verbrennung des fossilen Gases also die Klimakrise weiter verschärfen werden, schwächt das Unternehmen auch noch den Schutz vor den damit verbundenen Klimaeffekten.

Der Ausbau von Export-Flüssigerdgasterminals in den USA, besonders in Louisiana und Texas, findet oft in Gemeinden mit niedrigem Einkommen statt, wo die Betroffenen wenig Mittel haben, sich zur Wehr zu setzen. Trotzdem gibt es Widerstand vor Ort. John Beard Junior, Gründer des Port Arthur Community Action Network, kritisierte die Finanzierung für LNG-Exportterminals durch die Deutsche Bank bei ihrer Hauptversammlung im Jahr 2023: „Die Deutsche Bank ist unter den deutschen Banken der größte Co-Finanzierer von Flüssigerdgasprojekten in den USA. Diese Finanzierungen verschärfen die bereits existierenden Umweltprobleme und haben negative Effekte auf Leben und Gesundheit der Menschen vor Ort. Das muss aufhören!“

Umfassende Hausaufgaben für die Deutsche Bank

Obwohl der Großteil des US-Gases mittels Fracking gefördert wird und die existierenden Richtlinien der Deutschen Bank Fracking ausschließen, verstößt die Bank mit der Finanzierung nicht gegen ihre eigenen Richtlinien. Denn der Ausschluss gilt nur für direkte Finanzierung von Fracking-Projekten – nicht für die Finanzierung der verantwortlichen Unternehmen – und gilt zudem nur für Länder mit extrem schwieriger Wasserversorgung, wozu die USA nicht gezählt werden.

Das zeigt die Riesenlöcher in den existierenden Regeln für den Umgang mit Öl und Gas. Bei ihrem letzten Nachhaltigkeitstag vor einem Jahr hat die Deutsche Bank angekündigt, dass sie diese Regeln überarbeiten will und dies im Lauf des Jahres mehrfach wiederholt. Hierauf warten wir und Betroffene von Öl- und Gasprojekten jedoch immer noch.

Ein Element, das die neuen Richtlinien der Deutschen Bank in jedem Fall ausschließen müssen, ist die Expansion neuer Öl- und Gasfelder – so wie es unter anderem die britische Bank Barclays oder BNP Paribas in Frankreich vorgemacht haben. Wenn sie hier nicht nachzieht, verpatzt die Deutsche Bank jeglichen Klimatest.

Es wäre schön, einmal positiv von der Deutschen Bank überrascht zu werden. Ernsthafte Ausschlüsse im Bereich Fracking sowie für die Finanzierung neuer Flüssigerdgasterminals oder Pipelines sowie von Firmen, die solche Projekte planen, wären ein Schritt in diese Richtung.

 




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