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Post-EEGAlte Solaranlagen zwischen Volleinspeisung und Eigenverbrauch

Hausdach mit Gaube und Photovoltaik
Solaranlagen aus den Anfangsjahren des EEG sind oft noch technisch einwandfrei. Die Bedingungen für ihren Weiterbetrieb werden gerade diskutiert. (Foto: Pxhere / CCO 1.0)

Der EEG-Entwurf sieht für ausgeförderte Anlagen eine Vergütung vor, aber nur bei Volleinspeisung. Eigenverbrauch und Überschusseinspeisung erfordern teure Messkonzepte. Agora Energiewende schlägt einen Weg ohne neue Zähler vor.

07.09.2020 – Die Übergangsregelung im EEG-Entwurf für ausgeförderte Anlagen bis 100 Kilowatt Leistung greift vor allem für alte Solaranlagen. Sie sollen ihren Strom wie bisher einspeisen können und dafür eine Vergütung in Höhe des Marktwertes abzüglich der Vermarktungskosten erhalten. Die meisten der kleinen Anlagen aus den Anfangsjahren des EEG speisen ihren Strom zu 100 Prozent ins Netz. Wenn die Betreiber dies weiter so halten wollen, ist die neue Regel für sie ein gangbarer Weg.

Wer rechnet und lieber seinen Verbrauch an teurem Netzstrom reduzieren will, stößt an eine Systemgrenze. Für Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung müssen besondere Messkonzepte installiert sein, sprich ein intelligenter Stromzähler, der in der Anschaffung meist teurer ist als die Kostenersparnis durch Eigenverbrauch. Zudem sieht der jetzige Gesetzentwurf für diesen Fall sogar eine Vertragsstrafe vor. Ein schwungvoller Kinnhaken für Energiewende-Pioniere.

„Dass Häuslebesitzer mit 20 Jahre alten Solar-Dachanlagen künftig teure intelligente Stromzähler einbauen müssen, um den Strom vom eigenen Dach zu verbrauchen, ist den Leuten nicht zu vermitteln. Schon gar nicht, wenn die Nachbarn sich gleichzeitig eine neue, auf den Eigenverbrauch optimierte Solaranlage bauen, und zwar ohne teuren Smart Meter. Wir sind uns sicher, dass das besser geht“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Neues Standardlastprofil für Prosumer

Agora-Energiewende schlägt ein Modell vor, das eine Überschusseinspeisung ohne teure Umrüstung ermöglicht. Das gegenwärtige System der sogenannten Standardlastprofile könne um ein Prosumer-Standardlastprofil erweitert werden. Das Konzept wurde gemeinsam mit der auf Strommarktregulierung spezialisierten Beratungsorganisation Regulatory Assistance Project in einer Studie umrissen.

Standardlastprofile bestimmen bereits heute für unterschiedliche Gruppen von Stromverbrauchern – etwa Haushalte und Gewerbe – welche Strommengen in jeder Stunde des Jahres im Mittel in der jeweiligen Gruppe benötigt werden. Auf Basis dieser synthetischen Angaben beschaffen Stromvertriebe dann Strom für ihre Kundinnen und Kunden. Das System ist seit Jahrzehnten bewährt, allerdings berücksichtigt es den Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom bisher nicht – mit unerwünschten Konsequenzen: „Weil mein Stromvertrieb gar nicht weiß, dass ich eine Solaranlage betreibe, beschafft er auch dann Strom für mich, wenn ich diesen gar nicht verbrauchen kann, weil gerade die Sonne scheint“, erklärt Andreas Jahn vom Regulatory Assistance Project. „Diese unnötig beschafften Mengen müssen ausgeglichen werden – im schlimmsten Fall werden sie vernichtet. Das ist wirtschaftlich und ökologisch komplett unsinnig.“

Im Gegensatz dazu würde das Prosumer-Standardlastprofil den Eigenverbrauch von Solarstrom beinhalten. Damit könnten Betreiberinnen und Betreiber kleiner Solaranlagen dann sowohl Solarstrom vom eigenen Dach beziehen, und dadurch den um ein Mehrfaches teureren Netzstrom sparen, sowie bei Bedarf Netzstrom zukaufen. Unsinnige Doppelbeschaffungen würden weitgehend vermieden. Nötig wäre dafür nur eine Neuverdrahtung des Hausanschlusskastens in der gleichen Weise, wie sie bei den meisten neuen Kleinanlagen praktiziert wird.

Modell nur für einfache Anwendungsfälle anwendbar

Unvermeidbare Abweichungen zwischen dem Prosumer-Standardlastprofil und dem tatsächlichen Stromverbrauch der Prosumer, die bei den Netzbetreibern erfasst werden, können durch zwei weitere Maßnahmen klein gehalten werden. Anders als heute sollten die Netzbetreiber zum einen Anreize erhalten, die Standardlastprofile jährlich zu aktualisieren, um ein sich veränderndes Verbrauchsverhalten besser zu berücksichtigen. Zum anderen sollten die Netzbetreiber verpflichtet werden, die Differenzbilanzkreise transparent und aktiv zu bewirtschaften.

Die Studie schränkt die Prosumer-Lastprofile allerdings auf einfache Anwendungsfälle ein. „Das Prinzip kommt an seine Grenzen, wenn jemand ein Elektroauto, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe mit seinem eigenen Solarstrom betreibt. Diese Anwendungsfälle sind kaum in einer generellen, statistischen Betrachtung zu fassen, deshalb kommt man hier nicht um den Einsatz eines Smart Meters herum. Dann lohnt er sich aber auch“, sagt Jahn. pf


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