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Kommunale Energiewende FuchstalEnergieautark bis 2030, mit Windkraft und Sektorenkopplung

Blick auf Fuchstal mit der PV-Freiflächenanlage und dem kommunalen Windpark.
Blick auf Fuchstal mit der PV-Freiflächenanlage und dem kommunalen Windpark. (Pressebild: VG Fuchstal)

Die bayerische Gemeinde Fuchstal will bis 2030 Energie-Selbstversorger werden und baut dafür die kommunalen Erzeugungskapazitäten weiter aus. Die Kopplung des Strom- und Wärmesektors bringt Wärmewende und Wirtschaftlichkeit dabei entscheidend voran.

01.06.2022 – Die 4.000 Einwohner zählende Kommune Fuchstal liegt eine Autostunde süd-westlich von München. Die Fuchstaler sind ehrgeizig: Bis 2030 soll ihre Kommune energieautark werden. Das Ziel ist gut erreichbar. Denn durch den konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien deckt die Gemeinde bereits heute rechnerisch den eigenen Stromverbrauch mit den im Gebiet der Kommune installierten regenerativen Anlagen. Die Agentur für Erneuerbare Energien e. V. (AEE) hat Fuchstal deshalb im Mai als Energie-Kommune des Monats ausgezeichnet.

Diese erfreuliche Entwicklung musste hart erkämpft werden. Bürgermeister Erwin Karg hat die Sache beherzt in die Hand genommen und konnte sich zunächst gegen eine laute Minderheit unter den Bürgern durchsetzen. Mit klarer Linie hat er in der Gemeinde Fakten geschaffen und die Abhängigkeit von fossilen Energien minimiert. Zugleich wurde die kommunale Finanzlage durch Einnahmen aus den Erneuerbaren Energien-Anlagen deutlich aufgebessert. Die Einnahmen können in der Gemeinde reinvestiert werden und gleichen so die vergleichsweise niedrigen kommunalen Steuereinnahmen aus. Vor allem dieser Aspekt führte wohl dazu, dass heute die Mehrheit der Bürger die Vorhaben ihres Bürgermeisters unterstützt.

Aktuell werden in der Kommune rund 40 Millionen Kilowattstunden (KWh) nachhaltiger Strom jährlich erzeugt. Das decke den eigenen Stromverbrauch aller Einwohner von circa 30 Millionen kWh pro Jahr, berichten die Beteiligten. Die Stadtverwaltung setzt auf eine Kombination aus Biogas, Solar- und Windenergie. Entscheidende Investitionen in den kommunalen Windpark sowie eine Solarfreiflächenanlage wurden von der Kommune getätigt. „Kommunale Investitionen in eine dezentrale, nachhaltige Energieversorgung sind kein Selbstzweck, sondern sichern ökologische Grundlagen genauso wie Wohlstand und die Energiesicherheit vor Ort insbesondere in kleineren Kommunen“, bestätigt AEE-Geschäftsführer Robert Brandt die Win-Win-Situation in Fuchstal.

Die Energie-Kommune erhält nun bayernweit die erste Baugenehmigung für neue Windenergieanlagen in diesem Jahr. Bereits seit 2016 betreibt die Stadt einen Windpark mit einer Gesamtleistung von zwölf Megawatt. Die vier Anlagen im Süden der Kommune erzeugen so mindestens bis 2036 jährlich über 20 Millionen Kilowattstunden erneuerbaren Strom.

Neben der Beteiligung von über 100 hauptsächlich ortsansässigen Kommanditisten ist auch in diesem Projekt die Gemeinde Fuchstal maßgeblicher Anteilseigner. Erwirtschaftete Gewinne können in der Kommune sinnvoll verwendet werden – und kommen dadurch allen Fuchstalern zugute. Auch jenen, die ansonsten nicht die finanziellen Möglichkeiten hätten, sich zu beteiligen. Die Anlagen sollen mindesten 20 Jahre lang Strom produzieren und darüber hinaus bei Fortbestehen der Wirtschaftlichkeit weiterbetrieben oder repowered werden.

Im nächsten Jahr kommen noch drei weitere Windenergieanlagen im Sachsenrieder Forst dazu. Nach der planmäßigen Inbetriebnahme des Parks mit insgesamt zusätzlichen 15 Megawatt der Anlagen im Spätherbst 2023 werden in der Gemeinde jährlich insgesamt 65 Millionen kWh nachhaltiger Strom produziert. Zieht man den aktuellen jährlichen Strombedarf der Kommune ab, wäre rein rechnerisch noch genügend nachhaltiger Strom zur Elektrifizierung des kompletten Verkehrssektors vorhanden, berichtet die Kommune. Dafür veranschlagt die Gemeinde bis zu sechs Millionen KWh pro Jahr.

Die Gemeinde will in Zukunft auch auf den Ausbau von privaten Photovoltaik-Dachanlagen setzen – denn hier bestehe ein Ausbaupotenzial zur Erzeugung von acht Millionen kWh im Jahr.

Wärme und Strom nachhaltig koppeln

Ein großer Anteil der Energie fließt auch in Fuchstal in die Wärmeversorgung. Weitere 29 Millionen Kilowattstunden Energie müssen dafür aufgebracht werden. Ein großer Standortvorteil ist dabei die Vielfalt der kommunalen Energieerzeuger. Durch deren Kopplung und die Schaffung von Speicherkapazitäten im Wärme- und Stromsektor soll nun die Wirtschaftlichkeit sowie die energetische Effizienz des gesamten kommunalen Netzes erhöht werden.

Auf einem Feld zwischen den Ortsteilen Asch und Leeder entsteht im Moment auf einer Fläche, gerade mal halb so groß wie ein Fußballplatz, die neue Schaltzentrale der zukünftigen kommunalen Energie- und Wärmeversorgung im Rahmen des Projektes „Energiezukunft Fuchstal“. Ziel des vom Bund mit knapp sechs Millionen Euro geförderten Projektes ist die Stärkung der kommunalen Energieressourcen mittels Sektporenkopplung und der Speicherung von ansonsten ungenutztem Strom.

Die Fülle der bereits vorhandenen nachhaltigen Energiequellen ermöglicht Flexibilität. Indem einzelne Energieerzeuger miteinander gekoppelt und Speichermöglichkeiten für Strom und Wärme geschaffen werden, wird der Betrieb aller Komponenten wirtschaftlich sowie energetisch optimiert. Konkret bedeutet das, dass Abwärme der Biogasanlage, die an warmen Tagen ungenutzt verpufft, gespeichert und dem kommunalen Wärmenetz bei Bedarf zugeführt werden kann.

Gleiches gilt für Strom der Windenergieanlagen, der in Zeiten niedriger Nachfrage nicht wirtschaftlich vermarktet werden kann. Dieser wird zur Herstellung von Wärmeenergie mittels einer Power-to-Heat-Anlage genutzt bzw. kann in einem neu angeschafften Batteriespeicher von der Größe eines Schiffscontainers (5,8 Megawatt) gelagert und bei Bedarf zu einem späterem Zeitpunkt wieder ins Netz eingespeist werden. Dadurch ist die Kommune kurzzeitig in der Lage, das kommunale Netz in Zeiten geringer Produktion zu stabilisieren, bis der Strom wieder fließt.

Nachdem die Installation der notwendigen Infrastruktur bereits abgeschlossen ist, befindet sich das Projekt im Moment in der Testlaufphase. Geplant ist die vollständige Integration des Warmwasser-Wärmespeichers mit einem Volumen von 5.000 Kubikmetern in das kommunale Wärmenetz bis zum nächsten Winter. „Nach der Fertigstellung des Projektes wird der Wärmespeicher mit Negativstrom, das heißt ansonsten ungenutztem Strom, über eine Power-to-Heat-Anlage aufgeheizt und stützt dadurch unser Wärmenetz“, erläutert Bürgermeister  Karg. „Wir nutzen also Abfallstrom zur Stabilisierung unseres Wärmenetzes“.

Bis zu 400 Grundstücke können an das aktuell 130 Grundstücke umfassende Wärmenetz angeschlossen und mit nachhaltiger Wärme versorgt werden. Fuchstal wirkt bereits über seine Gemeindegrenzen hinaus: Vertreter etlicher Städte und Gemeinden haben laut Bürgermeister das Projekt bereits besichtigt und tragen die Ideen in ihre Kommunen. na


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