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Serie PV-Recycling Teil3Nachhaltigkeit beginnt in der Herstellung

Greifroboter setzen Zellen auf Solarmodule
Solarmodulherstellung bei Solarwatt in Dresden. (Foto: Solarwatt GmbH)

Ressourcenschonende Produktion, energieeffiziente Prozesse und lange Haltbarkeit der Produkte bilden neben dem Recycling zentrale Bausteine der Kreislaufwirtschaft. Zur DNA der Solarbranche gehört die lange Lebensdauer der PV-Module.

14.02.2023 – Recycling ist kein Selbstzweck, sondern der letzte Schritt im Lebenszyklus eines Produktes. Das Wegwerfen beenden und nach dem Vorbild der Natur in Kreisläufen wirtschaften, heißt die Maxime. Vor dem Gebrauch und dem Recycling steht das Design und die Herstellung der Produkte. Für die PV-Branche sind das vor allem Module, aber auch Wechselrichter und Kabel.

Seit ihren Anfängen hat die Branche vor allem die Lebensdauer der Module im Blick. Die Hersteller lieferten und liefern sich dabei einen regelrechten Wettbewerb. Produktgarantien reichen von 10 bis 30 Jahren. Für ebenso lange Zeiträume geben die Hersteller Leistungsgarantien. Während dieser Zeit wird garantiert, dass die Module einwandfrei Strom erzeugen und nur minimale Leistungseinbußen haben. Welche Anstrengungen Hersteller in punkto Nachhaltigkeit unternehmen, wird an zwei Beispielen deutlich.

Modulhersteller aus Dresden mit Cradle-to-Cradle-Zertifikat

Solarwatt, ein Modulhersteller aus Dresden, ist eines der ersten Unternehmen der Branche, das sich einer Cradle-to-Cradle-Zertifizierung unterzogen hat und damit ein echter Vorreiter in punkto Nachhaltigkeit ist. Untersucht wurden dabei die für die Modulproduktion verwendeten Materialien und deren Kreislauffähigkeit, das Energie- und Wassermanagement bei der Produktion sowie soziale Aspekte. Neun Monate dauerte der Prozess, weitere vier Monate prüfte das Cradle to Cradle Products Innovation Institute (C2CPII) in den USA die eingereichten Unterlagen. Um das Zertifikat zu behalten, muss alle zwei Jahre nachzertifiziert werden.

Alle verwendeten Materialien auf dem Prüfstand

Bei der Zertifizierung wurden alle Materialien und chemischen Inhaltsstoffe vom Modulrahmen bis zum Glas, aber auch Typenschilder und Klebebänder mit einem Ampelsystem bewertet, das die Gefährdungen bei Herstellung und Gebrauch grob unterscheidet. Da Solarwatt für die Komponenten mit Spezifikationen arbeitet, kennt der Modulhersteller die wesentlichen Bestandteile seiner Produkte sehr gut. Doch im Zertifizierungsprozess entpuppten sich einige Komponenten als sperrig. Denn nicht alle Inhaltsstoffe werden von den Lieferanten angegeben, beispielsweise Additive in Kunststoffen, deren Mix für die Langzeitperformance nicht unerheblich ist. Um das Herstellergeheimnis zu wahren, übermittelten Zulieferer ihre Produktspezifikationen an das akkreditierte Beratungsunternehmen EPEA, das daraus über das erwähnte Ampelsystem eine Bewertung formulierte. Ein aufwändiger Prozess, der sich für Solarwatt aber gelohnt hat: „Das ist ein großer Schritt in die Richtung des Ziels, unser Unternehmen und unser Produktsortiment konsequent nachhaltig aufzustellen“, sagt Solarwatt-Nachhaltigkeitsmanagerin Annika Beck.

Ein großes Thema bei den Modulherstellern sind bleihaltige Lote. Das Schwermetall schadet der Gesundheit. Dabei bestehen die Gefahren nicht zuvorderst, wenn es in einem Produkt verbaut ist, sondern bei seiner Gewinnung im Bergbau, bei der Verhüttung und Veredelung, bei der Verarbeitung und später beim Recycling. In der Elektrotechnik gilt bereits ein Bleiverbot, in der Photovoltaik noch nicht.

Norbert Betzl, Produktmanager für Solarmodule bei Solarwatt erzählt: „Kupferdraht und Siliziumsolarzelle miteinander zu verbinden, ist eine Herausforderung, denn die Ausdehnungskoeffizienten der beiden Materialien beim Erwärmen und Abkühlen unterscheiden sich stark. Deshalb ist eine niedrige Löt-Temperatur, wie sie bei bleihaltigen Loten möglich ist, bei diesem Vorgang von Vorteil. Das Löten mit Zinn-Silber-Loten wie in der Elektrotechnik üblich, ist eine Alternative, aber hierbei sind höhere Temperaturen notwendig - hohe mechanische Spannungen sind die Folge und damit Qualitätsrisiken.“

Eine Gratwanderung, muss doch zwischen Qualität und damit Haltbarkeit und kritischem Material abgewogen werden. Das immer öfter verwendete Wismut, sei indes nicht weniger kritisch. Außerdem komme es, wie Betzl sagt, seltener vor und ist damit teurer. Nur wenige Marktteilnehmer konnten bisher eine bleifreie Technologie kommerzialisieren. Auch Solarwatt arbeitet an alternativen Lösungen, verwendet bisher aber noch bleihaltige Lote im Bereich der Kontaktierung der Solarzellen selbst. Die Querverschaltung, wo der String verbunden wird, ist bereits bleifrei.

Wertvolles Silizium

Ein Wort noch zum Silizium: Es macht in etwa drei bis vier Prozent des Gewichts eines Solarmoduls aus, ist allerdings mit Abstand das teuerste Material im Modul und auch unter Umweltaspekten ein Schwergewicht – seine Herstellung verbraucht viel Energie und verursacht nennenswerte CO2-Emissionen. Für die Herstellung hochleistungsfähiger Solarzellen muss es eine große Reinheit haben, ansonsten sinken die Wirkungsgrade. Nur wenige Hersteller weltweit sind vollständig vertikal integriert, fertigen Silizium, Wafer, Zellen und Module in eigener Regie. Auch bei Solarwatt in Dresden – wie bei fast allen Modulproduzenten in Europa – kommen die Siliziumzellen von asiatischen Herstellern. Diesen in den Modulen enthaltenen Rohstoff eines Tages in großer Reinheit zurückzugewinnen, ist die Königsdisziplin für das Recycling.

Mit einer hohen Verarbeitungsqualität der Module und engen in Jahren gewachsene Partner-Installateuren hat sich Solarwatt einen guten Ruf in der Branche und bei Kunden erarbeitet. Zudem fertigt das Unternehmen vorrangig Glas-Glas-Module, die besonders robust sind und vielen Umwelteinflüssen bestens standhalten. Das ernsthafte und erfolgreiche Streben um Nachhaltigkeit und Qualität spiegelt sich auch in den für 30 Jahre gegebenen Produkt- und Leistungsgarantien wider. Das Recycling der Module steht ebenfalls auf der Agenda von Solawatt. Aufmerksam werden Recycling-Methoden und Anbieter angeschaut, mit dem Ziel, zukünftig Solarmodule direkt zurückzunehmen und mit einem Partner in hoher Qualität zu recyceln.

Ressourcenschonende Produktion

Auch beim Modulhersteller REC steht die Langlebigkeit und die hohe Effizienz an erster Stelle. Denn schließlich ist das beste Recycling das, was man nicht braucht, wie Unternehmenssprecherin Agnieszka Schulze betont. Doch auch hier wird weitergedacht. Eine möglichst ressourcenschonende Produktion sowie der sparsame Umgang mit Energie und Wasser sind strukturell verankert. Insbesondere ist die Siliziumproduktion ein energieintensiver Prozess, weswegen es gut ist, hier einen besonderen Fokus auf die Ressourcen zu legen. Beim Schneiden der dünnen Scheiben aus den Siliziumblöcken – den Ingots – fallen feinste Siliziumstäube an. REC hat ein patentiertes Verfahren entwickelt, die Stäube aufzufangen und in entsprechender Qualität wieder in den Produktionsprozess einzuspeisen. Nicht nur aus Nachhaltigkeitsaspekten lobenswert, denn bei beim Sägen der Wafer gehen rund 30 Prozent des Siliziums in Form von Mikrospänen verloren.

Schulze verweist auf die nur 30 Millimeter breiten Rahmen der REC-Module, was enorme Mengen Aluminium spart, aber nicht die Langlebigkeit und Stabilität des Moduls beeinträchtigt. REC ist außerdem einer der wenigen Hersteller, dessen Solarmodule bereits vollständig ohne Bleilegierungen auskommen, sei es durch den Einsatz von anderen Löt-Materialien oder durch den gänzlichen Verzicht von Lötstellen. Schulze bestätigt auch, dass das Thema Recycling immer mehr in den Blick gerät. „Die hohen Wirkungsgrade und Langlebigkeit bleiben aber erste Priorität. Die dafür notwendigen hochreinen Materialien müssen fest verschlossen werden, um über viele Jahre Wind und Wetter standzuhalten – um die schwerer zu trennenden Verbundwerkstoffe wird die Branche wohl deshalb auf absehbare Zeit nicht herumkommen“, ist sie überzeugt.

Leicht demontierbare Module herstellen

Könnten Module gleichermaßen langlebig, hocheffizient und dennoch leicht zerlegbar produziert werden, wäre viel gewonnen. Genau daran arbeiten zwei internationale Forschungsvorhaben. Das Institut TNO in den Niederlanden entwickelte eine Verkapselungsmethode mit einem Auslösemechanismus, der die verbundenen Materialen später leicht voneinander trennbar macht. Das ITRI in Taiwan arbeitet zusammen mit Forschungspartnern an einem ähnlichen Ansatz. Hier wurde ein neues Verkapselungsmaterial und eine dazu passende Verkapselungstechnologie entwickelt. Beide Konzepte werden zusammen mit verschiedenen Recycling-Methoden im nächsten Teil der Serie PV-Recycling vorgestellt.

Eines darf dabei allerdings nicht vergessen werden: Bis solche in Forschungslaboren entwickelten Verfahren in automatisierte Industrieprozesse überführt werden, vergehen im Schnitt mehrere Jahre und selbst dann adaptieren sie nicht alle Hersteller gleichzeitig. Die oben beschriebenen neuen Verkapselungsmethoden finden vielleicht erst ab 2030 ihren Weg in die Massenproduktion. Die damit gefertigten Module sollten dann mindestens bis 2050 Strom erzeugen und erst danach im Recycling landen. Bis dahin werden viele Millionen Tonnen kristalline Module als Elektroschrott anfallen, die im letzten Jahrzehnt zum größten Teil in Asien hergestellt wurden. Die Informationen zu verwendeten Materialien oder über Nachhaltigkeit von Produktionsprozessen sind nicht immer lückenlos. Das Recycling von PV-Modulen in den nächsten 20 Jahren muss dafür gewappnet sein. Petra Franke

Die energiezukunft-Serie zum PV-Recycling im Überblick

Teil 1: Globale PV-Recycling-Märkte

Teil2: PV-Recycling in Europa

Teil3: Nachhaltigkeit beginnt in der Herstellung

Teil4: Recycling-Technologien und Forschung

Teil5: Flaxres – Blick auf ein spezielles Verfahren zum Modulrecycling

Teil6: Sammelsystem und rechtliche Rahmenbedingungen in Europa

Teil7: Exkurs zum Gebrauchtmarkt

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