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AusbauflauteIn der Windindustrie gehen tausende Stellen verloren

Montage eines Windrads auf grüner Wiese, im Hintergrund zwei fertige Windräder
Montage eines Windparks in Schleswig-Holstein. (Foto: © BWE/Tim Riediger)

Weniger neue Windräder, wegfallende Aufträge und Werksschließungen. Seit Anfang 2017 sind tausende Arbeitsplätze in der deutschen Windindustrie verloren gegangen. Die Branche hofft, dass die Bundesregierung endlich ihre Versprechungen einlöst.

17.07.2018 – Mindestens 2.000 Arbeitsplätze sind seit Anfang vergangenen Jahres verloren gegangen, die Stimmung bei den Beschäftigten sei „extrem angespannt“, berichtet die IG Metall Küste. Sie hat ihre Betriebsräte der Branche befragt und das schlechteste Ergebnis seit dem Beginn der Befragung vor vier Jahren erhalten. 65 Prozent erwarten eine negative Marktentwicklung, in fast 40 Prozent der Unternehmen wird es wohl bis zum Jahresende zu einem Personalabbau kommen. Werksschließungen gab es bereits bei Senvion in Husum, Powerblades in Bremerhaven und Carbon Rotec in Lemwerder bei Bremen.

Trübe Aussichten also und das sind lediglich die Unternehmen, die über Betriebsräte verfügen. Es sei nur die Spitze des Eisbergs sichtbar, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverband Windenergie (BWE). Der Grund für die Misere ist schnell gefunden: Durch die Umstellung des Fördersystems von fester Einspeisevergütung auf Ausschreibungen hat sich der Bau neuer Windkraftanlagen verlangsamt. Obwohl für den Klimaschutz deutlich mehr Windräder notwendig sind.

Kaum Planungssicherheit

Ein deutlich verringertes Marktvolumen nennen das die Experten, man könnte auch sagen: Weil die Bundesregierung die Förderung geändert hat, werden weniger Anlagen gebaut und folglich weniger Windräder bestellt. Zudem wurde die Branche durch viele Änderungen innerhalb kürzester Zeit aufgeschreckt, es gibt kaum Planungssicherheit, weshalb sich viele Unternehmen mit Investitionen zurückhalten. Bei einer Planungszeit von mehreren Jahren bis ein Windrad endlich Strom produziert, benötigen Projektierer, Hersteller und Betreiber sichere Rahmenbedingungen.

Derzeit kann man beobachten, was passiert, wenn die Politik ständig neue Regelungen erlässt und Fördersysteme ändert sowie ihre Versprechungen nicht einlöst: Die Branche ist verunsichert und eine „Auftragsdelle“ führt zu Entlassungen. Um die selbstgemachte Flaute abzufedern und die Klimaschutzlücke zu schließen, hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag Sonderausschreibungen für Wind- und Solarenergie vereinbart. Je 2.000 Megawatt neue Windleistung sollen 2019 und 2020 ausgeschrieben werden.

Union blockiert

Bislang blockiert die Union mit Verweis auf überlastete Stromnetze die Umsetzung und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigt wenige Ambitionen daran etwas zu ändern. Das versprochene 100-Tage-Gesetz zur Novellierung des EEG und damit zur Einführung der Sonderausschreibungen liegt auf Eis.

Die Windbranche zeigt sich dennoch kämpferisch und erinnert die Bundesregierung an ihre Zusagen. Falls nach der Sommerpause das Gesetz auf den Weg gebracht würde, könnte der negative Trend noch gestoppt werden, schätzt Axthelm. Die Große Koalition müsse zudem konkretisieren, wie sie ihr Ziel von 65 Prozent Erneuerbare Energien am Stromverbrauch bis 2030 erreichen wolle. Auch deshalb müsse die Windenergie deutlich stärker ausgebaut werden als es derzeit geschehe, sagt der BWE-Geschäftsführer. cw


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Rudolf Koenig 17.07.2018, 06:53:58

+615 Gut Antworten

Der Stellenverlust ist doch ganz normal, warum die Aufregung?

Wer sich auf ein subventioniertes Geschäft verläßt, das gilt sowohl für Unternehmer als für Arbeistnehmer, braucht bei einer Veränderung der Subventionslandschaft die Flexibilität zur Veränderung. Das muß man langfristig mit einplanen. Undi die Veränderungen kamen nicht über Nacht.

Rudolf Koenig

Florian 18.07.2018, 05:59:50

+600 Gut Antworten

Schade das mal wieder eine Zukunftstechnologie in der Deutschland recht weit vorne mit dabei ist ausgebremst wird. Bei der Photovoltaik ist das bereits geschehen, die Zellen- und Modulfertigung findet nun vorwiegend in Asien statt und das in immer größeren Volumen. Auch bei den Wechselrichtern ist nur noch ein deutscher Hersteller unter den Top Ten Herstellern weltweit zu finden, die Spitze hat ein Chinesischer Konzern der auch Smartphones herstellt übernommen. Von der Batterie Zellenfertigung will ich gar nicht reden, hier ist Deutschland bisher zwar in der Grundlagen Forschung gut schafft aber keine signifikante Serienfertigung zu etablieren. Zurück zu den Windkaftanlagen, in der Tat verhindern etliche Änderungen des EEG und die Umstellung auf Ausschreibungen sowie immer größere Anforderungen hinsichtlich der Genehmigungen auch mit oftmals unklaren Anforderungen und in den Bundesländern unterschiedlichen Auflagen erfolgreich den weiteren schnellen Ausbau. Bei Projekt deren Vorbereitung mit Langzeit Windmessungen, Gutachten und Anhörungen oft über viele Jahre geht können zwischenzeitliche Gesetzesänderungen manchmal das schnelle Aus und für den Projektierer eine großen Verlust fünf oder sechsstelliger Summen die allein für die Voruntersuchungen benötigt werden bedeuten. Kein Wunder das viele Projekte verworfen oder nicht mehr angegangen werden. Perspektiven für die Windkraft Industrie gibt es aber trotzdem, Repowering also das Ersetzen älterer Anlagen durch neue noch leidtungsstärkere, leisere und effizientere, Export so kommen größere Aufträge aus dem Ausland wie aus Brasilien, Kombination mit Speichern wie bereits Pilotprojekte in Gaildorf und anderswo in Kombination mit Wasserkraft Batterie oder Power2Gas. Ebenso sollte auch die Offshore Windkraft Branche langsam etwas mehr in Fahrt kommen. Hoffentlich kann eine signifikante Windkraft Industrie in Deutschland und Europa erhalten werden bis auch hier wieder signifikanter Bedarf entsteht.

M Sollberger 27.07.2018, 13:52:01

+742 Gut Antworten

Haben wir denn nicht durch die Photovoltaik gelernt, dass ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien keineswegs Sinn ergibt, solange die Netz- und Speicherinfrastruktur nicht im gleichen Masse gefördert wird?

 

Weiss jemand, ob Investitionen in der Röhre stehen, um den Windstrom in den Süden oder zur Speicherung nach Skandinavien zu transportieren? Die Lösung dieser dringenden Fragestellung dauert meines Erachtens nach viel zu lange! Wie die Methanisierung (P2G) funktioniert, wissen wir bereits, so könnte man z.B. damit Haushalte heizen und eher Kohlekraftwerke schliessen, wleche meist nurnoch der Abwärme wegen nicht in Konkurs gehen.


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