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Unternehmen KlimaschutzViel ungenutztes Potenzial für Solarstrom im Gewerbe

Photovoltaikanlage auf einem Gewerbedach
99 Kilowatt Photovoltaikanlage des Polstermöbel-Spezialisten Ponsel im oberfränkischen Weidhausen. Das mittelständische Unternehmen produziert rund die Hälfte seines benötigten Stroms selbst. (Foto: IBC Solar)

Viel mehr Unternehmen könnten im Doppelpack mit Batteriespeichern und Energiemanagementsystemen eigenen Solarstrom nutzen, sich damit auch gegen steigende Energiepreise absichern und zunehmende Kundenwünsche nach mehr Klimaschutz erfüllen.

25.06.2021 – Laut der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) sind bisher lediglich 13,2 Prozent der installierten Anlagenleistung aus Erneuerbaren Energien in Besitz von Gewerbebetreibenden. Privatpersonen liegen mit über 30 Prozent Anteil weiterhin an der Spitze der nachhaltigen Stromproduktion.

Dabei gibt es in Deutschland rund 3,5 Millionen Unternehmen, deren Energiebedarf – in Kombination mit größeren Gebäudekomplexen und entsprechenden Dach- sowie Gewerbeflächen – ein enormes Potenzial für den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung durch Photovoltaik bietet. Berechnungen des Solar Cluster Baden-Württemberg zeigen deutlich, dass sich die Investitionen in Solarenergie und Speicher für Unternehmen finanziell lohnen. Eine zunehmende Unabhängigkeit von steigenden Energiepreisen sorgt zudem auch für finanzielle Planungssicherheit.

Klimaschutz umsetzen und dabei Kundenbindung stärken

Gleichzeitig können Unternehmen so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ihre Wahrnehmung im Bereich Corporate Social Responsibility ausbauen und damit sogar die Kundenbindung stärken. In einer aktuellen Capgemini-Studie gaben 66 Prozent der Verbraucher aus neun verschiedenen Ländern an, Produkte oder Dienstleistungen auch aufgrund ihrer „Umweltfreundlichkeit“ auszuwählen.

Die Konsumenten engagieren sich zunehmend für soziale Zwecke und suchen nach Produkten und Anbietern, die ihren Werten entsprechen. Fast acht von zehn Befragten geben an, dass Nachhaltigkeit für sie wichtig ist. Auch dies wird also zunehmend zu einem Argument für Unternehmen, umweltfreundlicher zu agieren – beispielsweise durch den Einsatz Erneuerbarer Energien.

„Neben der Wirtschaftlichkeit von Solarstrom und der Energieunabhängigkeit achten immer mehr Unternehmen auf ihre Ökobilanz, denn die Nachhaltigkeit von Produkten, Marken und Unternehmen wird auch bei den Konsumenten ein immer stärker ausschlaggebendes Kriterium“, bestätigt Stratis Tapanlis, Director Commercial Energy Systems bei IBC Solar. „Wir haben viele Kundenbeispiele, bei denen sich zeigt, wie die verschiedenen Argumente für den Einsatz von Photovoltaik und Energiespeicher zusammenspielen.“

Klimaschutz Made in Oberfranken:
Einsparung von jährlich 30.000 Euro Stromkosten

Wie viel Stromkosten man mithilfe von selbst erzeugtem Solarstrom einsparen kann, zeigt sich beim Polstermöbel-Spezialisten Ponsel. Seit mehr als 90 Jahren produziert die Firma hochwertige Polstermöbel. Heute arbeiten rund 200 Mitarbeiter in der Fertigung des Familienbetriebs im oberfränkischen Weidhausen .

Nicht nur was die Möbelproduktion angeht, heißt es bei Ponsel „100% Made in Germany“. Auch bei der Stromerzeugung setzt der Möbelproduzent mithilfe einer PV-Dachanlage auf Eigenproduktion. Mit einer installierten Leistung von 99 Kilowattpeak (kWp) auf einer Dachfläche von 930 Quadratmetern produziert das Unternehmen rund 87.000 Kilowattstunden (kWh) Strom im Jahr.

Pro Tag fertigen die Mitarbeiter bei Ponsel rund 100 Polstergarnituren. Um diese Auftragsmengen stemmen zu können, wird im Schichtbetrieb von 04:00 bis 22:00 Uhr gearbeitet. Der Strom, den die Solaranlage auf dem Dach des Firmengebäudes erzeugt, wird hauptsächlich für Nähmaschinen, elektrische Cutter und die Beleuchtung in der Produktion eingesetzt.

Da das Unternehmen rund die Hälfte seines benötigten Stroms selbst produziert, halbiert sich entsprechend auch die Stromrechnung. Insgesamt spart der Familienbetrieb damit jährlich etwa 30.000 Euro an Stromkosten. Außerdem spart das Unternehmen durch den selbst erzeugten Solarstrom rund 44 Tonnen CO2 pro Jahr ein und verbessert damit seine Ökobilanz.

E-Ladeinfrastruktur als Anstoß – Energiekonzepte neu denken

Zusätzlich zum Argument der Stromkosten und der Ökobilanz gibt es natürlich auch branchenspezifische Entwicklungen, die eine Umstellung des Energiekonzepts im Unternehmen anstoßen können. Beim Autohaus Dresen war die geplante Errichtung einer E-Ladeinfrastruktur ausschlaggebend für die Entscheidung hin zur grünen Energie.

Die E-Ladeinfrastruktur des Autohauses mit insgesamt acht Ladesäulen, darunter eine 50kW Schnellladesäule, benötigt bei einer zeitgleichen Nutzung aller Stationen unter voller Leistung rund 193 Kilowatt (kW). Der vorhandene Stromanschluss kann hingegen nur eine maximale Leistung von 150 kW bedienen. Das Betreiben der Ladestationen wäre somit nicht möglich und ein künftiges Hinzufügen von weiteren E-Ladepunkten undenkbar gewesen.

Die Lösung brachte schließlich ein individuelles und komplexes PV-Komplettsystem. Neben der reinen PV-Anlage mit sechs Wechselrichtern und einer Jahreserzeugung von circa 135.000 kWh, beinhaltet die Anlage einen Energiespeicher mit einer Leistung von 88 kW und einer Speicherkapazität von 131 kWh, acht Ladesäulen und ein Energiemanagementsystem (EMS). Mit der Kombination aus PV-Eigennutzung und Speicher entlastet das Autohaus nicht nur das öffentliche Stromnetz, sondern spart auch rund 61,6 Tonnen CO2 pro Jahr ein.

Grün auf ganzer Linie

Bei manchen Firmen ist „Going Green“ quasi Programm. Der Gärtnerei- und Konfektionsbetrieb Herrmann Kräuter baut auf eigenen Freilandflächen und in Gewächshäusern Schnittkräuter an. Jede Woche liefert das Unternehmen 200 Tonnen frisch geschnittene Kräuter an Großkunden aus Gastronomie und Lebensmittelhandel.

„Grüner geht’s nicht“, könnte man da denken. Aber klassische Gewächshäuser hatten bisher durch ihren hohen Stromverbrauch für das Belichten, Beheizen und Bewässern nicht gerade einen besonders grünen Fußabdruck. Hinzu kam der Stromverbrauch für das Kühlen der frischen Kräuter und für die Verpackungsmaschinen. Und das nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht.

Herrmann Kräuter suchte nach einer ganzheitlichen Energielösung, mit möglichst wenig Strombezug aus dem öffentlichen Netz. Aufgrund des hohen Energiebedarfs rund um die Uhr, installierte IBC Solar zusammen mit Kempka-Elektrotechnik eine PV-Anlage mit einer Leistung von 416 kWp und zusätzlich einen modular erweiterbaren Speicher mit einer Kapazität von 207 kWh. Gesteuert wird die Anlage über ein Energiemanagementsystem (EMS), welches u.a. sowohl den starken Stromverbrauch, die PV-Anlage, als auch das bereits vorhandene Blockheizkraftwerk (BHKW) in Einklang bringt.

Mithilfe der intelligenten Steuerung über das EMS vermeidet das Unternehmen Lastspitzen und kann den Strombedarf weitgehend über die Photovoltaikanlage decken. So macht sich der Kräuterproduzent mit rund 340.000 kWh selbst produziertem Solarstrom weitgehend unabhängig von steigenden Strombezugskosten und spart zudem jährlich rund 170 Tonnen CO2 ein.

Trend zur unabhängigen Stromversorgung

„Wir sehen im Gewerbebereich eine deutliche Bewegung hin zur unabhängigen Stromversorgung mit Erneuerbaren Energien. Allein von Januar bis April 2021 lag der Zubau an PV-Anlagen im Gewerbe bei mehr als einem Drittel des Gesamtwerts für 2020“, so Tapanlis. Für Unternehmen, die diesem Trend bereits folgten, seien nicht nur wirtschaftliche Faktoren ausschlaggebend, sondern sie profitierten vielfach auch von positiven Effekten bei ihrer Positionierung im Hinblick auf eine ressourcenschonende Produktion.  Hans-Christoph Neidlein


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