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EnergienetzeRekommunalisierung lohnt sich

Schiffe im Wasser in der Abendsonne.
Hamburg ist Vorreiter bei der Rekommunalisierung der Energieversorgung. (Photo by Patrick Rosenkranz on Unsplash)

Die Rekommunalisierung der Strom-, Gas- und Wärmenetze kann nicht nur die lokale Energiewende voranbringen, sondern hat auch positive regionalwirtschaftliche Effekte. Das zeigt das Beispiel Hamburg.

05.06.2021 – „Es lohnt sich, seit der Rekommunalisierung der drei Energienetze hat sich sehr viel getan“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Hamburg im Rahmen eines Erfahrungsberichts aus der Hansestadt. Braasch sprach bei einer Veranstaltung von Bürgerenergie Berlin am Donnerstag auf der Berliner Netzwoche.

Im April beschloss der Berliner Senat das Stromnetz der Bundeshauptstadt für 2,14 Mrd. Euro wieder von der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin zurückzukaufen. Die Zustimmung des Berliner Abgeordnetenhauses gilt angesichts der rot-rot-grünen Mehrheit so gut wie sicher, eine Abstimmung steht voraussichtlich am 17. Juni an.

In Hamburg wurde das Stromnetz im Zuge eines Volksentscheids 2013 bereits im Jahr 2014 wieder rekommunalisiert, das Gasnetz 2018 und das Wärmenetze im Jahr 2019. Die Rückkaufkosten beliefen sich insgesamt auf rund zwei Milliarden Euro, der größte Brocken davon war das Wärmenetz.

Mehr lokale Wertschöpfung

Gerade die Rekommunalisierung des Wärmenetzes ist aus Sicht des BUND-Geschäftsführers klimapolitisch besonders interessant, weil damit im Gegensatz zum regulierten Bereich des Gas- und Stromnetzes auch die Erzeugungsanlagen mit in die öffentliche Hand übergingen.

Die Effekte der Rekommunalisierung der Energienetze bewertet Braasch insgesamt sehr positiv. So beteiligte sich die kommunale Stromnetz Hamburg an Forschungsvorhaben wie NEW 4.0 (Norddeutsche Energiewende 4.0), um dort beispielsweise Speichermöglichkeiten auszutesten. Es werde massiv in die Qualität des Stromnetzes investiert, um fluktuierende Effekte aufzufangen und eine gute Systemsteuerung zu machen. Zudem werde die Ladesäuleninfrastruktur stark ausgebaut, um die E-Mobilität zu fördern. All dies gehe mit einem eigenen kommunalen Unternehmen sehr viel schneller und sehr viel besser.

Interessant sind laut Braasch auch positive regionalwirtschaftliche Effekte. So konnte durch eine Standortstudie aus dem Jahr 2017 dargelegt werden, dass aufgrund der verstärkten Beauftragung regionaler Unternehmen für den Support Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden konnten. „Dies zeigt, dass auch diese Effekte für eine Kommune interessant sind“, so Braasch. Auch die Gewinne aus dem Stromnetzbetrieb fließen nun nicht mehr wie früher nach Schweden zu Vattenfall, sondern kommen nun direkt der Kommune zugute, in 2020 immerhin 93 Millionen Euro.

Ausstiegspfad für die Kohle bis 2030 bei der Fernwärme

Auch lebe das kommunale Unternehmen selbst den Geist des Klimaschutzes und der Energiewende. So habe sich Stromnetz Hamburg das Ziel gesetzt, erster klimaneutraler Netzbetreiber zu werden. „Dies zeigt, dass mit der Rekommunalisierung und dem politischen Impuls aus dem Rückkauf auch die Unternehmenskultur sich deutlich gewandelt hat“, so Braasch.

Er sieht auch Synergieeffekte, indem Stadtwerke im klassischen Sinne wieder denkbar würden. Denn das kommunale Unternehmen sei nicht isoliert für sich in Hamburg unterwegs, wie dies der frühere Stromnetzbetreiber Vattenfall lange Zeit gemacht habe, sondern baue auf lokale und regionale Kooperationen.

Im Wärmebereich wurde mittlerweile der Kohleausstieg bis 2030 festgeschrieben und es wurde gesetzlich ein Ausstiegspfad beschlossen. Die beiden großen Kohlekraftwerke, die die Fernwärmeversorgung in Hamburg speisen, sollen bis dahin aus der Kohlefeuerung rausgehen, und die Dekarbonisierung der Fern- und Nahwärmeversorgung wird nun praktisch vorangetrieben. Auch soll der Anschlussgrad der durch das kommunale Wärmenetz versorgten Haushalte von 20 auf 35 Prozent erhöht werden.

Integrierte Planung – neuer Energienetzbeirat

Gasnetz Hamburg baut die Wasserstoffinfrastruktur aus. Dazu wird ein eigenes Leitungsnetz entwickelt und es wird die Möglichkeit der Einspeisung von Wasserstoff in das vorhandene Gasnetz weiter geprüft. Hier sei eine Beimischungsquote von 20 Prozent im Gespräch, um die Energiespeicherung im System zu verbessern.

„Das läuft mittlerweile alles Hand in Hand“, lobte Braasch, im Sinne einer integrierten Strom-, Gas- und Wärmenetzplanung und der Sektorkopplung. Die jeweils zuständigen kommunalen Unternehmen tauschten sich aus, seien politisch in einer Hand und würden entsprechend von dem rot-grünen Senat Richtung Klimawende gesteuert.

Ein wichtiges Instrument für eine stärkere bürgerschaftliche Teilhabe an der lokalen Energiewende sieht Braasch in dem 2016 geschaffenen Energienetzbeirat. In dem beratenden Gremium sind neben Kommunalpolitikern und Vertretern der kommunalen Unternehmen auch verschiedene Interessengruppen wie der BUND, die Gewerkschaften und weitere Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) vertreten. Auch die Bevölkerung könne sich über eine Bürgerfragestunde einbringen. Die Geschäftsstelle des Netzbeirats ist bei der Umweltbehörde angesiedelt, das Gremium verfügt über ein eigenes jährliches Jahresbudget von 15.000 Euro.

Bürgerenergie Berlin baut auf genossenschaftliche Beteiligung

Nicht zum Zug beim Rückkauf des örtlichen Stromnetzes durch die Hansestadt kam die Bürgergenossenschaft Energienetz Hamburg. Sie mache jedoch gute Projekte in Zusammenarbeit mit dem kommunalen Unternehmen und initiierte eine Solarinitiative, berichtete Braasch.

Die Beteiligung der Bürger an einem künftigen landeseigenen Stromnetz in der Bundeshauptstadt möchte nun jedenfalls die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin vorantreiben. Man baue hierbei auch auf den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag, der unter anderem eine genossenschaftliche Beteiligung der Bürger am Netz vorsehe, so Christoph Rinke, Vorstandsmitglied von Bürgerenergie Berlin. hcn


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