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BiodiversitätDer zweite Blick auf Solarparks

Schafe mit Lämmchen in der Wiese unter einer Freiflächen-Solaranlage
Schafbeweidung ist in vielen naturstrom-Solarparks mittlerweile Standard. (Foto: LÈROT)

Richtig geplant und gebaut kann ein Solarpark nicht nur sauberen Strom erzeugen, sondern auch für die Natur vor Ort eine große Bereicherung darstellen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Standortwahl und die Aufstellung der Module.

05.11.2022 – Am 13. September 2022 unterzeichnete u. a. der Ökoenergieversorger naturstrom gemeinsam mit weiteren Akteuren in Berlin die Selbstverpflichtung Gute Planung von PV-Freilandanlagen des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft. Darin verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen, bei der Planung und Bauausführung von Solarparks unter anderem Standards zur Förderung der Biodiversität einzuhalten, die über die Mindestanforderungen hinausgehen. Verschiedene Maßnahmen können dazu beitragen, die Artenvielfalt zu unterstützen.

Standortauswahl: Rekultivierung von Deponieflächen

Solarparks können, wenn sie die EEG-Förderung erhalten sollen, nicht an jedem beliebigen Ort gebaut werden. Im Gegenteil, die Flächenkulisse ist stark eingeschränkt, hauptsächlich auf den 200-Meter-Korridor neben Autobahnen und Bahngleisen, Konversionsflächen und einige von einzelnen Bundesländern definierten Flächen. Zu bevorzugen sind Flächen, die eine Vorbelastung aufweisen und auf denen die zusätzliche Beeinträchtigung der Natur, wenn überhaupt, nur gering ausfällt. Dazu zählen unter anderem Altlastflächen und Abfalldeponien.

Mülldeponien zu Schafweiden

Der naturstrom-Solarpark im thüringischen Henschleben befindet sich auf einer ehemaligen Mülldeponiefläche aus DDR-Zeiten. Ein Teil des Bodens war bis zum Bau der Anlage noch nicht rekultiviert, was die Gemeinde vor eine große finanzielle Herausforderung stellte. Im Zuge des Anlagenbaus übernahm der Ökoenergieversorger diese Aufgabe. Zudem wird die Fläche durch weitere Maßnahmen wie regionale Bepflanzungen, Schafbeweidung und Bienenhotels ökologisch weiter aufgewertet.

Wiederbelebte Vogelwelt

Auf einer anderen Art von Altlastflächen befindet sich der Solarpark Uttenreuth. Hier wurden im Buckenhofer Forst zur Zeit des Kalten Krieges Waffen gelagert. Die 14 Hektar große Fläche musste von Altlasten gesäubert und mit sauberer Erde aufgeschüttet werden.

Auf den ehemaligen Bunkern stehen heute PV-Module. Der Ort wurde zu einem naturnahen Rückzugsort für Flora und Fauna. So hat sich auf dem Gelände die Anzahl der Heidelerchenreviere erhöht und viele immer seltener werdende Vogelarten wie Flussregenpfeifer, Neuntöter, Goldammer und Stieglitz sind nun dort beheimatet.

Aufstellung der Modulreihen entscheidend

Große Auswirkung auf den Boden hat die Aufstellung der Modulreihen. Um die Überschattung der Fläche und damit ökologisch negative Auswirkungen geringzuhalten, hat sich eine Modulhöhe von mindestens 80 Zentimetern über dem Boden an der unteren Kante bewährt. Dadurch fällt auch unter der Anlage genügend diffuses Licht auf den Boden. Gleichzeitig werden die unteren Module dadurch nicht so schnell von aufwachsenden Pflanzen verschattet wie bei niedrigeren Paneelen.

Auch der Abstand zwischen den Modulreihen spielt eine Rolle für die Verschattung des Bodens.  Breite besonnte Streifen zwischen den Reihen erhöhen die Artendichte. Dies ist für die Besiedlung mit Reptilien wie der Zauneidechse, Insekten und bodenbrütenden Vögeln nachgewiesen.

An naturstrom-Anlagen haben die Module einen Mindestabstand von 80 Zentimetern zum Boden. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass Schafe problemlos unter den Aufständerungen hindurchgehen und Schutz vor Sonne oder Regen finden können. An den meisten Anlagen wird zudem nur die Hälfte der Gesamtfläche des Parks von den Modulen überdeckt. Häufig ist dieser bereits im Bebauungsplan vorgegeben.

Doppelnutzung durch Schafbeweidung

Die Beweidung mit Schafen gibt lichtliebenden Pflanzen die Möglichkeit, sich zu entfalten und zu verbreiten, was zu einer erheblichen Bereicherung der Artenvielfalt führen kann. Da Schafe auch an Ecken kommen, die für Maschinen unerreichbar sind, sind sie die idealen Landschaftspfleger. Durch die Tritte der Schafe lockert sich, anders als es beim Mähen der Fall wäre, der Boden, so dass sich neue Pflanzen- und Tierarten ansiedeln können. Mit ihren Ausscheidungen liefern Schafe zudem Dünger und tragen Samen weiter. Auch in der Wolle der Schafe können Pollen und Samen verbreitet werden.

Schafbeweidung ist in den naturstrom-Solarparks Standard. Im Solarpark Oberreidenbach, der zu einer Hälfte auf einer ehemaligen Ackerfläche, zur anderen auf einer Wiesenfläche steht, konnte der Schäfer beobachten, dass sich schon innerhalb eines Jahres die Biodiversität signifikant erhöhte. Viele Pflanzenarten breiteten sich durch die Schafe besonders schnell von der Wiese auf die Ackerfläche aus.

Die Tiere befanden sich hier in kleineren abgezäunten Bereichen, die über das Jahr verteilt auf der Anlagenfläche verschoben wurden. Es ist aber auch möglich, die Schafe auf der ganzen Fläche des Solarparks weiden zu lassen. Vor allem an kleineren Anlagen ist das sinnvoll. So grasen beispielsweise im naturstrom-Solarpark Eggolsheim fünf Schafe auf einer Fläche von etwas weniger als einem Hektar.

Feucht- und Trockenbiotope

Vorhandene Biotopstrukturen sollten beim Anlagenbau so weit wie möglich erhalten werden. Meist stehen sie im Zusammenhang mit den umliegenden Gebieten, so dass ein Rückbau einen erheblichen Eingriff bedeuten würde. Zusätzlich können je nach Standort neue Strukturen, zum Beispiel Feuchtbiotope wie Teiche oder Tümpel, angelegt werden, um seltenen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat zu bieten. Besonders sinnvoll sind solche Maßnahmen, wenn sie direkt in die Anlage integriert werden, da der Platz so optimal genutzt und keine weitere Fläche in Anspruch genommen wird.

Der Solarpark Uttenreuth befindet sich in einem Wasserschutzgebiet. Vorhandene Kleingewässer sind hier erhalten geblieben und fügen sich in die Gesamtanlage ein. Sie bieten beispielsweise dem Flussregenpfeifer einen Lebensraum.

Neue Biotope werden aktuell im Solarpark Rottenbach von einem Planungsbüro für Permakulturgestaltung angelegt, den naturstrom gemeinsam mit der Ecosia GmbH betreibt. Auf vier Teilflächen innerhalb der Anlage wurden Mulden gegraben. Mit dem anfallenden Aushub wurden daneben Wälle und kleine Hügel angelegt. Ergänzend kommen Holzhaufen hinzu. Im Winter und eventuell auch im Sommer soll sich in den Gräben Wasser sammeln. Diese auf insgesamt 3.300 Quadratmetern angelegte Strukturvielfalt soll schon bald eine weitere Bereicherung für Tiere und Pflanzen darstellen. Christina Lenzen


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Kommentare

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Ralf Schnitzler 10.11.2022, 08:33:46

Ich liebe Biodiv-Solarparks auf Ackerland. Dort liefern sie den höchsten Mehrwert für die Artenvielfalt und lockern die Agrarlandschaft sinnvoll auf. Deponien und andere Konversionsflächen bieten oft schon im IST-Zustand hervorragende Habitate für seltene Arten. Was mir bei dem BNE-Konzept "gute Planung von PV-Freilandanlagen" fehlt, ist die umweltorientierte Standortwahl. Was meine ich damit?

 

Aufgrund der Langlebigkeit von Solarparks sollte bei der Flächenauswahl sehr sorgfältig vorgegangen werden und naturschutzfachliche Kriterien im Vordergrund der Überlegungen stehen. Oder anders formuliert: „Auf die Verbindung kommt es an!“

Biodiv-Solarparks sind Orte im Agrarland, wo sich die Natur erholen und die Artenvielfalt zurückkehren kann. Aus intensiv genutzten Äckern machen sie Trittsteinbiotope, die so in der Agrarlandschaft platziert werden sollten, dass sie aus Sicht des Artenschutzes sinnvolle und nützliche Verbindungen mit anderen Naturräumen ergeben.

Wie könnte das konkret ablaufen?

Es werden in einem Gebiet – z.B. auf Landkreisebene – die Ackerflächen mit der maximalen Umweltdienstleistung zur Erhöhung der Biodiversität ermittelt. Dabei sollte auch die technische Machbarkeit (Netzanschluss, Mindestgröße 10 Hektar, etc. pp.) beachtet werden. Diese Vorauswahl leisten Naturschützer gemeinsam mit Vertretern der Landwirtschaft, Unterer Naturschutzbehörde, Landkreis, Kommune(n), Netzbetreiber und Experten zu Bau und Betreib eines Solarparks. In einem nächsten Schritt erfolgt mit zusätzlicher Beteiligung der Bürger die finale Flächenauswahl.

Wer mehr wissen möchte, der schaue auf meine Website www.gemeinsameinfachmachen.de, welche das Thema ausführlich beleuchtet.

 

Darum betreibe ich seit mehr als 3 Jahren eine eigene Website, um für Umweltschutz und Landwirtschaft eine Brücke zu bauen, die sich sowohl für die Umwelt, die Landwirtschaft und die Energiewende lohnt.

Johann Meindorfer 14.12.2022, 11:11:53

Der Zubau von Freiland-Photovoltaikanlagen ist erforderlich und in vielerlei Hinsicht begrüssenswert:

 

Wegen der weitaus besseren positiveren Energiebilanz von PVAs gegenüber der Agrosprit- oder Agrogas-Produktion aus nachwachsenden Rohstoffen aus der agrarindustriellen Intensivlandwirtschaft stellt die Ausweisung und Ausweitung von Flächen als Sondergebiete für Freiland-Photovoltaikanlagen einen höchst bedeutsamen Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen Energiewende dar

 

Ja einen viel bedeutsameren als der grossflächige „NAWARO“- Anbau, zumal letzterer mit dem Makel der massiven Trinkwasserschäden als Nebenprodukt der agrarindustriellen Intensivlandwirtschaft behaftet ist.

 

Während der PVA-Nutzung von Flächen, auf denen jahrzehntelang synthetische Düngemittel Pestizide ausgebracht wurden, können sich Böden, Grundwasser und Artenvielfalt von Belastungen der Intensivlandwirtschaft wieder erholen.

 

Erforderlich ist es auch, den dauerhaften Erhalt von Eingrünungsflächen als Teil eines Biotopverbundes bereits bei der Erstellung der Bauleitplänen auch durch Flächenerwerb durch die öffentliche Hand sicherzustellen.

 

Das alles nicht nur temporär-übergangsweise, sondern auf Dauer angelegt.

Die Zulässigkeit einer Entfernung der Gehölze bei Abbau der PVA-Anlage würde bedeuten, dass die Gehölze dann entfernt werden, wenn sie durch ihr höheres Alter und höheren Wuchs einen höheren ökologischen Wert als die Neuanpflanzung hätten.

Dies kann aus naturschutzfachlicher Sicht nicht hingenommen werden und würde eine Verschwendung der finanziellen und natürlichen Ressourcen darstellen, die für eine nur temporär-übergangsweise Bepflanzung aufgewendet werden, ohne dass ein dauerhafter – und für den Lebensraum ökologischer steigender - Wert erhalten wird.


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