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SüdostasienVietnam erlebt einen Solarboom

Dau Tieng Solar-Projekt
Das Dau Tieng Solar-Projekt ist mit einer Gesamtkapazität von 600 Megawatt das größte in ganz Südostasien. Es liegt direkt am Dau Tieng-See und rund 100 Kilometer entfernt von Ho Chi Minh Stadt. (Foto: TammyLe / commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Die Energiewende kommt ins Rollen: In Vietnam gingen 2020 Solaranlagen mit einer Kapazität von über 11 Gigawatt ans Netz. In der Erneuerbaren-Branche herrscht Euphorie. Noch wird die Energieerzeugung jedoch von der Kohlekraft dominiert.

17.04.2021 – Bisher ist die sozialistische Volksrepublik in Südostasien nicht für ihre großen Sprünge bei der Energiewende bekannt. Doch das hat sich spätestens im vergangenen Jahr geändert. 2020 gingen in Vietnam Solaranlagen mit einer Kapazität von 11,6 Gigawatt ans Netz, vermeldete die Internationale Energieagentur. Das ist mehr als doppelt so viel, wie im gleichen Zeitraum in Deutschland installiert wurde. Und hierzulande war der Ausbau sogar verhältnismäßig hoch.

Tatsächlich macht ein starker Photovoltaik-Zubau in Vietnam, das derzeit ein schnelles Wirtschaftswachstum erfährt und der drittgrößte Textilexporteuer der Welt ist, besonders viel Sinn: Aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung ist der Ertrag von Solarenergieanlagen höher als in vielen anderen Teilen der Erde.

Photovoltaik-Kapazität auf 16,5 Gigawatt gestiegen

Trotzdem betrug die installierte Kapazität in Vietnam im Jahr 2018 lediglich 105 Megawatt. Ein Jahr später stieg diese Zahl auf knapp fünf Gigawatt und im Jahr 2020 sogar auf 16,5 Gigawatt. Eine beachtliche Zunahme. Zum Vergleich: In Thailand waren Ende vergangenen Jahres nur knapp drei Gigawatt installiert, in China allerdings schon über 253 Gigawatt.

Die Nachfrage nach Energie in Vietnam wird laut Prognosen in den kommenden Jahren weiter stark steigen. Das haben auch die großen Player der Solarindustrie erkannt. Nicht ohne Grund tätigen sie immer häufiger hohe Investitionen in große Solaranlagen. So ging im Sommer letzten Jahres in der Ninh Thuan-Provinz eine 45-Megawatt-Anlage ans Netz, die jährlich rund 76 Megawattstunden erzeugt. Realisiert wurde das Projekt von der Sharp Energy Solutions Corporation (SESJ), die in Vietnam bereits fünf weitere Solarkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 245 Megawatt installiert hat.

Einspeisevergütung als Treiber des Solarbooms

Zurückzuführen ist die solare Erfolgsgeschichte in Vietnam wohl in erster Linie auf einen Marktmechanismus, der uns in Deutschland nicht ganz unbekannt ist: die Einspeisevergütung. Sie wurde in der sozialistischen Republik eingeführt, damit die Erzeuger von Erneuerbaren Energien einen festen und kostendeckenden Preis erhalten. Die Risiken von Investitionen in Solaranlagen wurden damit deutlich reduziert. Vor einem Jahr hat die vietnamesische Regierung die Einspeisevergütung verlängert – die neuen Tarife fallen allerdings etwas niedriger aus.

Zukünftig könnte Vietnam zusätzlich auf ein Ausschreibungssystem setzen. Alle Erneuerbaren-Projekte, die keine Einspeisevergütung erhalten, könnten dann daran teilnehmen. Damit würde eine bessere Steuerbarkeit der Energiewende erreicht werden – vor allem hinsichtlich der Regionalität des Ausbaus.

45 Gigawatt Erneuerbare bis 2030

Laut dem achten Energie-Entwicklungsplan will die vietnamesische Regierung die gesamte Stromerzeugungskapazität in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. Bis 2030 sollen 29 Prozent der Erzeugung durch Erneuerbare Energien und 18 Prozent durch Wasserkraft gedeckt werden. Geplant ist damit eine Erneuerbaren-Kapazität von 45 Gigawatt. Der vorherige Plan hatte nur einen Ausbau von 27 Gigawatt vorgesehen – der bereits in diesem Jahr oder spätestens 2022 erreicht werden dürfte. Trotz der beschleunigten Energiewende wird der Kohlekraft mit einem Anteil von 28 Prozent an der Stromerzeugung immer noch eine wichtige Rolle zugesprochen.

Der achte Energie-Entwicklungsplan sieht jedoch auch einen deutlich beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2045 vor. Bis dahin soll die Erneuerbaren-Kapazität auf 127 Gigawatt steigen, wie eine IHS Markit-Analyse zeigt. Daran soll die Photovoltaik mit 43 Prozent den größten Anteil haben, gefolgt von der Windenergie an Land (31 Prozent) und der Offshore-Windkraft (17 Prozent).

Die Photovoltaik-Kapazität würde demnach bis 2045 auf knapp 55 Gigawatt steigen, die Onshore-Windkraft-Kapazität auf knapp 40 Gigawatt und die Offshore-Windkraft-Kapazität auf über 21 Gigawatt.

Gemessen an den aktuellen Zubauzahlen der Photovoltaik und Windkraft würde das eine deutliche Verschiebung des Ausbaus einleiten. Ende 2020 betrug die Windkraft-Kapazität gerade einmal 600 Megawatt, wovon ein Großteil auf die Windenergie an Land entfiel. Der Photovoltaikzubau würde demnach in den kommenden 15 Jahren gebremst werden, während der Windkraftausbau um ein Vielfaches gesteigert wird.

Kohleimporte 2020 stark gestiegen

Dieses Ausbremsen des zurzeit so starken Photovoltaikausbaus wirkt wenig förderlich im Hinblick auf die Chancen der Technologie für die gesamte Energiewende. Zudem bringt das Festhalten an der Kohlekraft weitere Unsicherheit in den Markt – schließlich müssen die Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen zukünftig gegen den billigen Kohlestrom der längst abgeschriebenen Kraftwerke konkurrieren. So sind die Kohleimporte im ersten Halbjahr 2020 um über 50 Prozent gestiegen. Derzeit beträgt der Anteil von Kohlekraftwerken an der gesamten Erzeugung rund 35 Prozent.

Aus Angst vor Stromausfällen hält die Regierung auch in den kommenden Jahren an der Kohleverstromung weiter fest. Immerhin wurde inzwischen ein Großteil der geplanten neuen Kohlekraftwerke verschoben – angeblich wegen technischer Schwierigkeiten. Tatsächlich könnte daran eher die globale Abkehr von der Kohlekraft sowie die lokale Opposition „Schuld“ sein. Investoren aus Südkorea und Japan ziehen zunehmend ihre Investitionen in die Kohle ab, die Risiken steigen.

Heutzutage stecken Investoren ihr Geld lieber in Erneuerbare Energien. Das hat Vietnam schon in den letzten zwei Jahren einen echten Solarboom beschert. Jetzt muss die Volksrepublik diesen Trend verstetigen – und könnte damit schon bald eine führende Rolle bei den Erneuerbaren Energien in ganz Südostasien einnehmen. jk


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