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KlimakriseKlimaschäden für die globale Wirtschaft sind enorm

Thermometer mit hohner Temperaturanzeige vor Weltkarte
Steigende Temperaturen beinträchtigen Wohlbefinden und Wirtschaft weltweit. (Bild: Pixabay)

Eine neue Studie schlägt Alarm. Demnach kostet eine ungebremste Klimakrise bis zum Jahr 2100 zwischen 7 bis 14 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Allerhöchste Zeit für die Wirtschaft, jetzt auf bessere Klimaschutzstrategien zu drängen.

21.08.2020 – Die von Treibhausgasemissionen verursachte beschleunigte Erderwärmung können der Weltwirtschaft und dem Wohlstand einen größeren Schaden zufügen als in bisherigen Studien angenommen – wenn die CO2-Emissionnen nicht drastisch gesenkt werden. Zu diesem beunruhigenden Ergebnis kommen nun Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute for Global Commons and Climate Change (MCC) in ihrer aktuellen umfassenden Studie. Demnach wären im Durchschnitt weltweit 7 bis 14 Prozent Verlust von Wirtschaftsleistung im Jahr 2100 zu erwarten, je nach Region.

Die Forscher haben ihre Daten diesmal nicht auf nationalstaatlicher Ebene gesammelt, sondern auf Regionen bezogen. Auf der Grundlage eines in dieser Form erstmals entwickelten Datensatzes des MCC wurde ermittelt, wie sich der Klimawandel auf Gebiete wie etwa US-Bundesstaaten, Départements in Frankreich oder chinesische Provinzen auswirkt. Und sind so zu einem genaueren Ergebnis gekommen: „Wenn die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe nicht umgehend reduziert werden, könnte eine globale Erwärmung um 4°C bis zum Jahr 2100 dazu führen, dass diese Regionen im Durchschnitt fast 10 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung verlieren“, berichtet das MCC. In tropischen Regionen wären es sogar 20 Prozent. Jede Tonne CO2, die 2020 emittiert wird, verursache nach Rechnung der Wissenschaftler umgerechnet 76 bis 148 Euro Schäden.

Studie als Diskussionsgrundlage der Klimapolitik

Die Studie soll Grundlagen für die weitere politische Diskussion um die faire Bepreisung von CO2 schaffen. Es gehe einmal darum, so die Forscher, was für Bürger und Unternehmen verkraftbar wäre als auch darum, wie groß der durch den CO2-Ausstoß entstehende Schaden ist. „Unser neuartiger, eigens für diese Arbeit entwickelter Regionaldatensatz liefert ein besonders feinkörniges Bild davon, wie Wirtschaftsleistung mit Temperatur und Niederschlag zusammenhängt“, sagt Matthias Kalkuhl, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung und Leitautor der Studie. „Dieses feinkörnige Bild projizieren wir dann auf ein Szenario des Weltklimarats IPCC, wonach die globale Klimapolitik keine weiteren ambitionierten Maßnahmen beschließt und die globale Mitteltemperatur im Verlauf des 21. Jahrhundert um 3,7 Grad steigt.“

Wohlbefinden und Produktivität schwinden

„Klimaschäden treffen unsere Unternehmen und Arbeitsplätze, nicht nur Eisbären und Korallenriffe“, kommentiert Co-Autorin und stellvertretende Forschungsbereichsleiterin am PIK, und erläutert die Zusammenhänge und Abhängigkeiten „Steigende Temperaturen machen uns weniger produktiv, was insbesondere für draußen arbeitende Menschen in der Bauindustrie oder der Landwirtschaft relevant ist“, so Wenz. „Sie betreffen unsere Ernten und bedeuten zusätzliche Belastungen und damit Kosten für unsere Infrastruktur, weil zum Beispiel Rechenzentren gekühlt werden müssen.“

In früheren Studien hatten die Forscher angenommen, dass ein 1°C heißeres Jahr die Wirtschaftsleistung um etwa ein Prozent reduziere. Die neue und gezieltere Analyse deute aber nun auf Produktionsverluste hin, die in warmen Regionen bis zu dreimal so hoch sind. Dabei berücksichtige die Studie noch nicht einmal die erheblichen Schäden, die etwa durch Extrem-Wetterereignisse und den Anstieg des Meeresspiegels entstehen – denn diese seien für einzelne Regionen oft nur schwer vorhersehbar.

Ungleiche Verteilung

Die erstellten Datensätze von Klima und Wirtschaft des MCC sind umfangreich und reichen weit zurück: 1.500 Regionen in 77 Staaten der Welt wurden dabei untersucht, die Daten für einige Regionen reichen bis zu rund hundert Jahren zurück. Dabei, so berichten die Studienautoren, sei die vorhandene Datenlage für die Industrieländer umfangreich, für weite Teile Afrikas fehlten jedoch vor allem entsprechende wirtschaftliche Informationen.

Die Berechnungen belegen den erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftsproduktion, nicht so sehr aber einen Einfluss auf das dauerhafte Wirtschaftswachstum. Die Schäden sind weltweit sehr unterschiedlich verteilt. Tropische und bereits arme Regionen leiden bereits am meisten unter der anhaltenden Erwärmung, das werde sich noch immens verstärken; „einige Länder im Norden könnten sogar davon profitieren“, heißt es im Bericht.

Der CO2-Preis muss angepasst werden

Für die internationale Klimapolitik sollte das ein weiteres Warnsignal sein, um Emissionen massiv zu senken. Die Industrieländer sind in der Pflicht, speziell für eine gerechtere CO2-Preisgestaltung. „Wenn man das weit verbreitete Klima-Wirtschafts-Modell DICE des Nobelpreisträgers William Nordhaus mit den statistischen Schätzungen aus unseren Daten aktualisiert, sind die Kosten jeder Tonne Kohlenstoff, die an die Gesellschaft abgegeben wird, zwei- bis viermal höher“, erläutert Kalkuhl. „Laut unserer Studie wird jede Tonne CO2, die im Jahr 2020 emittiert wird, einen wirtschaftlichen Schaden verursachen, der bei den Preisen von 2010 zu Kosten zwischen 73 und 142 Dollar führt, anstelle der vom DICE Modell angezeigten 37 Dollar. Bis 2030 werden die sogenannten sozialen Kosten von Kohlenstoff aufgrund steigender Temperaturen bereits um fast 30 Prozent höher sein.“

Schaden nicht in Zahlen zu fassen

Und das Schadensmaß ist in Wirklichkeit noch viel größer. „Wir beziffern nur ökonomische Schäden – außen vor bleibt auch, dass der Klimawandel Ökosysteme zerstört, die Biodiversität vermindert und die Wahrscheinlichkeit von gewaltsamen Konflikten erhöht“, ergänzt Forscherin Wenz. na


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