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RohstoffeMit tiefer Geothermie Lithium im Oberrheingraben fördern

Förderbohrung und Reinjektionsbohrung des GKW Landau. Blau in der Mitte die Förderbohrung mit der Gestängetiefpumpe, rechts rot die Reinjektionsbohrung, hinten Mitte das Pumpenhaus für die Reinjektion, links ein Teil der Trockenkühlung
Mit Hilfe von tiefer Geothermie kann nicht nur erneuerbare Energie, sondern in einigen Fällen auch dauerhaft und nachhaltig Lithium gefördert werden (Bild: own work - Claus Ableiter / CC BY-SA 3.0 / via Wikimedia commons).

Geothermie ist eine wertvolle Erneuerbare Energiequelle. Die Tiefenbohrungen könnten in einigen Fällen auch zur Lithiumförderung genutzt werden. Das Potenzial in Deutschland ist groß, die Bedingungen nachhaltig und umweltfreundlich.

13.09.2023 – Im Oberrheingraben könnten mit bestehenden Geothermiebohrungen über Jahrzehnte erhebliche Mengen an Lithium gefördert werden. Das zeigt eine Datenanalyse von Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

„Wir wussten bereits, dass die Geothermie uns über Jahrzehnte grundlastfähige, erneuerbare Energie liefern kann. Unsere Studie zeigt nun, dass ein einziges Kraftwerk im Oberrheingraben zusätzlich bis zu drei Prozent des jährlichen deutschen Lithiumbedarfs decken könnte“, sagt Thomas Kohl, der die Forschung als Professor für Geothermie und Reservoir-Technologie am KIT leitet.

Weißes Gold

Lithium gehört zu den Rohstoffen, deren Nachfrage seit Jahren steigt und noch weiter in die Höhe schnellen wird. Grund ist, dass das Leichtmetall für die Energiewende gebraucht wird, vor allem für die Produktion von Batterien. Die Internationale Energieagentur prognostizierte 2021, dass der Lithiumbedarf um rund 90 Prozent steigen werde.

Die Europäische Union plant, die Produktion mehrerer für die grüne Wende kritischer Rohstoffe verstärkt zu fördern. Auch Lithium soll in Zukunft einem ersten Gesetzesentwurf nach bis 2030 zu rund 10 Prozent innerhalb der EU gefördert werden. Europa produziert bisher nur rund ein Prozent des weltweit geförderten Lithiums, der Großteil wird aus Chile und Australien importiert.

Jüngere Förderprojekte für Lithium in Serbien und Portugal stießen allerdings auf erheblichen Widerstand der Zivilgesellschaft vor Ort. Hintergrund ist die schmutzige Geschichte des Bergbaus, der häufig Land und Wasser im Umland verschmutzte und zerstörte. Ob strengere, nachhaltige Auflagen für die Primärförderung an- und umgesetzt werden, hängt vor allem von der Politik ab.

Lithium über Geothermie gewinnen

Bereits seit einigen Jahren wird in Explorationsprojekten das Lithiumvorkommen im Thermalwasser des Oberrheingrabens untersucht. Angedacht ist hier kein klassischer Bergbau, sondern die Förderung von Lithium im Rahmen bestehender Tiefengeothermie-Projekte. Von tiefer Geothermie wird gesprochen, wenn Bohrungen mehr als 400 Meter Tiefe haben. Der zwischen Mannheim und Basel liegende Oberrheingraben gilt als besonders geeignet für tiefe Erdwärmebohrungen.

„Theoretisch könnten bestehende Geothermiekraftwerke im Oberrheingraben und im Norddeutschen Becken zwischen zwei und zwölf Prozent des jährlichen Lithiumbedarfs in Deutschland decken“, sagt Valentin Goldberg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. Wie effizient diese über gefördert werden könnten, blieb jedoch lange unklar. Die Abbaumethode sei neu und bestehende Modelle schienen ungeeignet, um Mengen und Zeiträume einer Förderung abzuschätzen, berichtete ein Team des KIT in einem Überblick zum Thema im vergangenen Jahr.

Eine Lithiumförderung aus Geothermie in Europa könnte gleich mehrere Probleme auf einmal lösen. Tiefengeothermie-Projekte liefern primär erneuerbare Wärme und Strom, Lithium würde sozusagen als Nebenprodukt des Prozesses abfallen. Die Technologie ist umweltfreundlich und wird von Experten als größtenteils ökologisch unbedenklich eingestuft. Transportwege und damit CO2-Emissionen könnten ebenso reduziert werden wie die Importabhängigkeit bei dem begehrten Leichtmetall.

Den Schatz im Rheingraben heben

In einer umfassenden Datenanalyse untersuchten die Forscher nun, welche Fördermengen über welchen Zeitraum zu erwarten seien. „Das im Wasser gelöste Lithium kommt in einem weitverzweigten Netzwerk aus Klüften und Hohlräumen im Gestein vor. Es ist aber nur punktuell über einzelne Bohrungen zugänglich“, erklärt Fabian Nitschke vom AGW. Welche Mengen gefördert werden können, hänge deshalb von der Wassermenge ab, die über die Bohrungen hydraulisch erschlossen werden können.

Zu den Kriterien gehört, wie viel Wasser gefördert werden könne, wie hoch der Lithiumgehalt dieses Wassers sei sowie wie viel davon pro Zeiteinheit extrahiert werde. Weiterhin gelte es zu beachten, dass der Lithiumgehalt über die Jahre abnehme, da das lithiumarme Wasser an gleicher Stelle wieder in die Erde gepumpt werde.

Die Modellierung des KIT zeigt, dass über Jahrzehnte relevante Mengen an Lithium am Oberrheingraben nachhaltig gefördert werden könnten. Die Verdünnung führt den Ergebnissen zufolge zu einer Abnahme der Lithiumkonzentration von 30 bis 50 Prozent über 30 Jahre, bleibt danach jedoch annähernd konstant. „Das ist auf das offene Kluftsystem zurückzuführen, das kontinuierlich frisches Tiefenwasser aus anderen Richtungen nachliefert“, erklärt Nitschke. Ähnlich verhalte es sich beispielsweise bei der Erzförderung. Im nächsten Schritt wird nun untersucht, wie die Technologie wirtschaftlich ein- und umgesetzt werden kann. jb


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