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EU-KommissionNeues Gaspaket in der Kritik

Gaspipeline durchzieht eine hügelige grüne Landschaft
Weitere Gaspipelines drohen die Natur zu durchziehen. Leckagen haben dabei fatale Auswirkungen auf das Klima. (Bild: Mike Benna on Unsplash)

Verschwendung von wertvollem Wasserstoff fürs Heizen und die Möglichkeit diesen mit fossilen Brennstoffen und Atomstrom zu produzieren – Die Kritik an Vorschlägen der EU-Kommission für den künftigen Umgang mit Gas in der EU ist deutlich.

16.12.2021 – Gasmarktregeln der Europäischen Union sind elementar für den gemeinsamen Umgang der europäischen Mitgliedsstaaten mit dem fossilen Brennstoff. Zuletzt im April 2019 hatten die EU-Institutionen eine Überarbeitung der Regeln verabschiedet. Darin wurde unter anderem sichergestellt, dass grenzüberschreitende Gasinfrastrukturprojekte entflechtet und transparent seien müssen. So darf etwa der Betreiber einer Pipeline nicht auch Lieferant des Gases sein. Genau aus diesem Grund kann die Nord Stream 2-Pipeline unter den gegebenen Umständen nicht in Betrieb gehen.

Nun hat die EU-Kommission Vorschläge für eine weitere Überarbeitung der europäischen Gasmarktregeln vorgelegt. Frans Timmermanns, Vize-Präsident der EU-Kommission, sagte bei der Verkündung der Vorschläge am gestrigen Mittwoch: „Europa muss das Blatt wenden und sich ab von fossilen Brennstoffen und hin zu saubereren Energien wenden. Das Bedeutet auch fossiles Gas durch Erneuerbare und kohlenstoffarme Gase, wie Wasserstoff zu ersetzen.“

Lediglich eine Minderung der Treibhausgasemissionen

Die Bezeichnung „kohlenstoffarme Gase“ stößt jedoch auf deutliche Kritik. Denn damit wird auch Wasserstoff der Markteintritt erleichtert, der nicht zu 100 Prozent auf Erneuerbaren Energien beruht. Sogenanntem blauen Wasserstoff, produziert Mittels Erdgas und CO2-Abscheidung, und violetten Wasserstoff, gewonnen aus Atomenergie, stehen damit die Wege offen. Als Einschränkung wird lediglich eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 70 Prozent gegenüber dem Einsatz fossiler Brennstoffe genannt.

Für Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, liest sich das neue Gaspaket wie die vorweihnachtliche Wunschliste der Gasindustrie. „Es wird der Bock zum Gärtner gemacht, wenn die Gaskonzerne selbst über den Ausbau der Gasinfrastruktur entscheiden dürfen“, so Bloss weiter. Tatsächlich sollen Gasnetzbetreiber selbst die Planung der Wasserstoffnetze übernehmen und die Kosten sogar auf die Endkunden umlegen können. Sogar Haushalte und Unternehmen die künftig nicht von der Wasserstoffwirtschaft profitieren, könnten diese durch eine Quersubventionierung mitzahlen.

Fatale Beimischungsquote

Die EU-Kommission schlägt zudem eine Beimischungsquote von fünf Prozent Wasserstoff zum Gasnetz vor. Auch bei diesem Punkt ist die Kritik groß. Denn statt sich auf Technologien wie Wärmepumpen zu fokussieren, wird damit das Heizen mit Gas weiter zementiert. Auch besteht mit der Beimischungsquote die Gefahr, dass das Gemisch für die Industrie unbrauchbar wird. Vielmehr müssten bedarfsabhängig reine Wasserstoffnetze aufgebaut werden, die insbesondere Industriebetriebe mit grünem Wasserstoff versorgen, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH).    

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH kommentiert: „Das Gaspaket ist ein frühes Weihnachtsgeschenk an die Gasindustrie. Sie kann weiter ohne Enddatum ihr fossiles Gas verkaufen und diesem mit der Beimischung von Wasserstoff auch noch ein grünes Mäntelchen umhängen.“ Die Organisation Lobbycontrol weist in einem Tweet daraufhin, dass sich tatsächlich enorm viele deutsche Unternehmen und Verbände an der EU-Konsultation zum neuen Gaspaket beteiligt haben.

Unternehmen, sowie Unternehmens- und Wirtschaftsverbände machen mehr als zwei Drittel der eingegangenen Rückmeldungen zu dem Thema aus. NGOs, Forschungseinrichtungen Verbraucherverbände sowie Bürger:innen machen dagegen zusammen weniger als 10 Prozent der Konsultationen aus. Das Maßnahmenpaket der EU-Kommission enthält auch Vorschläge zur Reduzierung von Methanemissionen, sowie die Energieeffizienz von Gebäuden.

Bezüglich der Methanemissionen kritisiert Jutta Paulus, Grüne und Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, dass die EU-Kommission vorerst nur Methanemissionen aus dem Energiesektor verringern will, obwohl der Löwenanteil des Klimagases auf die Landwirtschaft entfällt. Positiv hingegen sieht sie das Bestreben der EU-Kommission sich verstärkt um Gas-Lecks zu kümmern, durch die klimaschädliches Methan entweicht.

Überwiegend positiv werden indes auch die Vorschläge zur Energieeffizienz von Gebäuden bewertet. Verena Graichen, stellvertretende Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kommentiert: “Die EU will mit energetischen Mindesteffizienzstandards für Gebäude endlich Tempo in die Bewältigung von Klimakrise und Energiearmut bringen. Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene nun dafür stark machen, dass sie rechtskräftig werden.“ Die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament sind jetzt am Zug sich mit den Vorschlägen auseinanderzusetzen. mf


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