Menü öffnen

Onshore-WindenergieSo könnte die Windkraft wieder aus der Krise kommen

Rotorblätter von zwei Windrädern, an denen ein Vogel vorbeifliegt.
Vogelkiller Windkraft? Zwar sterben jährlich 100.000 Vögel durch Windräder, doch allein in Deutschland verenden 90 Millionen Flugtiere pro Jahr an Glasscheiben. In den USA töten Katzen über eine Milliarde Vögel. Und durch die langfristigen Folgen der Klimakrise, dürften noch weitaus mehr Vögel sterben. (Foto: pixabay, CC0 Public Domain)   

Trotz Klimakrise wird der Bau Tausender Windräder blockiert. Schuld sind langwierige Genehmigungen, der Flugverkehr und Klagen von Naturschützern. Die Windbranche sucht nach Auswegen, um der Windkraft wieder zu alter Stärke zu verhelfen.

24.07.2019 – Im Jahr 2016 waren es noch 9.000 Megawatt (MW) Windkraft, die genehmigt wurden. Dem folgte jedoch ein starker Einbruch auf nur noch 1.400 MW pro Jahr. So hatte die Windbranche in diesem Jahr auch das ausbauschwächste erste Quartal im neuen Jahrtausend zu beklagen. Um jedoch die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, bedarf es eines jährlichen Zubaus von 4.700 MW, wie der Bundesverband Erneuerbare Energien errechnet hat. Helfen könnten kurzfristig die 11.000 MW Windenergieleistung, die derzeit in Genehmigungsverfahren feststecken und durch Klagen und Widerspruchsverfahren ausgebremst werden. Der Bundesverband WindEnergie (BWE) hat dazu einige Vorschläge.

Hauptgegner der Windkraft: der Flugverkehr

Der Großteil blockierter Genehmigungen ist dabei auf den Flugverkehr zurückzuführen, wie die Fachagentur Wind an Land ermittelt hat. Mehr als 1.000 Anlagen mit 4.800 MW Leistung können derzeit nicht realisiert werden, weil dadurch ein negativer Einfluss auf Flugnavigationsanlagen entstehen könnte. Demnach dürfen die Windanlagen derzeit nicht in der Nähe von sogenannten Drehfunkfeuern gebaut werden, die die Luftnavigation vom Boden aus Steuern. Dabei ist die Deutsche Flugsicherheit besonders streng und verlangt Prüfabstände von 15 km rund um die Drehfunkfeuer.

Der BWE weist jedoch darauf hin, dass die Internationale Luftfahrtorganisation (ICAO) nur Prüfbereiche von 10 km vorsieht. Belgien hat zudem nur einen Schutzbereich von 7 km festgelegt. In Spanien beträgt er gerade einmal 3 km, ohne dass der Luftverkehr gefährdet ist. Allein durch die Anpassung an den internationalen Standard von 10 km, wären 1.500 MW an Windkraft nicht mehr blockiert. Zudem sieht die ICAO den Abbau von bis zu 50 Prozent der Drehfunkfeuer vor, die durch Satellitennavigation ersetzt werden können. Der BWE fordert hier das Verkehrsministerium und die Flugsicherheit auf, Bewertung und Abschaltung der überflüssigen Drehfunkfeuer zügig umzusetzen.

Und neben der Deutschen Flugsicherheit erhebt auch die Bundeswehr Ansprüche auf den Luftraum. Demnach blockieren aktuell militärische Belange der Luftraumnutzung den Bau von 900 Windanlagen mit 3.600 MW Leistung. Neben der Radarüberwachung zur Flugsicherung und Luftverteidigung sind auch Tiefflugkorridore für Hubschrauber und Kampfjets Gründe für fehlende Genehmigungen. Bezüglich der Korridore schlägt der BWE Einzelfallbetrachtungen statt der geltenden Pauschalabstände von 1,5 km vor.

Das zweitgrößte Hindernis: Klagen wegen Vögeln

Das zweitgrößte Hindernis nach dem zivilen und militärischen Luftverkehr besteht für die Windenergie in Klagen. Deutschlandweit sind 325 Windräder mit 1.000 MW Leistung betroffen, wovon bereits 100 gebaut und in Betrieb sind. Die häufigsten Klagegründe sind dabei im Artenschutz zu finden. Bei der Hälfte der Windräder werden Verstöße gegen den Schutz von Vogel- und Fledermausarten angeführt. Weitere 25 Prozent betreffen andere Gründe des Artenschutzes.

Doch der BWE weist darauf hin, dass Artenschutz vor allem über Klimaschutz zu erreichen sei und dafür ein Ausbau der Windkraft zwingend notwendig. Der Einfluss von Windenergieanlagen auf Vogelbestände sei zudem vergleichsweise gering. Vielmehr stellen klimatische Verhältnisse Gefahren für Vogelbestände dar. Da für den BWE ein vehementer Ausbau der Windkraft dringend geboten ist, sollte bei Klagen und Genehmigungen künftig zügig und im Zweifel für die Windkraft entschieden werden. Dafür bedürfe es jedoch entsprechender Gesetzesänderungen. Hier seien Bund und Länder am Zuge möglichst einheitliche gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen. Auch fehle es laut BWE bislang an fundierten wissenschaftlichen Daten, die eine ausgewogene Entscheidung für Klima- und Naturschutz ermöglichen.

Es darf keine Pauschalabstände geben

Die meisten Klagen und Beeinträchtigungen für die Windkraft durch den Flugverkehr sind derweil in Niedersachsen und NRW zu finden. Und in NRW wurde erst kürzlich mit dem neuen Landesentwicklungsplan der Ausbau der Windkraft weiter eingeschränkt. Demnach müssen neue Windräder künftig einen Mindestabstand von 1.500 Metern zum nächsten Wohnhaus einhalten. Auch in Bayern gelten ähnliche Regelungen, mit einem Mindestabstand, der das zehnfache der Höhe von Windanlagen beträgt. Eine 100 Meter hohe Anlage muss so Mindestens 1.000 Meter Abstand zum nächsten Wohngebäude wahren.

Eine Ausweitung dieser Regelungen auf alle Bundesländer, würde das faktische Ende des Windkraftausbaus in Deutschland bedeuten, warnt der BWE. Daher müssten alle Landesregierungen generell auf pauschale Abstandsregelungen verzichten und stattdessen Abstände individuell auf Grundlage des Bundesimmissonsschutzgesetzes festlegen. Dabei geht es vor allem um Lärm als mögliche Beeinträchtigung. Der BWE verweist hierbei jedoch auf vergangene Verfahren, die gezeigt hätten, dass aufgrund von Lärmbeeinträchtigungen keine größeren Abstände erforderlich seien.

Grundsätzlich verweist der BWE des Weiteren auf langwierige Genehmigungsverfahren, die unter anderem an mangelndem (Fach-)Personal liegen. Eine fundierte Aufstockung des Personals in den zuständigen Behörden sei daher erforderlich und eine Überschreitung von Fristen müsse sanktioniert werden. Schließlich müsse per Gesetz ausreichend Fläche zur Verfügung gestellt werden. Der BWE schlägt hier ein verbindliches Ziel von mindestens zwei Prozent bebauter Fläche pro Bundesland vor. mf


energiezukunft