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10 Jahre Bündnis BürgerenergieEhrenamtlich im Dienst der Energiewende

Menschen auf Flachdach mit PV-Anlage
Ennepetal-Röthelteich: In Mitmach-Aktionen beteiligen sich Genossenschaftsmitglieder auf geeigneten Flachdächern an der Montage von Solaranlagen. (Foto: BEG-58 e.G.)

Seit über zehn Jahren errichtet die BEG-58 solare Dachanlagen auf Schulen und Mehrfamilien-Häusern. Das kooperative Netz der Genossenschaft spannt sich inzwischen weit über Hagen, den Gründungsort hinaus. Bald wird der erste Solarpark gebaut.

12.03.2024 – Ohne Bürgerenergie keine Energiewende, davon sind viele Menschen in Deutschland überzeugt. Sie schließen sich in Energiegenossenschaften zusammen, nehmen ihr Geld in die Hand und bauen Erneuerbare-Energien-Anlagen. In diesem Genossenschaftsporträt stellen wir eine der ältesten Bürgerenergiegenossenschaften vor. Es geht um die BEG-58, deren Keimzelle in Hagen lag. BEG steht für Bürgerenergiegenossenschaft und die 58 sind die ersten beiden Ziffern des Postleitzahlen-Gebietes.

2010 fanden sich die Gründungsmitglieder zusammen, die aus dem Umfeld der Agenda 21-Aktiven in und um Hagen kamen. Es war der ganzheitliche Blickwinkel, der diese Menschen antrieb und dem sie in Form von genossenschaftlichen Energieerzeugungsanlagen eine weitere Facette hinzufügen wollten.

„Damals war die Welt für Bürgerenergiegenossenschaften noch relativ in Ordnung“, berichtet Beate Petersen. Sie engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich, leidenschaftlich und mit großer Kompetenz für die Bürgerenergie. Die Diplom-Finanzwirtin ist seit 2019 Aufsichtsratsvorsitzende der BEG-58, gleichzeitig ebenfalls Aufsichtsrätin für das Bündnis Bürgerenergie und war zuvor sieben Jahre Sprecherin für den Beirat im Bündnis.  Als echte Aktivistin mischt Petersen in weiteren ehrenamtlichen Gremien rund um die Energiewende mit.

Komplexe Aufgaben im Ehrenamt

Rund um den damaligen Vorstand Rolf Weber fanden sich aus den klimabewegten Nichtregierungs-Organisationen 12 Personen, die die BEG-58 an den Start brachten. Weber hängte für den Vorstandsposten der Genossenschaft seinen Job an den Nagel und wurde Vollzeit-Ehrenamtler. „Das hat natürlich viel geholfen“, wie Petersen berichtet. Dennoch, bei der BEG-58 sind auch heute noch alle Gremienmitglieder ehrenamtlich tätig. Inzwischen wurde der Staffelstab übergeben, die Arbeit von Weber auf mehrere neue Schultern verteilt.

Seit den Anfängen realisiert die BEG-58 Photovoltaikanlagen: mittelgroße Anlagen auf Schuldächern und Mehrfamilienhäusern – in enger Kooperation mit Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften. In den Anfängen wurden alle Anlagen mit Volleinspeisung realisiert. „Das hat sich gerechnet, die BEG-58 hat sofort mit Bauen losgelegt, das Geld für die Anlagen aufzutreiben, war nie ein Problem“, wie Petersen betont. „Bürgerenergie einfach machen – sollte auch heute wieder gelten.“

Gemeinwohl im Blick

Petersen war damals einfaches Mitglied, wurde aber schon bald angesprochen, sich aktiv mit einzubringen: Als Diplom-Finanzwirtin könne sie doch Bilanzen lesen, so die Anfrage. Man wolle eine Gemeinwohlbilanz für die Genossenschaft erstellen, den Gedanken der Genossenschaft und die Art des kooperativen Wirtschaftens noch nachdrücklicher öffentlich zeigen. Gesagt, getan, die Genossen und Genossinnen fuchsten sich in das Thema ein und erstellten ihre erste Gemeinwohlbilanz.

Nachhaltigkeit und Erträge auf die eingebrachten Genossenschaftsanteile unter einen Hut zu bringen, ist ein Kernanliegen der BEG-58. In den Anfangsjahren wurden vor allem Module aus Deutschland verbaut. Mit sinkenden Einspeisevergütungen war das nicht mehr 100-prozentig durchzuhalten. Dennoch wird hingeschaut, welche Komponenten gekauft werden und öffentlich zugängliche Informationen zu den Herstellern ausgewertet. Was auf der Kostenseite ebenfalls hilft, ist das gemeinschaftlich organisierte Monitoring der Anlagen. Ein Mitglied hatte die Idee dazu und die Kompetenz, dafür eine gute IT-Lösung, den Solar-Watcher, aufzusetzen und andere Mitglieder aktiv mit einzubeziehen.

Wirtschaftlich und nachhaltig – beides zusammen

Per Mitmach-PV bauen interessierte BEG-58 Mitglieder gemeinsam PV-Anlagen auf Flachdächern. Solar-Inspektor:innen, ebenfalls aus dem Kreis der Mitglieder, kümmern sich um die Instandhaltung. Beide Aktivitäten dienen gleichermaßen dem Gemeinschaftsgedanken, haben aber auch willkommene Effekte auf die Mitgliederzahlen und Wirtschaftlichkeit. Als 2022 ein Wechsel in die Direktvermarktung mit Marktprämienmodell möglich wurde, ergriffen die Genossenschaftler:innen die Gelegenheit beim Schopf, rüsteten über 20 PV-Anlagen um und profitieren wirtschaftlich davon. Jetzt fließen wieder mehr Gewinne aus dem Anlagenbetrieb, die aber nicht vollständig ausgeschüttet werden. Neben den Ausschüttungen wird ein Teil in weitere PV-Anlagen investiert. Außerdem hat die BEG-58- Generalversammlung beschlossen, einen fünfstelligen Betrag zum Kauf von Balkonmodulen an selbstbetriebene Kindertagesstätten im Umfeld von Hagen zu nutzen und die Module an diese zu verschenken.

Nach Gründung einer bundesweiten BürgerEnergie-Stiftung betritt die Genossenschaft aktuell wieder Neuland – der erste BEG-58 Freiflächen-Solarpark ist in Planung. Es gilt, andere rechtliche Fragen zu durchdringen, anders zu planen und zu wirtschaften.  Auch die Größenordnung der Finanzierung ist eine andere.

Die Genossenschaft ist bunt

Rund 720 Mitglieder hat die Genossenschaft. Sie kommen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Das Thema Nachhaltigkeit spielte in der Gründungsphase die Hauptrolle. Später kamen einige – im Verhältnis eher wenige – Mitglieder dazu, die in Zeiten niedriger Zinsen die genossenschaftlichen Erneuerbaren-Anlagen als gute Geldanlage ansahen. Ein großer und beständiger Zustrom kommt von Menschen, die vor allem die Mitmach-Geschichte, die Teilhabe, interessiert. „In Bezug auf junge Menschen ist noch Luft nach oben“, spricht Peter Modrei, der den Vorstandssprecher-Staffelstab von Rolf Weber übernommen hat, ein Thema der Bürgerenergieszene an. Aber auch hier tue sich etwas. Aus einschlägigen Studiengängen finden sich immer wieder Interessierte, die sich der Genossenschaft anschließen.

139 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als fünf Megawatt hat die Genossenschaft inzwischen errichtet. Räumlich ist sie über Hagen hinaus aktiv geworden, bis nach Witten, Schwelm und Hattingen, Iserlohn, Bochum hat sie ihr Netz ausgeweitet.

Die Breitenwirkung der Genossenschaft realisiert sich vor allem bei den neu geschaffenen Informationsangeboten zu Balkonsolar. Ein relativ junges Pflänzchen, dem sich die Genossenschaft aber mit Hingabe widmet. Seit letztem Jahr gibt es auf Initiative von Petersen zudem einen Genderbeirat. Es geht vor allem um Sensibilisierung, wie sie sagt, da sich einfach noch zu wenige Frauen in Gremien engagieren.

Im Sinne der Gemeinwohl-Ökonomie ist die Genossenschaft in alle Richtungen kooperativ unterwegs. Man rede mit allen und beschnuppere sich. Schade sei es laut Petersen, dass mit den kommunalen Energieversorgern bzw. Stadtwerken, die eigentlich die natürlichen Partner der Genossenschaften sein sollten, hier regional noch keine geschäftliche Kooperation bestehe.

Bei der Vianova, einer neugegründeten Elektromobilitäts-Dach-Genossenschaft, war die BEG-58 Gründungsmitglied, auch dem Bündnis Bürgerenergie e.V. gehört die BEG-58 seit langem an.

Forderungen an die Politik

Von der Politik wünscht sich Petersen ganz konkrete Maßnahmen für die Bürgerenergie – und dafür ist das Bündnis eine wichtige Stimme: „Zunächst Balkonkraftwerke erleichtern, alle Hürden aus dem Weg schaffen.“ Als zweiten Punkt nennt sie das Energy Sharing: „Es ist ein Unding, dass für die Stromlieferung über das Niederspannungsnetz mit einem Lieferweg von gerade mal 5 Metern genau die gleichen Gebühren anfallen, wie für einen Lieferweg von 500 Kilometern.“

Drittens gehörten Ausschreibungen für BEGs abgeschafft. „Die Ausnahmen für Bürgergesellschafften bei den PV-Freiflächen-Ausschreibungen sind ein Witz. Danach können diese nur alle 3 Jahre eine PV-Freifläche bauen, obwohl sie überwiegend regional unterwegs sind und nicht deutschlandweit auf Flächensuche“, argumentiert Petersen. Zudem dürfen sie, falls sie die Ausnahme von den Ausschreibungen in Anspruch genommen haben, sich auch erst nach 3 Jahren selbst an einer Ausschreibung beteiligen. So gehe es in den weniger sonnenverwöhnten Bundesländern nicht voran mit der Photovoltaik. Hinzu kommen teure Stromleitungen vom Norden in den Süden.

Und noch etwas findet Petersen vor allem gesamtwirtschaftlich von Nutzen: Eine Kombikraftwerksvergütung, wie sie die Energy Watch Group vorgeschlagen hat. Dahinter steckt die Idee, jeden Beitrag zur Energiewende zu vergüten – alles, was die Systemstabilität stärkt, die Netze entlastet, Erneuerbare Energien fördert.

„Vertraut endlich den Menschen vor Ort und gebt Ihnen reelle Chancen, die Energiewende mit nach vorne zu bringen.“ So bringt es der Ehrenvorstand Rolf Weber auf den Punkt. Petra Franke

 

Dieses Genossenschaftsporträt ist Teil einer Reihe zum 10-jährigen Bestehen des Bündnis Bürgerenergie BBEn. Hier geht es zu weiteren Geschichten rund um die Bürgerenergie.

BENG eG - Beteiligung nach dem Kirchturmprinzip

Gennossenschaft mit Willenskraft - EGIS eG


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Schlott Siegfried 13.03.2024, 08:35:17

Sehr geehrte Damen und herren,

ich bitte um Mitteilung, ob für realisierte PV-Dachanlagen in Abhänggkeit der PV-Fläche oder des kWp-Wertes Stromertragsmesswerte für 8760 Stunden im Jahr in kWh/m² und/oder kWh/kWp in einer freien Exceltabelle vorliegen. Wenn ja, kann ich diese bekomme?

Ich bitte um Rückinfo.

VG

S. Schlott

Peter Modrei 22.03.2024, 18:36:55

+15 Gut

In dieser Granularität sind leider keine Messwerte vorhanden

wayne 15.03.2024, 11:36:10

Ich hoffe, die Damen und Herren auf dem Dach waren gesichert und sind heil wieder runtergekommen. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie mit PSA an den Sicherungsseilen gesichert sind.

Das ist äußerst fahrlässig.

Peter Modrei 22.03.2024, 18:42:14

Herzlichen Dank für Ihren konstruktiven Hinweis.

Wir haben zuvor eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und dann geeignete organisatorische Massnahmen getroffen um das Risiko auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.


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