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KlimawandelVerfehlung des 1,5-Grad-Ziels gefährdet Deutschlands Küsten

Deiche müssen in Deutschland immer höher und stabiler gebaut werden, um herannahende Stürme abzuwehren. (Foto: EvgeniT / Pixabay, CC0 Creative Commons)  

Der Weltklimarat warnt in seinem neuen Sonderbericht vor dramatischen, unumkehrbaren Folgen, sollte die Erderwärmung auf über 1,5 Grad ansteigen. Auch an Deutschlands Küsten wären mehrere Millionen Menschen von verheerenden Überflutungen betroffen.

09.10.2018 – 3,2 Millionen Bürger leben in Deutschland im gefährdeten Küstenbereich von Nord- und Ostsee. Einem 19-seitigen Bericht der Bundesregierung zufolge, der Spiegel Online vorliegt, gelten an der Nordsee Gebiete, die nicht höher als fünf Meter über dem Meeresspiegel liegen als gefährdet. An der Ostsee sind es Bereiche bis zu drei Meter über dem Meeresspiegel. Die Bundesregierung geht dabei von einem Anstieg des Meeresspiegels von 0,5 bis zwei Meter bis zum Jahre 2100 an Deutschlands Küsten aus.

Auch der Sonderbericht des IPCC beschreibt einen steigenden Meeresspiegel durch das Abschmelzen von Arktis und Antarktis. Der Weltklimarat geht dabei von einem weltweiten Anstieg von fast einem Meter aus, sollte die Erde sich bis 2100 auf 2 Grad erwärmen. Bei einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad hingegen könnten bis zu 10 Millionen Menschen in Küstengebieten vor den schlimmsten Folgen bewahrt werden. Aktuell jedoch steuert die Erde auf eine globale Erwärmung von 3 bis 5 Grad zu, wie Forscher des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) warnen.

Unumkehrbare Kippelemente

Denn die Forscher des PIK, die auch Teil des Weltklimarates sind, gehen bei einer Erwärmung von über 1,5 Grad von möglichen unumkehrbaren Kippelementen aus. So könnten sich zum Beispiel bisherige Kohlenstoffspeicher wie Permafrostböden durch ein Auftauen zu Kohlenstoffquellen umwandeln. Auch das Absterben von Regenwäldern und eine Verringerung der Eisdecke auf dem Planeten haben, neben weiteren Kippelementen, einen selbstverstärkenden Effekt auf den beschleunigten Klimawandel.

Und der Weltklimarat warnt: Bei einem weiter-wie-bisher-Szenario könnte die 1,5 Grad Marke bereits 2030 erreicht sein. Der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids müsste daher bis 2030 um 45 Prozent gegenüber dem Wert von 2010 reduziert werden. Bis Mitte des Jahrhunderts müsste der Ausstoß dann bei Null liegen.

Dafür müssten auch vermehrt sogenannte CDR-Verfahren (carbon dioxide removal) zum Einsatz kommen, durch die Kohlendioxid in großen Mengen der Atmosphäre entzogen wird. Zusätzlich müsste eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs mit gleichzeitigem Ausbau der Erneuerbaren Energien Einzug halten. Auch ein schneller Umstieg von Verbrennungsmotoren auf Elektromobilität müsste gelingen. Würde die Weltbevölkerung dann auch noch ihr Konsumverhalten ändern und zum Beispiel ihren Fleischkonsum reduzieren, wäre es technisch und wirtschaftlich möglich, das im Pariser Klimaabkommen festgeschriebene 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, so die Experten des IPCC.

Deutschland muss Vorreiterrolle einnehmen

Deutschland als eines der weltweit führenden Industrieländer müsste zur Erreichung dieser Ziele eigentlich eine Vorreiterrolle einnehmen, mahnen Opposition und Umweltverbände gegenüber der Bundesregierung. So fordert Lisa Badum, klimapolitische Sprecherin der Grünen: „Die Bundesregierung muss ihre Verantwortung jetzt endlich wahrnehmen: Mit einem frühen, gesetzlich fest verankerten Kohleausstieg kann Deutschland als größter Braunkohleverstromer der Welt einen wichtigen Beitrag für dieses Ziel leisten.“ Jedes Zehntel Grad geringerer Temperaturanstieg zähle dabei, so Badum und verweist auf die bereits jetzt steigende Anzahl von Extremwetterereignissen wie die Hitzerekorde in diesem Sommer.

Auch Katja Frieler vom PIK erinnert daran, dass Grob ein Grad Erwärmung bereits erreicht ist, mit sichtbaren Auswirkungen. Um die bereits bestehenden und noch möglichen Folgen des Klimawandels abzufedern, haben Deutschlands Küstenländer daher in den vergangenen Jahren Millionen in den Deichbau investiert. Es entstehen sogenannte Superdeiche, die über eine deutlich breitere Basis und eine geringere Neigung an den Seiten verfügen. Wellen kann so die Kraft genommen werden. Auch sollen sich diese leicht aufstocken lassen.

Nach Angaben von Schleswig-Holstein kostet ein Kilometer Deicherhöhung jedoch drei bis vier Millionen Euro. Die Anpassung an den Klimawandel könnte sich dementsprechend auch in Deutschland zu einem kostspieligen Unterfangen entwickeln, sollten Politik und Wirtschaft nicht akut Maßnahmen zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen einleiten. mf


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