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The smarter E Europe 2023Solarer Höhenflug

Solar gestütztes Microgrid im Herzen des Amazonas-Regenwaldes.
Als Outstanding Project mit dem The smarter E Award ausgezeichnet: Solar gestütztes Microgrid im Herzen des Amazonas-Regenwaldes. (Quelle: (Re)energisa)

Die Solar- und Speicherbranche ist weiter im Höhenflug. Dies zeigte die Fachmesse The smarter E Europe: neue Rekordmarken bei Besuchern und Ausstellern, sinkende Preise, abnehmende Lieferprobleme, schrittweise weniger Bürokratie und mehr Fachkräfte.

20.06.2023 – Vielfach gab es in den 17 Messehallen in München kaum ein Durchkommen mehr, so groß war der Andrang der über 106.000 Besucherinnen und Besucher. Ins Auge stach auch deren Internationalität. In diesem Jahr strömten Besucher aus 166 Ländern nach München.  Die 2469 Austeller kamen aus 57 verschiedenen Ländern auf die vier Fachmessen unter dem Dach der The smarter E Europe, die Intersolar Europe, die ees Europe, die Power2Drive und EM-Power Europe.

Besonders stark Flagge zeigten – trotz aller politischen Spannungen – Aussteller aus China. Seien es Platzhirsche bei den Modul-, Wechselrichter und Batterieherstellern wie Longi, Trina Solar, Sungrow, Growatt oder BYD. Aber auch Newcomer wie Slenergy (Komplettpakete private PV-Anwendungen) oder bisher nicht so bekannte Firmen wie Sofar Solar (Wechselrichter) zeigten ihre Produkte und stellten ihre Pläne für die Vertriebsausweitung in Deutschland als wichtigstem europäischen Solarmarkt im Bereich private Anwendungen vor.

BSW-Solar optimistisch

So rechnet der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) für 2023 mit einer neu installierten Solarstromleistung in Deutschland von 9-11 Gigawatt (2022, 7,4 GW). Allein im Heimsegment wurden von Januar bis April dieses Jahres mehr als doppelt so viele Solarstromanlagen in Betrieb genommen wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum (plus 129 Prozent). Insgesamt legte die in Betrieb genommene PV-Leistung in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 51 Prozent zu. Neue Solarstromanlagen auf Eigenheimen werden laut BSW-Solar inzwischen zu rund 78 Prozent mit einem Stromspeicher, zu ca. 43 Prozent mit einer Wallbox und zu circa 38 Prozent mit einer Wärmepumpe kombiniert.

„Beinahe alle Zeichen stehen auf Wachstum: Solarsysteme sind preiswert, die Zahl der Fachkräfte steigt, die Liefersituation hellt sich auf und Marktbarrieren werden zunehmend abgebaut“, gab sich Carsten Körnig, Chef des BSW-Solar, zuversichtlich. Wachstumsrisiken sieht er allerdings für den Fall, falls diese Entwicklungen ins Stocken geraten und in gestiegenen Finanzierungskosten aufgrund hoher Zinsen.

Globaler PV-Markt auf der Überholspur

„Die Solarenergie ist momentan auf der Überholspur“, unterstrich auch Michael Schmela, Leiter der Marktforschung beim europäischen Branchenverband Solarpower Europe. Trotz Lieferschwierigkeiten Anfang des vergangenen Jahres wuchs der globale Solarmarkt in 2022 um 45 Prozent auf 239 GW neu installierter Kapazität. Dies waren weltweit 66 Prozent aller neu errichteten Erneuerbare-Energien-Anlagen. Der Zubau bei der Windkraft lag bei 78 GW (22 Prozent), die Wasserkraft bei 30 GW (8 Prozent), der Rest inclusive Biomasse lag bei unter 10 GW. China dominierte mit 95 GW, gefolgt von den USA mit 21,9 GW und Indien mit 17,4 GW. Spitzenreiter beim Photovoltaikzubau in Europa war mit 8,4 GW Spanien, das vor allem mit großen Freiflächenanlagen punktet, gefolgt von Deutschland mit 7,4 GW.

Für das laufende Jahr rechnet Schmela weltweit mit PV-Neuinstallationen in Höhe von 341 GW, bis 2027 617 GW bis 800 GW. „Die Pandemie haben wir hinter uns gelassen, die Lieferketten funktionieren wieder“, unterstrich er. Wobei Netzengpässe sowie ein Mangel von flexibler Leistung oder Energiespeichern in nationalen Stromversorgungssystemen aus Sicht von Solarpower Europe für viele Länder eine Herausforderung darstellen.

Beispielhafte Projekte ausgezeichnet – Microgrid am Amazonas

Wie eine stärker dezentrale Energie- und Stromversorgung und Sektorenkopplung funktionieren kann, wurde in München durch die The smarter E Awards in der Kategorie Outstanding Projects gewürdigt. So das Microgrid Vila Restauração, das das brasilanische Unternehmen (Re)energisa im Herzen des Amazonas-Regenwaldes aufgebaut hat. Familien, die zuvor nur drei Stunden am Tag mit Strom aus Dieselgeneratoren versorgt wurden, haben nun rund um die Uhr Strom aus Erneuerbaren Energien mit einer Kosteneinsparung von 60 Prozent.

Das Microgrid besteht aus einer Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 325 Kilowatt (kW) und einem Lithium-Ionen-Batteriespeicher mit einer Kapazität von 829 Kilowattstunden (kWh). Zusätzlich verfügt es über 4G-Internet, drahtlosen Smart Metern, Biogasanlagen sowie zwei Notstromaggregate, die mit regional produziertem Biodiesel betrieben werden. Rund 1.000 Gemeindemitglieder werden auf diese Weise mit zuverlässiger, sauberer Energie versorgt. In Zukunft soll das System auch im gesamten Amazonas-Gebiet zum Einsatz kommen. Die Jury war von dem nachhaltigen und benutzerfreundlichen Konzept des Microgrids beeindruckt, das die Lebensqualität der Menschen vor Ort verbessert und gleichzeitig den Amazonas-Regenwald schützt.

Sektorenkopplung konkret in Barcelona

Ausgezeichnet wurde auch ein Projekt in Spanien. Für den Firmensitz in Barcelona installierte Wallbox das Energiemanagementsystem Sirius als umweltfreundlichere und kostengünstigere Alternative, um die eigene Netzinfrastruktur zu verbessern. Mithilfe von Datenanalyse, Künstlicher Intelligenz (KI) und Internet-of-Things-Technologie integriert Sirius das Stromnetz mit seinen dezentralen Energieressourcen.

Das System kombiniert eine Flotte aus 23 rückspeisefähigen Nissan Leaf Elektroautos, eine 400 kW PV-Anlage und einen stationären Batteriespeicher mit einer Kapazität von 560 kWh. Im Jahr 2022 konnte Wallbox seine CO2-Emissionen damit um 73 Tonnen und seine Energiekosten um über 40 Prozent senken. Zusätzlich ermöglichte Sirius durch die flexible und intelligente Gestaltung der dezentralen Energiequellen eine Kosteneinsparung einer halben Million Euro gegenüber dem Netzausbau.

Intelligenteres Verteilnetz in Bobritzsch-Hilbbersdorf

Eine weitere beispielhafte Initiative, die mit dem The smarter E Award gewürdigt wurde, ist das Projekt „FlexNet EkO“ der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH (Deutschland). Im sächsischen Bobritzsch-Hilbbersdorf wird der Weg zu intelligenteren und umweltfreundlicheren Verteilnetzen bereitet. In Zusammenarbeit mit Mitnetz Strom und regionalen Forschungsexperten zeigt die Maschinenfabrik Reinhausen, wie Netzbetreiber größere Anteile Erneuerbarer Energien einbinden, Spannung und Frequenz stabilisieren sowie die Netzfunktion ganzheitlich verbessern können.

Das System kombiniert Batterien mit leistungselektronischer Netzkopplung und netzbildenden Wechselrichtern, um Niederspannungsnetze zu entkoppeln und zu optimieren. Dieser Ansatz ist im Vergleich zum Ausbau von Netzen und Übertragungssystemen kostengünstiger und schneller realisierbar. Solar- und Windenergie sowie Elektrofahrzeuge können auf diese Weise schneller ins Stromnetz integriert werden. Hans-Christoph Neidlein


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