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Erneuerbare im VerteilnetzDer lange Weg zum Netzanschluss

Baustelle eines zukünftigen Umspannwerkes
Für einen Solarpark in Brandenburg mit 70 Megawatt Leistung baut naturstrom ein Umspannwerk. Für die Anlieferung des Transformators ist alles vorbereitet. Projektleiter Johannes Jörling ist vor Ort. (Foto: naturstrom AG)

Der Netzanschluss ist beim Bau neuer Erzeugungsanlagen ein ganz eigenes Projekt. Bereits vor der Montage der Solarmodule oder des Windkraftturms laufen Planung und Genehmigung. Später muss die Technik in der Übergabestation zuverlässig funktionieren.

27.10.2027 – Zu jeder Photovoltaikanlage, zu jedem Windpark gehört ein Netzanschluss. Dort wird der erzeugte Strom ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Doch das Stromnetz ist kein unendlich aufnahmefähiger Schwamm. Konzipiert wurde es ursprünglich, um den Strom von großen Kraftwerken zu den Verbrauchern in Stadt und Land zu verteilen.

Doch die Energiewelt hat sich geändert. Millionen Anlagen landauf, landab erzeugen mittlerweile erneuerbaren Strom und stellen das Netz damit vor eine Aufgabe, auf die es nur ungenügend vorbereitet ist. Erschwerend kommt hinzu, dass es das eine Netz gar nicht gibt, sondern hunderte kleine Netzgebiete mit jeweils eigenen Eigentümern, eigenen Strukturen und eigenen technischen Vorgaben. In diesen Verteilnetzen wird das Gros der Erneuerbaren Erzeugungsanlagen angeschlossen. Je nach Größe der Anlagen wird auf unterschiedlichen Spannungsebenen angeschlossen – aber der Knackpunkt ist jeweils der gleiche: Wer eine Anlage in Betrieb nehmen will, braucht den Netzbetreiber, um die erzeugte Energie ins Stromnetz einzuspeisen.

Während der Netzanschluss bei kleinen Anlagen nach einem vereinfachten Verfahren – aber auch nicht immer zügig – möglich ist, ist der Netzanschluss für Anlagenprojektierer größerer Anlagen kein einfaches Thema. Im Gegenteil: häufig ein zäher und langwieriger Prozess. Welche Arbeitsschritte für kleine und mittelgroße Solar- und Windparks notwendig sind, erzählt Johannes Jörling. Er ist bei naturstrom verantwortlich für alle Fragen rund um den Netzanschluss von Windkraft- und Solaranlagen.

Johannes, womit beginnt die Arbeit beim Netzanschluss?

Es fängt mit der Anfrage beim Netzbetreiber an. Für gewöhnlich wird eine vorläufige Netzauskunft erteilt, auch unverbindliche Netzauskunft genannt. Für diese Auskunft hat der Netzbetreiber acht Wochen Zeit. In einigen Fällen erhält man die Antwort tatsächlich innerhalb der acht Wochen, in vielen Fällen aber wird die Frist überschritten. Wir haben aktuell einen Fall, wo wir seit acht Monaten auf die Antwort warten.

Wie geht’s weiter – kann man dann mit der konkreten Planung beginnen?

Es folgt ein Reservierungsverfahren. Allerding legt jeder Netzbetreiber die Spielregeln dafür für sich selbst fest. Es gibt keine rechtliche Vorgabe. In der Praxis gibt es einfache, praktikable Verfahren und sehr aufwändige. Laut EEG muss der Netzbetreiber die Anlage anschließen, aber er definiert den wirtschaftlich günstigsten Netzverknüpfungspunkt. Wenn dieser jedoch sehr weit von der Anlage entfernt ist – wir hatten schon den konkreten Fall von 25 Kilometern Luftlinie –, belasten Kosten für die lange Kabeltrasse zum Anschlusspunkt das Projekt.

Es gibt aber nicht nur den Kabelweg zum Anschlusspunkt, auch Übergabestationen müssen gebaut werden. Ist das ein eigenes Verfahren?

Ob ein Umspannwerk oder eine Übergabestation gebaut wird, hängt von der Leistung ab – aber es gibt da keine feste Grenze, sondern die Vorgabe kommt ebenfalls vom Netzbetreiber. Mitunter kann man bis 20 Megawatt Leistung in ein Mittelspannungsnetz ohne Umspannwerk einspeisen. Über 20 Megawatt läuft es fast immer auf ein Umspannwerk hinaus. Wenn ein Umspannwerk gebaut werden muss, gehört dazu in der Regel ein Bauantrag. In manchen Netzgebieten ist aber auch für Übergabestationen ein Bauantrag zu stellen, das ist abhängig von den Baubehörden, mitunter in den Landkreisen eines Bundeslandes verschieden. In Brandenburg gibt es dann noch ein besonderes bürokratisches Schmankerl: ein Planfeststellungsverfahren beim Bau von Umspannwerken. Solche Verfahren sind eigentlich für den Bau von Freileitungen gedacht.

Kommen wir mal zu den Komponenten, die für den Netzanschluss gebraucht werden. Gibt es Unterschiede zwischen Solarparks und Windkraftanlagen?

Der Strom aus einer Anlage muss auf die jeweilige Netzspannung hochtransformiert werden. Bei Windkraftanlagen sind Transformatoren meist bereits integriert. Bei Solarparks bauen wir die Trafostationen jeweils dazu. Das heißt, bei Windparks haben wir im Wesentlichen nur die Übergabestation und die Kabelverbindung zwischen dieser Station und den Windkraftanlagen. Weil Windkraftanlagen zeitlich höher ausgelastet sind als Solaranlagen, werden auch die Komponenten deutlich mehr beansprucht, auch in der Übergabestation.

Und welche Komponenten enthält eine Übergabestation?

Im Wesentlichen gibt es vier Komponenten: eine Mittelspannungsschaltanlage, eine Parkregelung, einen Schutz- und Regelschrank sowie eine Unterbrechungsfreie Spannungsversorgung. In der Mittelspannungsschaltanlage findet die Übergabe ans Netz statt. Der Anschluss erfolgt dann auch durch den Netzbetreiber. Insgesamt ist die Übergabestation etwa drei mal drei Meter groß.

Sind die Komponenten am Markt gut verfügbar?

Es gibt Lieferfristen, und die haben sich in den letzten Jahren deutlich verlängert. Vor zehn Jahren gab es Lieferfristen für Trafostationen von 12 bis 16 Wochen, vor zwei Jahren lagen sie bei 16 bis 20 Wochen, jetzt liegen wir bei 45 bis 60 Wochen. Der Engpass sind die Betonkörper, die jetzt in hoher Zahl nachgefragt werden. Aber auch Kupfer und Stahl sind knapp, so dass lange Lieferzeiten an der Tagesordnung sind.

In der Übergabestation wird auch viel gemessen und Daten übertragen?

Ja, zunächst gibt es Wandler vor den eigentlichen Zählern. Aber auch Monitoringgeräte, die Daten von den Komponenten im Park erfassen und nicht zuletzt Daten über den eingespeisten Strom. Die werden beispielsweise auch an den Direktvermarkter übertragen. Die Datenübertragung funktioniert über Internet, es wird aber auch keine hohe Übertragungsrate gebraucht.

Wenn alles gut läuft – hält dann die Übergabestation für die gesamte Lebensdauer der Anlage?

Die Anlagen sollten mindestens so lange halten wie die PV- oder Windkraftanlage. Allerdings wird vermutlich die Elektronik in den Stationen nach 10, spätestens 20 Jahren veraltet sein. Trafos können nach 20 oder 30 Jahren überarbeitet und wieder verkauft werden.

Welche Verbesserungen wünschst du dir beim Thema Netzanschluss?

Am meisten bremst uns aus, dass die Netzbetreiber unterschiedliche Reservierungsverfahren haben und verschiedene Vorgaben für die Technik. Das zu vereinheitlichen, wäre ein großer Fortschritt in meinen Augen. Der Netzausbau müsste ebenfalls beschleunigt werden, evtl. über vereinfachte Genehmigungsverfahren. Derzeit muss man aufwändig recherchieren, an welchen Stellen in die Netze eingespeist werden kann.

Gibt es eine Region in Deutschland mit Vorbildcharakter?

Ja, die TEN, die Thüringer Energienetze. Dort habe ich einen gut erreichbaren Ansprechpartner. Die meisten anderen sind nur sehr schwer erreichbar. An dieser Stelle wird der Fachkräftemangel deutlich. Alle Netzbetreiber suchen dringend neue Köpfe.

Das Gespräch führte Petra Franke.


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