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KlimakonferenzFossile Lobbyisten stürmen die COP

Menschen auf dem Weg zu einem Messegelände
Die COP28 findet dieses Jahr in Dubai, in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Eine Entscheidung der asiatisch-pazifischen Gruppe innerhalb der Vereinten Nationen. Jedes Jahr haben andere Ländergruppierungen die Entscheidungsgewalt über den Austragungsort der Klimakonferenzen (Bild: IAEA Imagebank, flickr, CC BY 2.0 Deed)

Sie sind Teil von Länderdelegationen als auch Verbänden, die auf den ersten Blick nicht unbedingt entsprechende Interessen vermuten lassen – Lobbyist:innen der fossilen Industrie, die auf der COP in nie dagewesener Anzahl vertreten sind.

06.12.2023 – Hinter Verbänden wie dem „Clean Ressource Inovation Network“ und dem „World Business Council for Sustainable Development” verbergen sich nicht etwa Interessensvertreter für Klimaschutz, sondern vielmehr Lobbyisten für die fossile Wirtschaft, die mit großer Anzahl auf der laufenden Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten vertreten sind. Das World Business Council for Sustainable Development ist ein Zusammenschluss weltweiter Wirtschaftsschwergewichte, die sich eigenen Angaben nach mit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung befassen. Doch Teil der Organisation sind insbesondere Vertreter:innen der großen Öl- und Gaskonzerne Shell, BP und eni, sowie führende Autokonzerne, wie BMW, Mercedes und Chevron.

Das Clean Ressource Inovation Network ist ein Interessensverband, der sich speziell für fossile wirtschaftliche Interessen kanadischer Unternehmen einsetzt und mit 60 Personen auf der COP ist.  Zudem sind in der kanadischen COP-Delegation selbst 35 Vertreter:innen mit Verbindung zu fossilen Interessen, so eine Analyse der NGO Environmental Defence. Aus der ganzen Welt sind mindestens 2.456 fossile Lobbyist:innen auf der Klimakonferenz in Dubai, so die Analyse einer internationalen Allianz von Klimaschutzorganisationen, wie Greenpeace, Transparency International, Global Witness und dem Climate Action Network. Das sind allein viermal so viele fossile Interessenvertreter:innen wie noch im letzten Jahr auf der COP27 in Ägypten.

Weniger Teilnehmer aus den besonders betroffenen Staaten

Die Allianz, die sich "Kick Big Polluters Out" nennt, weist daraufhin, dass damit mehr fossile Lobbyist:innen vor Ort sind, als die Teilnehmeranzahl der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten: Somalia, Liberia, Sudan, Tschad, Niger, Guinea-Bissau, Mikronesien, Tonga, Eritrea sowie die Solomonen. Die kommen zusammen nur auf 1.509 Delegierte. Insgesamt sind für die COP28 rund 97.000 Teilnehmer:innen registriert, fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr in Ägypten.

Die größte Anzahl an Registrierungen gab das Gastgeberland, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) aus. Ein Land, das bekanntlich seinen Wohlstand auf Öl und Gas aufbaut mit dem Industrieminister der VAE als COP-Präsidenten, der zugleich Chef der staatlichen Ölgesellschaft ADNOC ist. Ein Konzern, der seine Ölproduktion allein bis 2030 um 25 Prozent steigern will und enge Verbindungen zu anderen fossilen Konzernen pflegt. Derzeit prüft ADNOC die Übernahme des deutschen Öl- und Gasförderers Wintershall Dea.

Zudem gibt es viele gemeinsame Projekte, etwa mit dem französischen Unternehmen Total Energies, deren Vertreter:innen auch Teil der offiziellen franzöischen Delegation sind. Für Italien sind Mitarbeiter:innen von eni vor Ort und die Europäische Union hat Personen von BP, Eni und Exxonmobil für die COP registriert. Bereits vor der COP gerieten Informationen an die Öffentlichkeit, dass der COP-Präsident Sultan Ahmed al-Jaber Vorverhandlungen zur COP für fossile Geschäfte nutzte. Es wird befürchtet, dass sich dies auf der COP fortsetzt.

Nur wenig Gehör für Indigene

Laut dem Bündnis Kick Big Polluters Out, sind rund acht Mal so viele Vertreter:innen  fossiler Interessen vertreten, wie von Indigenen Stämmen, die nachweislich dafür sorgen, dass ihre Umwelt, wie etwa der Amazonas Regenwald geschützt wird und damit einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Angesichts dieses Missstandes sagt Brenna Two Bears, Koordinatorin des Indigenous Environmental Network: „Es ist klar, dass diese COP nicht dazu beitragen wird, wirklich etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. Hier wird lediglich auf falsche Lösungen gesetzt, wie CO2-Zertifikate, die am Ende auf weiter steigenden CO2-Emissionen aufbauen.“ Wie Unternehmen mit CO2-Zertifikaten für vermeintliche Waldschutzprojekte Greenwashing betreiben, wurde wiederholt offengelegt, zuletzt wieder mit einer investigativen Recherche von ZDF-Frontal.

Angesichts der eskalierenden weltweiten Klimakrise wollen viele Aktivist:innen und Politiker:innen einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien vorantreiben. Die deutsche Delegation hat sich zumindest offiziell dazu bekannt, dies in der Abschlusserklärung der COP festschreiben zu wollen. Doch diesem Ziel steht eine Heerschar fossiler Lobbyist:innen gegenüber, die es auch bei den letzten Klimakonferenzen schafften aus einem Kohleausstieg – einem phase-out – ein phase down – ein runterfahren zu machen. Ein Standpunkt zu Öl und Gas wurde gleich ganz ausgeschlossen. Das Bündnis warnt, dass die 2.456 ermittelten fossilen Lobbyisten nur die Spitze des Eisbergs seien könnten. So viele konnten sie offiziellen Bezeichnungen und Listen entnehmen. Viele weitere könnten unbemerkt für ihre fossilen Geldgeber, die Agenda der COP beeinflussen. mg


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