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Naturschutz und EnergiewendeWasserkraftverbände wehren sich gegen eine WWF-Studie

Fischtreppe an der Isar in München
Fischtreppe an der Isar in München. (Foto:Rufus46 / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0)

Die Bayerischen Wasserkraftverbände üben scharfe Kritik an einer Studie des WWF. Darin fordert die Umweltorganisation einen umfassenden Stopp der kleinen Wasserkraft zugunsten des Naturschutzes. Die Verbände halten das für völlig unverhältnismäßig.

26.08.2020 – „Lasst den Flüssen ihren Lauf“, fordert der WWF in seinem Hintergrundbericht zum Zustand der Fließgewässer in Bayern. Auf Basis der Studie fordert der WWF den Stopp des Neubaus von Wasserkraftwerken und den Rückbau bestehender Anlagen. Wasserkraftwerksbetreiber und Verbände sind empört. Es sei auf falscher Interpretation von Tatsachen basierender Frontalangriff auf die für den Klimaschutz notwendige Wasserkraft-Technologie, kontern die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) e.V. und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke eG. „Wir sind fassungslos ob der einseitigen Darstellung und der pauschalen Schuldzuweisung durch den WWF“, kommentierte Fritz Schweiger, 1. Vorsitzender der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) e.V, den WWF-Bericht. Viele Annahmen in dem Bericht entsprächen nicht den Tatsachen, zudem sei es eine „sehr kurzsichtige Forderung mit Blick auf den Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“, so Hans-Peter Lang, Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW) eG. Denn die Energieerzeugung aus Wasserkraft gehöre zu den notwendigen Bausteinen für den Klimaschutz und sorge dafür, dass die Lebensgrundlagen für Menschen und Tiere – auch für Fische - langfristig erhalten bleiben.“

Wasserkraft im Faktencheck

In der WWF-Studie heißt es: „Knapp 57.000 Querbauwerke wie Abstürze, Wehre und Staudämme zerschneiden Bayerns Flüsse. Nur 11 Prozent dieser Barrieren seien ‚frei durchgängig‘, können also problemlos von Fischen überwunden werden.“ Hier haken die Wasserkraftverbände ein. „Von diesen 57.000 Querbauwerken befinden sich lediglich an 4.000 von ihnen Wasserkraftanlagen“, stellt Fritz Schweiger von der VWB klar. „Das ist ein Bruchteil“ – außerdem seien viele von ihnen in den vergangenen Jahren ökologisch verbessert worden. „Dazu sind wir schon allein aufgrund strenger gesetzlicher Auflagen verpflichtet“, erläutert Schweiger. Die Wasserkraftanlagen könnten somit nicht alleinige Ursache für die vom WWF in der Studie festgestellte mangelhafte Qualität und Durchgängigkeit von 85 Prozent der bayerischen Flussgewässer sein, so Schweiger.

Bayerischer Staat in der Verantwortung

Die Branche fühlt sich ungerecht bewertet. Denn rund60 Prozent der Wasserkraftbetreiber, die Mitglied in den beiden Wasserkraftverbänden sind, hätten in den vergangenen Jahren Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung der Standorte durchgeführt, bspw. Fischtreppen eingebaut, berichten die Verbände. Die übrigen Querbauwerke allerdings, und das seien immerhin rund 93 Prozent der Wehre in Bayern, befinden sich im Eigentum des Bayerischen Staates, erklärt Schweiger. Hier sei also der Bayerische Staat in der Verantwortung, für die Durchgängigkeit zu sorgen.

Was aber auch nicht vergessen werden dürfe: Wehre erfüllen wichtige Funktionen, sagen die Verbände. Sie dienten etwa dem Hochwasserschutz und der Grundwasserstabilisierung.

Was spielt bei der Verunreinigung von Gewässern eine Rolle?

Den Vorwurf des WWF, die wAsserkarftwerke hätten negativen Einfluss auf die Wasserqualitäte, will  Hans-Peter Lang vom LVBW revidieren. „Es gibt sehr viele, sehr unterschiedliche Umgebungsbedingungen, die einen negativen Einfluss auf die Wasserqualität haben,“ sagt er: Zum Beispiel die Begradigung von Flüssen, das Eintragen von diffusen Stoffen, Ausleitungen aus Kläranlagen und Reifenabrieb auf Straßen, die in Gewässer geschwemmt werden. Und nicht zuletzt verunreinige und verstopfe der Wohlstandsmüll, der achtlos weggeworfen wird, die Flüsse. „Man macht es sich sehr einfach, wenn man einfach nur den Wasserkraftanlagen die Schuld für alle Defizite in die Schuhe schiebt“, findet Lang.

Und begründet das. Denn im Zuge der Energiewende wurden kaum neue Anlagen gebaut, sagen die Bayerischen Wasserkraft-Verbände. Wenn sich die Zustände der Flüsse in den vergangenen Jahren, wie in der WW- Studie beschreiben, deutlich verschlechtert haben, so könnte das also kaum an den bis zu 100 Jahren bestehenden Anlagen liegen. Im Gegenteil hat die Zahl der kleinen Wasserkraftwerke im Laufe der Zeit abgenommen. Zum Vergleich vor hundert Jahren gab es noch rund dreimal so viele Wasserkraftanlagen wie heute.

Wie systemrelevant ist die kleine Wasserkraft für die Energiewende?

In seiner Mitteilung zum Bericht blickt der WWF auch kritisch auf den geplanten Ausbau der Wasserkraftleistung angesichts des Stromertrags und schreibt: „Gerade einmal 1,5 Prozent des bayerischen Stroms werden derzeit von den rund 4.000 Kleinwasserkraftwerken (Leistung < 1 MW) erzeugt.“ Die sogenannte Kleine Wasserkraft werde generell gern klein geredet, kontert Schweiger, und das zu Unrecht. „Immerhin erzeugen die Anlagen über eine Milliarde Kilowattstunden Strom im Jahr“, sagt er. Damit könne rechnerisch bereits der Strombedarf aller Haushalte in der Oberpfalz gedeckt werden. „Darüber hinaus ist Strom aus Wasserkraftanlagen CO2-frei“, erinnert Schweiger, werde regional erzeugt und vermeide damit Energieverluste. Er träge zur Stabilisierung örtlicher öffentlicher Stromversorgungsnetze bei.“

Die Branche fordert daher in Anbetracht aller Fakten eine sachliche Auseinandersetzung mit der Wasserkrafttechnologie und „keine ideologiegetriebene Fehlinterpretation von Tatsachen, um eine für die Energiewende und den Klimaschutz notwendige Technologie zu verunglimpfen“, appellieren Fritz Schweiger und Hans-Peter Lang im Namen ihrer Verbände. Umwelt- und Naturschutz müsse, so sind sich alle einig, langfristig zusammen mit dem Klimaschutz gedacht werden. Die kleine Wasserkraft sei dafür ein geeigneter Baustein. na


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