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Offshore-WindkraftKein Dauerfeuer der Windenergie in Küstennähe mehr

Ein Kran fährt an einem Windrad hoch
Umrüstung einer Offshore-Anlage im Windpark Butendiek: Kein Dauerleuchten mehr (Bild: Dierk Jensen)

Erst gab es einen großen Aufschrei, doch nun ziehen wohl alle Akteure mit: Küstennahe Offshore-Windenergieanlagen werden in deutschen Gewässern in Zukunft nur noch dann leuchten, wenn sich Luftobjekte nähern.

22.05.2023 – Urlauber, die sich im Sommer 2024 auf dem Darß oder auf der Insel Rügen einquartieren werden, können sich schon jetzt freuen: Die Offshore-Anlagen, die sich im Küstenmeer, also in der 12-Seemeilen- und in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Ostsee befinden, werden in den Nachtstunden nicht mehr nervig rot aufleuchten. Sie werden nur noch dann warnend blinken, wenn sich ein Flugobjekt den Windenergieanlagen nähert. Dies ist der gesetzlichen Pflicht (Paragraf 9 Absatz 8 im EEG) einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) zu verdanken, die mit der Frist bis Ende 2023 in allen bestehenden und noch kommenden Windparks innerhalb der deutschen Ostsee installiert sein muss.

Diese Vorschrift gilt ebenso für Offshore-Anlagen in der Nordsee, allerdings nicht für die weit von der Küste entfernt liegenden Parks, weit draußen auf Meer, sondern nur für diejenigen, die sich in der 12-Seemeilen- bzw. in der Zone 1 des Offshore-Netzentwicklungsplans (siehe Karte) der AWZ befinden. Während nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Nordsee zum Stichtag 1.1.2024 insgesamt Anlagen mit einer Kapazität von 3874,4 MW umgerüstet sein müssen, sind es in der Ostsee 1001,5 MW.

„Wir sind mit der Umrüstung unserer Anlagen in unseren beiden Ostsee-Windparks Baltic 1 und Baltic 2 gut im Zeitplan“, unterrichtet Miriam Teig, Pressesprecherin vom Betreiber EnBW Baden-Württemberg AG auf Anfrage. „Generell halten wir für alle Standorte an Land aber auch eine Bedarfsgerechte Befeuerung an küstennahen Standorten für sinnvoll. Wichtig war es uns, dass die Transponder-Technik eingesetzt werden kann und nicht nur die sehr teure Radarlösung“, so Teige weiter. Aber auch die Transponder-Technik ist bei Weitem nicht umsonst zu haben: Betreiber EnBW muss beispielsweise knapp 2,5 Millionen Euro berappen, um die Lichtverschmutzung an ihren Standorten in der Ostsee zu reduzieren.

Aber es sei eine wichtige Investition in eine größere Akzeptanz in den Küstenregionen. „Wir machen mit der Umrüstung das Richtige“, unterstreicht denn auch Dr. Matthias Wehkamp, Geschäftsstellenleiter der Stiftung Offshore-Windenergie. Allerdings bezweifelt er, dass tatsächlich bis zum Ende des Jahres auf allen betroffenen Offshore-Anlagen die Umrüstung vollbracht sein wird. Sein Eindruck ist, dass es an vielen Stellen an Manpower fehle und auch die Genehmigungsprozesse ihre Zeit in Anspruch nehmen. Das beurteilt man in den Reihen des BSH anders. „Wir gehen fest davon aus, dass alle Betreiber der gesetzlichen Verpflichtung fristgerecht nachkommen werden“, so Jeannette Edler, die für das Thema Nachkennzeichnung beim BSH zuständig ist. Edler verzeichnet, dass sich nach anfänglichem Aufschrei in der Offshore-Branche mittlerweile die Überzeugung durchgesetzt hat, dass die gesetzliche Vorgabe letztlich die Akzeptanz erhöhe. Wenn es zusätzlich der Vogelwelt diene, umso besser.  

So wird die deutsche Offshore-Branche, ob nun mit Verspätung oder doch rechtzeitig, die Umrüstung durchziehen - zumal der Gesetzgeber bei Nichtinstallierung mit dem Wegfall der Marktprämie droht. Bemerkenswert ist, dass die Deutschen offenbar in Sachen bedarfsgesteuerter Befeuerung - international betrachtet - eine Vorreiterrolle spielen, denn im Ausland wird sie noch nicht verbindlich eingefordert. Dennoch: Seitens der Niederländer, aber auch von dänischer Seite bestehe großes Interesse daran, es den Deutschen an dieser Stelle gleichzutun.

Welche Technik am Ende zum Zug kommt wird, ist Matthias Wehkamp von der Stiftung Offshore „total egal“. „Das können Transpondersysteme sein, aber auch Aktiv- oder Passivradare sind denkbar“, so Wehkamp weiter, der sich zukünftig auch parkübergreifende BNK-Konzepte vorstellen kann. Das Ziel, die Lichtverschmutzung im Küstenmeergebiet zu minimieren, ist allen klar: je effizienter daher die Systeme arbeiten und installiert werden können, desto besser.

Im küstennahen Offshorewindpark Nordergründe sind die Dauerlichter bereits ausgeschaltet worden. Umgesetzt hat die Umrüstung die Deutsche Windtechnik, die auch den 280 MW Offshore-Windpark Butendiek, rund 32 Kilometer westlich vor der Insel Sylt, im Sommer dieses Jahres umrüsten wird. Das Auftragsvolumen dafür liegt bei 1,4 Millionen Euro. Wer nun aber als Außenstehender glaubt, dass nach der Installation eines BNK-Systems die Befeuerung ständig ausbliebe, der irrt. „Doch, doch, die sind öfter an, als man glaubt“, sagt Thomas Schäffer, zuständiger Projektmanager bei der Offshore-Unit der Deutschen Windtechnik Offshore und Consulting GmbH.

„So liegt beispielsweise der küstennahe Offshore-Windpark Nordergründe in der Fluglinie derjenigen Hubschrauber, die zu den Offshore-Windparks unterwegs sind und außerdem liegt der Luftwaffenstützpunkt Mariensiel in der Nähe“, klärt Schäffer auf, der an der Hochschule Bremerhaven Maritime Technologien studiert hat. „Die Befeuerung mit Transponder-Technik von unserem Partner f.u.n.k.e. Avionics GmbH schaltet immer dann auf aktiv, wenn sich ein Flugzeug im Radius von vier Kilometern einer Anlage befindet.“

Schäffer verweist darauf, dass die Nachrüstung wesentlich aufwändiger ist, weil die Monteure mit Schiffen rausgefahren werden, auf die Gondeln klettern und Leuchten auswechseln müssen. Weniger kostenintensiv ist es dagegen, wenn die BNK mit entsprechender Leuchttechnik und Hardware schon bei der Fabrikation an Land eingebaut worden ist. Er ist deshalb der Ansicht, dass es dafür eigentlich Bestandschutz hätte geben müssen, weil es für zukünftige Offshore-Windparks mit viel weniger Aufwand zu realisieren ist. So stattet Hersteller Siemens an ihrem Produktionsstandort Cuxhaven die Megawatt-Anlagen für zukünftige Projekte in der Zone 1 schon an Land mit geeigneter Technik aus.  

Wehkamp von der Stiftung Offshore-Windenergie erhofft sich durch BNK nicht nur eine Versöhnung mit den Küstenbewohnern und dem Tourismus, sondern erwartet auch echte Vorteile für die Vogelwelt. „Ich denke, es wird dadurch weniger Vogelschlag geben, weil die Vögel von den dauerhaften Lichtquellen gerade bei schlechten Sichtverhältnissen angezogen werden, was bei der Installation von BNK wegfällt“, hofft der Biologe. Welche positiven Effekte am Ende mit der BNK für die Vogelwelt erreicht werden, ist jedoch derzeit nur schwer zu sagen.

„Grundsätzlich haben wir zu BNK noch keine abgeschlossene Positionierung, auch weil der Wissensstand um Effekte von bedarfsgerechter Befeuerung noch recht dünn ist“, sagt beispielsweise Anne Böhnke-Henrichs vom Naturschutzverband NABU. „Für eine BNK spricht, dass man bei windsensitiven Seevögeln, insbesondere Seetauchern, erste Hinweise hat, dass eine BNK zu verminderten Meide-Radien führen könnte. Das würde den großräumigen Lebensraumverlust dieser Art verringern helfen. Die Tiere meiden Offshore-Windparks bis in 16 Kilometer Entfernung“, so Böhnke-Henrichs weiter.

Jedoch gibt die NABU-Expertin zu Bedenken, „dass Zugvögel oder umherziehende Seevögel, sofern sie in der Dunkelheit bzw. Dämmerung fliegen, bei einer fehlenden Befeuerung die Anlagen schlechter erkennen können und das Risiko des Vogelschlags eher steigt.“ Dennoch resümiert sie in der Gesamtbetrachtung, dass mit der Bedarfsgerechten Befeuerung es zu einer Minimierung des Vogelschlags kommen würde, wenngleich diese Technik vermutlich nicht das wirksamste Instrument sei, sondern es eher gezielte, wirksame Abschaltautomatiken wären. Immer mit der Voraussetzung, so die NABU-Mitarbeiterin weiter, dass die Wahl der Standorte für Offshore-Windparks klug und naturverträglich erfolge - und zwar außerhalb von Schutzgebieten und Vogelzugkorridoren. Dierk Jensen


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