Menü öffnen

BauwendeUmweltgifte aus Baumaterialien lassen sich vermeiden

Gebäudebaustelle mit Dachdeckerarbeiten
Wer beim Bauen Schadstoffeinträge aus Gebäuden minimieren will, braucht gute Kenntnisse über Baumaterialien und muss schon bei der Planung daran denken. (Foto: Pixabay / Free License)

Aus Baumaterialien können während und nach der Bauphase schädliche Stoffe in die Umwelt gelangen. Das ließe sich mit einer guten Planung zu einem großen Teil vermeiden, sagen Experten des Umweltbundesamts und benennen Alternativen.

03.02.2022 – Im Zuge der Klima- und Wärmewende sollen Gebäude energieeffizienter gebaut oder saniert und wärmegedämmt werden und wenn möglich Gründächer erhalten – der Umwelt und dem Klima zuliebe. Wie umweltfreundlich das wirklich ist, kommt allerdings auf die Verwendung der Baustoffe an: Denn aus Baumaterialien wie Dachbahnen, Dachsteinen, Außenputzen und Außenfarben können – schon während der Bauphase – schädliche Stoffe in die Umwelt gelangen. Das wird vor allem in Ballungsräumen zu einem Problem.

Die diffuse Schadstoffbelastung aus Gebäuden sei auch aktuell ein Grund, weshalb die Umweltqualitätsziele der ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠, der Oberflächengewässerverordnung und der Grundwasserverordnung vor allem  im urbanen Raum gefährdet wären, schreibt das Umweltbundesamt (UBA).

Um das Ausmaß zu bemessen haben Forscher des UBA gezielt Proben des Regenwasserabflusses von Fassaden, Dächern und im Regenwasserkanal genommen und auf Schadstoffe und Schwermetalle analysiert. Die Untersuchungen fanden von Sommer 2018 bis Winter 2020 in Berlin in zwei Neubaugebieten ähnlicher Größe und typischer Bauweise statt. Diese umfassten jeweils Gebäude mit ca. 120 Wohnungen, die mit einem Wärmedämmverbundsystem mit verputzten Fassaden sowie mit und ohne Dachbegrünung erbaut waren.

Gezielte Schadstoff-Analyse

Aus dem Gewässermonitoring sei schon bekannt, dass in städtischen Gebieten Schadstoffe in teils deutlich erhöhten Konzentrationen mit dem Regenwasser in die Umwelt gelangen. Allerdings konnte bislang nur in Einzelfällen nachgewiesen werden, welche Schadstoffe aus welchen Materialien stammen, erläutern die Forscher. Die neue Studie zeige nun, dass vor allem die Biozide Diuron und Terbutryn aus Fassaden, die Durchwurzelungsschutzmittel Mecoprop und MCPA aus Dachbahnen, sowie Zink aus Dach und Fassade – etwa verzinkte Fensterbänke, Zinkabdeckungen auf dem Dach, Putze und Anstriche – für die Umwelt- und Gewässerverschmutzung relevant sind.

Die Biozide Diuron und Terbutryn werden als Schutzmittel gegen Algen- und Pilzbewuchs eingesetzt, die ⁠Herbizide ⁠Mecoprop und MCPA verhindern die Durchwurzelung von Baumaterialien durch Pflanzen. Die gemessenen Konzentrationen überschritten die Zielwerte bzw. Umweltqualitätsnormen für Oberflächengewässer zum Teil deutlich. Viele weitere Stoffe hingegen waren in ihrer Konzentrationshöhe unauffällig.

Die nachgewiesenen Biozide und Herbizide können toxisch auf Lebewesen wie Wasserpflanzen (verminderte Photosynthese), Kleinkrebse (verminderte Mobilität) und Fische (Verformung der Eier) wirken. Chronische Toxizität von Zink gegenüber Süßwasserorganismen – bspw. Beeinträchtigung von Wachstum und Mobilität – sei ebenfalls bekannt, berichten die Wissenschaftler.

Es geht auch weniger schädlich – bei richtiger Planung

Dabei ließen sich die Schadstoffeinträge aus der Gebäudehülle mit geringem Aufwand nahezu vollständig vermeiden, sagen die Forscher. Sie haben daher auch untersucht, wie die Freisetzung von Schadstoffen aus Bauprojekten in die Umwelt minimiert werden kann. Und kommen zu einem erfreulichen Ergebnis: Durch Berücksichtigung der Umweltbelange könne bereits in einer frühen Planungsphase der Eintrag von derartigen Schadstoffen um mehr als 90 Prozent reduziert werden. Dafür gebe es auch einfache, bautechnische Lösungen: So verringere etwa ein breiter Dachüberstand an allen Fassaden den Kontakt mit Regenwasser. Wenn die Fassade trocken bleibt, kann nichts bzw. wenig auslaugen.

Zu vielen schadstoffhaltigen Materialien gäbe es Alternativen: Oft könnten auch biozid- bzw. herbizidfreie Bauprodukte eingesetzt werden. So finden sich beispielsweise häufig Durchwurzelungsschutzmittel in Dachmaterialien, die gar nicht als Gründächer geplant sind – was den Einsatz des Herbizids hier komplett überflüssig machen würde. Und Fassaden mit mineralischem Putz schützen auch ohne Biozide vor unerwünschtem Bewuchs: Denn sie haben einen hohen ⁠pH-Wert ⁠, den Algen und Pilze nicht vertragen, erläutern die Forscher.

Blauer Engel für Baustoffe

Die Messergebnisse aus dem Forschungsprojekt wurden modelliert und könnten in Zukunft auf Neubauprojekte ähnlichen Umfangs übertragen werden. Die Studienergebnisse sollten auch in die Vergabekriterien des Umweltzeichens „Blauer Engel“ einfließen. Das ⁠UBA ⁠plant, der Jury neue Umweltzeichen und Vergabekriterien für Dachbahnen, Dachsteine, Außenputze und Außenfarben vorzuschlagen.

Bereits im Sommer 2022 soll der Blaue Engel für Dachbahnen als erste neue Produktgruppe eingeführt werden. Mit Hilfe des Blauen Engels könnten alle, die Bau- und Renovierungsarbeiten planen, freiwillig die Nachfrage nach umweltschonenden Bauprodukten stärken und die urbane Umwelt entlasten, hoffen die UBA-Experten. na

Ein Leitfaden des Umweltbundesamtes für Gebäudeplanung zeigt verschiedene Musterlösungen für die umweltfreundliche Bauplanung von Dächern, Fassaden und Grundstücken.


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft