Menü öffnen

Urbane KlimawendeSingapur plant Smart City mit grünem Wohlfühlfaktor

S-Bahn fährt durch bewaldeten Park in Singapur
Grüne Schneisen sollen die neue „Waldstadt“ Tengah mit Singapur City verbinden. Der neue Stadtteil soll Naturnähe schaffen und Emissionen sparen Bislang sind die Treibhausgas-Emissionen in Singapur sehr hoch. (Foto: pxhere / CC0 Public Domain)

In der westlichen Region Singapurs soll eine smarte Öko-Stadt entstehen. Die Planer haben sich Klimaschutz, Naturnähe und Gemeinschaft auf die Fahnen geschrieben. Von Temperierung über Müllmanagement bis Mobilität ist alles durchdigitalisiert.

17.02.2021 – Mit 42.000 neuen Wohnungen in fünf Wohnvierteln soll im Bezirk Tengah Singapurs „Waldstadt“ entstehen, berichtet die Landes-Wohnungsbaugesellschaft Housing and Development Board (HDB): Eine nachhaltige Stadt im Stadtstaat mit viel intelligenter Technologie für mehr Energieeffizienz, dabei naturnah mit begrüntem, öffentlichem Raum. Mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser gruppieren sich um Parks und Wasserflächen, die für ein gutes Mikroklima sorgen sollen.

Eine ganze Reihe verfügbarer Technologien zur Energieeffizienz und CO2-Einsparung sollen für die Eco-City zum Einsatz kommen, verspricht Singapurs Wohnungsbaugesellschaft HDB. Zentrale und klimaoptimierte Kühlsysteme, ein automatisiertes und effizientes Müllmanagement und ein autofreies Stadtzentrum sind geplant.

Auf dem rund 700 Hektar großen Gelände befanden sich einst Ziegelfabriken, später wurde das Areal laut Angaben der Stadtplaner für die militärische Ausbildung genutzt. Nach Ende der Nutzung wurde das Gebiet von einem ausgedehnten Sekundärwald zurückerobert. Der bleibt in Teilen erhalten und wird ins Projekt integriert – „naturnah“ solle es werden, schwärmen die Planer. Und autofrei – Autos, Straßen und Parkplätze werden unter das Stadtzentrum verlagert. Im Untergeschoss sollen Elektroautos fahren, unterirdische Ladestationen machen das möglich. Man setze auf autonome, elektrische Fahrzeuge – mit Solarstrom betrieben. Oben Fußgänger und Radfahrer. Vor allem das Radeln habe in Singapur in den letzten Jahren Konjunktur, berichten die Planer.

Stadt der kurzen Wege

Ein Stadtzentrum mit Angebot für den täglichen Bedarf und Dienstleistungen sowie medizinische Einrichtungen, ein Sportzentrum und ein integriertes Gemeindezentrum sollen fußläufig für jeden Bewohner erreichbar sein. Busse und Bahnen verbinden die Bewohner mit Singapur und den benachbarten Vierteln.

Naturschutz oder Greenwashing?

Optimistisch gestimmte Naturschützer hoffen, dass Tengah eine Roadmap zur Reduzierung der CO2-Emissionen im südostasiatischen Stadtstaat werden könnte. Die Umweltorganisation Nature Society Singapore (NSS) kritisiert den Masterplan – es würden nur rund 10 Prozent des Waldes erhalten. Sie fordert, zusätzliche Kernwaldgebiete zu erhalten, um die Artenvielfalt zu schützen.

Die Metropole Singapur produziert eine Menge Emissionen – das ist nicht zuletzt den immer laufenden Klimaanlagen und Servern geschuldet: Denn ähnlich wie in anderen Metropolen des Südens mit warmen Temperaturen, die durch die Erderwärmung nun auch noch stetig steigen, sind die Städter angenehm kühle Temperaturen in ihren Häusern gewohnt und wollen zudem rund um die Uhr online sein.

Singapurs Pro-Kopf-Treibhausgas-Emissionen liegen laut Nationalem Sekretariat für Klimawandel höher als in China oder dem benachbarten Malaysia. Schon rund ein Drittel des typischen Energieverbrauchs der Haushalte gehe dabei auf die Nutzung von Klimaanlagen zurück. Die globale Erwärmung wird die Lage verschlimmern. Laut Meteorological Service Singapore könnten die durchschnittlichen Tagestemperaturen im Stadtstaat bis zum Ende dieses Jahrhunderts in den acht wärmsten Monaten des Jahres auf täglich über 34 Grad Celsius klettern.

Digitalisierung für den Klimaschutz

HDB will in Tengah ein zentrales Kühlmanagement testen, um die Temperatur in den einzelnen Wohnungen zu regulieren – ein mit Solarenergie betriebenes Wasser-Kühlungssystem soll die Gebäude und Wohnungen verbinden und so die klassischen, umweltschädlichen Klimaanlagen ersetzen. Mittels Computersimulationen haben die Planer Windfluss und Wärmegewinne berechnet mit dem Ziel, Wärmeinseleffekte im Quartier zu vermeiden. Denn die werden vielen großen Städten im Zuge der Klimaerwärmung zum Verhängnis. Beleuchtung und Müllentsorgung werden digital gesteuert: Licht reagiert im öffentlichen Raum auf Bewegung und wird automatisch an- oder ausgeschaltet.

Mit smarter Haustechnik könnten die Bewohner in Zukunft den Energie- und Wasserverbrauch Ihres Haushalts über eine App kontrollieren und Anpassungen vornehmen. Digitale Anzeigen informieren die Wohnblocks jeweils über ihre kollektiven Umweltauswirkungen – das soll die Bewohner zu einem umweltbewussten Verhalten anspornen, spekulieren die Planer. Statt mit LKWs Müll aus jedem Wohnblock zu sammeln, soll der Müll aus den Wohnungen über ein pneumatisches System in eine zentrale Station gesaugt und von dort abtransportiert werden.

Blaupause für die Klimaoptimierung bestehender Städte?

Ob sich die städtebaulichen Ideen auch im Bestand umsetzen ließen, bleibt fraglich. Im Computer lässt sich das alles schön entwerfen und in einer aus dem Boden gestampften Stadt vielleicht auch realisieren. Unterirdische Straßennetze und pneumatische Müllschlucker in bestehenden Städten nachzurüsten wäre jedoch wohl kaum umsetzbar.

So wird es eine weitere Hightech-Modellstadt, die vielleicht einzigartig bleibt. Dennoch, so sind die Planer und Singapurs Regierung überzeugt, könne das die Zukunftsmodelle des Wohnens und Lebens in den Städten positiv beeinflussen. Auf die bestehende Metropole Singapur sind solche Konzepte jedoch kaum übertragbar. In der neuen Stadt hoffen die Planer mit ihrem Gesamtkonzept aber, die Lebensqualität der zukünftigen Bewohner zu verbessern. Die ersten Häuser sollen 2023 fertiggestellt und laut HDB voraussichtlich 70 Prozent der Wohnungen vermietet werden. na


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft