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Monsanto-ÜbernahmeAnleger verklagen Bayer auf Schadensersatz

Leverkusen, Blick auf eine Strasse: Bayer - Science for a better life
Mit der Monsanto-Übernahme hat sich Bayer verzockt. Nun gehen auch die Investoren vor Gericht. (Bild: Michielverbeek / CC BY-SA 4.0)

Monsanto bereitet Bayer erneut Probleme: Neben tausenden Klagen von Glyphosat-Nutzern in den USA gehen nun auch die eigenen Anleger in Deutschland vor Gericht. Bayer habe nicht ausreichend über die Risiken der Monsanto-Übernahme informiert.

07.01.2022 – Anleger des Chemieriesen Bayer verklagen das Unternehmen auf Schadensersatz. Sie seien über die Risiken der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto getäuscht worden. Für den Wertverlust der seit der Übernahme um 40 Prozent gefallenen Bayer-Aktien fordern sie deshalb Kompensation.

Seit Bayer Monsanto 2018 für ca. 63 Milliarden US-Dollar übernommen hat, werden immer mehr anhängliche Gerichtsverfahren gegen den Chemiekonzern bekannt. Monsanto hatte bereits vor der Übernahme einen zweifelhaften Ruf. Grund dafür war vor allem das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das unter dem Namen Roundup lange Monsantos Verkaufsschlager war. Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein.

Anleger sehen sich getäuscht

Nun rollt eine weitere Klagewelle an, diesmal in Deutschland und aus den eigenen Reihen. Sie werfen dem Unternehmen vor, Investoren nicht ausreichend über das Ausmaß der Risiken der Übernahme informiert zu haben.

Bereits im Juli 2020 reichte die Anwaltskanzlei Tilp eine sogenannte Pilotklage eines britischen Investors gegen Bayer wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformationen ein. Ziel war ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), bei dem nur ein Verfahren geführt wird, dessen Urteil für alle Kläger bindend ist. Die KapMuG gilt für Investoren, die zwischen dem 14. September 2016 und dem 19. März 2019 Bayer-Aktien erworben haben. Der Zeitraum umspannt die erste Bekanntgabe der Monsanto-Übernahme bis zur zweiten Niederlage Bayers vor Gericht bei einem entscheidenden Rechtsstreit um Monsanto. Mitte Dezember 2021 teilte Tilp nun mit, dass das Landgericht Köln dem Antrag stattgegeben hat. Tilp vertritt nach eigenen Angaben 250 institutionelle Investoren sowie zahlreiche Privatanleger. Das Gesamtvolumen der Klagen betrage über eine Milliarde Euro.

Der Unmut der Investoren über den katastrophalen Wertverlust ist offensichtlich. Bereits 2019 stimmte die Aktionärsversammlung gegen die Entlastung von Bayers Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann. Der Bayer-Chef war maßgeblich an der Übernahme von Monsanto beteiligt. Er wurde damit zum ersten Chef eines DAX-Unternehmens, dem im Amt von den Aktionären das Vertrauen entzogen wurde.

Schmerzensgeld in Milliardenhöhe

Die Kosten der Übernahme steigen derweil immer weiter an. Zahlreiche Krebspatienten klagten in den vergangenen Jahren in den USA gegen Monsanto. Bereits kurz nach der Übernahme durch Bayer 2018 verurteilte ein Gericht in San Francisco den Konzern erstmals zu Straf- und Schmerzensgeld in Höhe von 289 Millionen Dollar. 2019 folgte eine weitere gerichtliche Niederlage. In seinem Urteil stellte das zuständige US-Gericht die maßgebliche Mitschuld des Herbizids an der Krebserkrankung des Klägers fest. Von drei Verfahren verlor Bayer alle in erster Instanz und zwei in zweiter. Insgesamt wurden in den USA etwa 125.000 Klagen gegen Monsanto eingereicht. Für die Beilegung von 96.000 davon zahlte Bayer bereits 9,6 Milliarden Dollar an Vergleichen. Die damit verbundenen hohen Rückstellungen führten für Bayer zu einem Jahresverlust von über 10 Milliarden Euro im Jahr 2020.

Bayer befand sich zudem in Vergleichsverhandlungen mit einem Großteil der übrigen Kläger. Diese wurden jedoch Mitte 2021 vom zuständigen US-Gericht gestoppt. Bayer reichte daraufhin beim Supreme-Court eine Revision des 2019 verhängten Urteils ein. Das Unternehmen erhofft sich ein positives Urteil von höchster Instanz, um die Rechtsstreitigkeiten zu beenden. Sollte das oberste US-Gericht zugunsten der Kläger entscheiden oder den Fall nicht annehmen, wird es für Bayer wohl teuer. Um weitere Klagen zu verhindern, will Bayer Roundup ab 2023 nicht mehr an Privatkunden in den USA verkaufen.

Glyphosat ist auf beiden Seiten des Atlantiks umstritten

Glyphosat wurde schon in vielen Studien untersucht, doch es herrscht Uneinigkeit über mögliche Risiken und gesundheitliche Folgen des Herbizids. Prüfbehörden der EU und die US-Umweltbehörde EPA stuften Glyphosat bisher nicht als gesundheitsgefährdend ein. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation bewertete hingegen 2015 das Herbizid als „wahrscheinlich krebserregend“.

In der EU wird seit Jahren über mögliche Gefahren von Glyphosat gestritten. Es wurden mehrere Studien veröffentlicht, die jeweils eine Gefährdung oder Nicht-Gefährdung beweisen sollten. 2017 wurde Glyphosat nur deshalb wieder zugelassen, weil der damalige CSU-Agrarminister Schmidt im Alleingang Deutschlands Stimme nutzte, um für das Pflanzengift zu stimmen.

Laut einer Studie vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) von 2017 müsste das Totalherbizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft werden. Auch das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) und das Umweltinstitut München sehen eine Gefährdung. Eine Studie des Umweltbundesamts hatte bereits im Vorjahr gezeigt, dass sich Glyphosat im menschlichen Körper anreichert. Das Herbizid konnte auch in Lebensmitteln wie Bier und Honig nachgewiesen werden und bedroht die Biodiversität.

Die Zulassung von Glyphosat in der EU läuft Ende 2022 aus. Ob das Herbizid erneut zugelassen wird, wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) noch geprüft. Nach einer vorläufigen Beurteilung der Assessment Group on Glyphosate (AGG), könnte das Herbizid grundsätzlich auf dem Markt bleiben. Sie stützt sich allerdings hauptsächlich auf ein Informationsdossier der Antragsteller. In Deutschland darf es ab 2024 nicht mehr eingesetzt werden. jb


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