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Jahresausblick 2024Klimaschutz und Energiepolitik im neuen Jahr

Strommast Wartung
Die Strommärkte sind im Umbruch und das neue Jahr hält so einige klimapolitische Herausforderungen bereit (Bild: Markus Distelrath / Pixabay).

Die Strommärkte befinden sich im Umbruch. Deutschland, die EU und die Welt arbeiten an Strategien zur Klimaanpassung und -finanzierung. In Europa und den USA wird gewählt. Wer gewinnt, bestimmt in hohem Maße auch über den Klimaschutz.

02.01.2024 – Ein turbulentes Jahr ist zu Ende gegangen. Das neue hält so einige Herausforderungen bereit. Am Anfang stehen Strommarktreform, ein wackelndes Klimaschutzgesetz, die Wiederherstellung der Ökosysteme und Ansätze zur Klimaanpassung und -finanzierung.

Strommarktreform auf EU-Ebene und national

Die Regeln der Strommärkte passen nicht mehr recht für das neue Zeitalter mit viel Strom aus Erneuerbaren Energien in Stromsystem. Aber auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Schwachstellen im Strommarkt aufgezeigt. Den Strommarkt gegenüber Krisen resilienter machen und für den Ausbau der Erneuerbaren Energien optimieren – das ist das Anliegen der europäischen Strommarktreform. Ende letzten Jahres haben sich Rat und Parlament der Europäischen Union auf Elemente dafür geeinigt, die Anfang 2024 noch formal bestätigt werden müssen. Den Mitgliedsstaaten wird für die konkrete Ausgestaltung viel Freiraum gelassen.

In Deutschland wurde für die komplexe Aufgabe die Plattform Klimaneutrales Stromsystem etabliert, in der Akteure aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vertreten sind, um Optionen und konkrete Vorschläge zu entwickeln. Die Branchenvertreter lehnen verpflichtende Differenzverträge ab, wünschen sich eine Stärkung von Stromabnahmeverträgen (PPA) und die Fortführung der Förderung neuer Anlagen über das EEG. Alles scheint derzeit mit den europäischen Leitlinien vereinbar. Jedoch müssen auch Marktregeln geändert werden, zum Beispiel, um das Potenzial der flexiblen Stromnutzung zu heben. Damit kann und muss der Netzausbau geringer dimensioniert werden, er geht damit hoffentlich schneller und kostet nicht ganz so viel Geld.

Energiewende-Regionen von Netzentgelten entlasten

Auch die Netzentgelte könnten in diesem Jahr neuen Regeln unterworfen werden. Weil in den Bundesländern, in denen besonders viel Erneuerbare Erzeugungsanlagen gebaut werden, auch der Netzausbau mitziehen muss, tragen die Verbraucher dort oft auch höhere Netzentgelte. Die Bundesnetzagentur hat bereits einen Vorschlag zur gerechteren Verteilung gemacht.

Höhere oder niedrigere Netzentgelte treffen vor allem die Nachfrageseite. Es gibt aber auch einen Hebel, der Impulse sowohl auf Angebots- und Nachfrageseite setzt: die Bildung kleinerer geografischer Marktgebiete, sogenannter Strompreiszonen, innerhalb derer mit Strom gehandelt wird. An diesem Schalthebel sitzt die Europäische Union. Zehn Länder liegen Vorschläge für Gebotszonenaufteilungen auf dem Tisch, für Deutschland kamen sogar vier Vorschläge. Spätestens im Frühjahr 2024 sollen die Übertragungsnetzbetreiber der betroffenen Länder auf die Vorschläge reagieren. Es bleibt spannend, mit welchen Argumenten die deutschen Übertragungsnetzbetreiber  für die Beibehaltung einer einheitlichen Strompreiszone eintreten.

Höchstwerte in Ausschreibungen Wind und Solar

Etwas Entspannung für Projektierer von großen Photovoltaik- und Windkraftanlagen bringt die Entscheidung der Bundesnetzagentur. Die für 2023 angehobenen Höchstwerte für Gebote in Ausschreibungen bleiben auch 2024 bestehen. Für Windenergie an Land beträgt der Höchstwert 7,35 Cent pro Kilowattstunde, für Freiflächen-Solaranlagen 7,37 ct/kWh. Für große Aufdach-Solaranlagen, die über Ausschreibungen vergeben werden, beträgt der Höchstwert 10,50 ct/kWh und ist damit leicht niedriger als 2023. Hintergründe sind das Sinken der prognostizierten Kosten der Aufdach-Anlagen und das Ausbleiben von nennenswerten zusätzlichen Geboten oberhalb eines Werts von 10,50 ct/kWh in der vergangenen Gebotsrunde. 

EU – Renaturierungsgesetz

Anfang 2024 wird das Europäische Parlament über das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur abstimmen. Die international einzigartige und heiß diskutierte Verordnung hat das Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt in Europa aufzuhalten und umzukehren. Das Gesetz verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, bis 2030 wirkungsvolle Renaturierungsmaßnahmen zu ergreifen: bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen und bis 2050 in allen Ökosystemen, die einer Wiederherstellung bedürfen. Zentrale Punkte betreffen die Wiedervernässung entwässerter Moore sowie die Erholung von Bestäuberpopulationen.

Europa und USA wählen

Im Juni stehen Europawahlen an – die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedsstaaten bestimmen in dieser Wahl über die Zusammensetzung des europäischen Parlamentes. In Deutschland werden 96 Europaabgeordnete gewählt, genauso viele wie bei der letzten Europawahl 2019. Für die Linken stellt sich mit Carola Rackete explizit eine Klimaaktivistin als Spitzenkandidatin zur Wahl. Dem Parlament obliegt auch die Wahl einer neuen Kommissionspräsidentin bzw. eines neuen Präsidenten. In den letzten fünf Jahren gingen von Europa viele positive Impulse für die Energiewende und den Klimaschutz aus. Dass diese Politik nahtlos fortgesetzt wird, ist nicht selbstverständlich – vor allem da sich in vielen Ländern deutlich rechtspopulistische Tendenzen abzeichnen.

Auch in den USA wird im kommenden Jahr gewählt. Es besteht die Gefahr, dass Donald Trump nach einer Amtszeit Pause erneut ins Weiße Haus einzieht. Mit einem republikanischen Präsidenten, sei es Trump oder ein anderer Kandidat, drohen schmerzhafte Rückschritte für Klimaschutz in Amerika und weltweit.

Bundesregierung gegen eigenes Klimaschutzgesetz

Die Bundesregierung einigte sich 2023, die im nationalen Klimaschutzgesetz festgelegten Sektorenziele aufzuweichen. Vom Bundestag angenommen wurde die Gesetzesänderung aber noch nicht. Es gilt also das aktuelle Klimaschutzgesetz, das einzelne Sektoren zu wirksamen Sofortmaßnahmen verpflichtet, um die jährlich festgelegten Emissionsminderungen zu erreichen. Ende des Jahres bestätigte dies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und gab damit den Umweltverbänden Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in zwei getrennten Verfahren recht. Für die Sektoren Verkehr und Gebäude müsste deshalb ein Sofortprogramm vorgelegt werden. Verkehrsminister Volker Wissing kündigte an, das Urteil anfechten zu wollen. Relevant werden könnte unter anderen, ob und wann ein neues Klimaschutzgesetz beschlossen wird. Die DUH klagt noch in drei weiteren Verfahren gegen die Bundesregierung für mehr Klimaschutz. Verhandlungen sind für Februar angesetzt. 

Klimaanpassung braucht Geld

Kurz vor Jahresende 2023 hat der Bundesrat das Bundes-Klimaanpassungsgesetz angenommen. Es schafft einen strategischen Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen in Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland. Nun sind die Bundesländer gefordert, Pläne vorzulegen und umzusetzen, die die Auswirkungen und Risiken durch die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Die Finanzierung der Pläne ist bislang noch völlig ungeklärt. Viele Kommunen stehen bereits am Anschlag und erbitten sich Hilfe vom Bund. Im Vorfeld der Abstimmung hatten Mitglieder vom Umweltausschuss des Bundestags darauf hingewiesen und den Vorschlag eingebracht, die Klimaanpassung zu einer „Gemeinschaftsaufgabe für Bund und Länder“ zu machen.

Klimafinanzierung auf der Klimakonferenz

Die Klimakonferenz findet in diesem Jahr erneut in einem OPEC-Staat statt. Auf der COP29 in Aserbaidschan soll im Besonderen über die Ausgestaltung der Klimafinanzierung entschieden werden. Neben Nationalstaaten und der Privatwirtschaft soll auch der Finanzsektor mehr Verantwortung übernehmen. Die Weltbank beriet im vergangenen Jahr erstmals über Reformen bei der Kreditvergabe, die unter anderem Klimaschutz, Klimaanpassung und planetare Grenzen stärker berücksichtigen sollen.

Die Redaktion der energiezukunft: Nicole Allé, Julia Broich, Petra Franke und Manuel Grisard


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