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LandesentwicklungsplanNRW beschließt „Totalbremse“ für die Windkraft

Windräder hinter einem Feld voll Sonnenblumen.
Windräder hinter einem Feld voll Sonnenblumen. (Foto: Peggy Choucair auf Pixabay)

Statt die Klimakrise zu bekämpfen, stellt die schwarz-gelbe Landesregierung fragwürdige Weichen für die Zukunft: Naturflächen dürfen großflächig bebaut werden und der Neubau von Windrädern wird stark eingeschränkt. Geht so Klimaschutz made in NRW?

19.07.2019 – „Die neue Regelung ist eine Totalbremse für den Windkraftausbau in diesem Land“, sagte Marc Herter, SPD-Fraktionsvize im NRW-Landtag, in der vergangenen Woche während einer hitzigen Debatte. Anschließend verabschiedete die Mehrheit der Parlamentarier von CDU und FDP den neuen Landesentwicklungsplan. Die Landesregierung spricht von einer „Entfesselung der Wirtschaft“ zum Wohle des Landes, die Grünen dagegen von einer „ideologiegetriebene Anti-Windenergiepolitik“ und einem fehlenden „ökologischen Gewissen“.

Warum ist der Landesentwicklungsplan so wichtig?

Jedes Bundesland hat einen eigenen Landesentwicklungsplan. Neue Straßen, Bahnschienen, Gewerbegebiete, Neubausiedlungen oder Windräder hängen von ihm ab. Deshalb lassen sich mit den Plänen sehr gut die Weichen für die Zukunft stellen und etwa der Flächenfraß eindämmen oder Natur- und Klimaschutz fördern.

Und genau das tut die schwarz-gelbe Landesregierung mit ihrem Plan offenbar nicht. Die Einschränkung zur Neubebauung von Naturflächen wurde gestrichen. Das dürfte zu Lasten des Naturschutzes gehen und eines der größten ökologischen Probleme des Landes vorantreiben: Die Versiegelung von Böden durch neue Gewerbegebiete, Siedlungen oder Straßen hat fatale Auswirkungen auf die Artenvielfalt.

Und was ist mit der Windkraft?

Die soll stark eingeschränkt werden. Demnächst müssen neue Windräder laut Landesentwicklungsplan einen Abstand von mindestens 1.500 Metern zu Wohnhäusern einhalten. Windräder im Wald sind verboten, auch wenn es sich um ökologisch nicht besonders wertvolle Nutzwälder mit Nadelbäumen handelt, in denen Forstwirtschaft betrieben wird. Die heftige Kritik aus kommunalen Verbänden und Energiewirtschaft blieb wirkungslos.

Experten rechnen damit, dass mit den neuen Einschränkungen etwa 80 Prozent des Windkraft-Potenzials in NRW nicht genutzt werden kann. Zu wenige Flächen für neue Windräder dürften dann noch zur Verfügung stehen. Eigentlich ein starker Widerspruch zur ebenfalls neuen Energiestrategie der Landesregierung. Diese sieht vor, bis 2030 die installierte Leistung von Wind und Solar auf 10,5 bzw. 11,5 Gigawatt zu verdoppeln.

Ein faktischer Ausbaustopp

Wie das mit dem neuen Landesentwicklungsplan gelingen soll, ist unklar. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) beteuert, die Ziele würden mit Repowering erreicht, also dem Austausch alter Windräder mit leistungsstärkeren Anlagen. Doch auch diese müssten dann wohl den Abstand zu Wohnbauten einhalten.

Es droht ein faktischer Ausbaustopp für Windenergie in NRW, das zeigen die Erfahrungen mit Abstandsregeln in Bayern. Dort ist der Ausbau seit der Einführung 2014 um über 90 Prozent eingebrochen.

„Völlig unverständlich und realitätsfern“

Die Kritik an der NRW-Landesregierung ist groß: „Diese Entscheidung ist völlig unverständlich und realitätsfern. Während die Städte und Kommunen in NRW reihenweise den Klimanotstand ausrufen, setzt man auf Landesebene ein Ausrufezeichen gegen den Klimaschutz“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Zuletzt hatte sich auch das Umweltbundesamt gegen pauschale Abstandsregeln ausgesprochen. „Ein Ausbau der Windkraft wäre damit kaum ausreichend möglich“, so Deutschlands oberste Umweltbehörde. Bei 1.500 Metern wie nun in NRW beschlossen, blieben in Deutschland nur noch 15 bis 40 Prozent der bisherigen geeigneten Flächen übrig. Zu wenig für eine Energiewende.

Für die Solarenergie in NRW sieht es indes kaum besser aus. Über 80 Gigawatt beträgt das Potenzial im Land, hat die Landesregierung ausgerechnet. Bis 2030 sollen aber nur 11,5 Gigawatt erreicht sein, gerade einmal 14 Prozent des Möglichen. cw


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