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Wissenschaft in Corona-ZeitenWelche Rolle spielt die Atmosphäre im Klimasystem?

Das Forschungsflugzeug HALO startet zur Mission BLUESKY
Das Forschungsflugzeug HALO startet zur Mission BLUESKY. (Foto: DLR / CC-BY 3.0)

Wissenschaftler nutzen die Zeit des Corona-Lockdowns, um einzigartige Messungen von Klimagasen und Luftschadstoffen durchzuführen. Sie erhoffen sich neue Erkenntnisse über die Rolle der Atmosphäre im Klimasystem. Es ist eine einmalige Chance.

16.06.2020 – Die Corona-Pandemie hat auf der ganzen Welt das öffentliche Leben lahmgelegt. In vielen Ländern wurden wochenlange Lockdowns verhängt, die Weltwirtschaft brach drastisch ein. Und mit ihr die Treibhausgasemissionen. Neben den Klimagasen hat sich auch der Ausstoß von Luftschadstoffen deutlich reduziert. Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede, die nun im Rahmen des Helmholtz-Programms Atmosphäre und Klima (ATMO) untersucht werden.

„Je nachdem, an welchen Orten man Schadstoffkonzentrationen misst, kommt man zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen“, erläutert der ATMO-Sprecher Johannes Orphal. „Einzelne Datensätze sagen daher noch nicht viel aus, entscheidend ist der hochkomplexe Kontext.“

Gemessen wird mit Flugzeugen, Ballons, Satelliten und einem Zeppelin

Durch das Programm erhoffen sich die Wissenschaftler mehrerer Helmholtz-Zentren ein besseres Verständnis über die Rolle der Atmosphäre im Klimasystem zu erlangen. Dafür nehmen sie auf der ganzen Welt aufwendige Messungen verschiedenster atmosphärischer Parameter vor. Ob an Bodenstationen, mithilfe von Flugzeugen, Ballons, Satelliten oder sogar einem Zeppelin – gemessen wird in den unterschiedlichsten Schichten der Atmosphäre.

„Durch ein außergewöhnliches Ereignis wie den aktuellen Lockdown bekommen wir Daten, die viele Fragen beantworten können“, sagt Orphal. Glücklicherweise konnten auch die ersten Veränderungen beobachtet werden, die durch den Lockdown verursacht wurden. Die Forscher überwachen die Atmosphäre ohnehin sehr intensiv.

Freie Bahn für die Messflugzeuge

Weil der globale Luftverkehr praktisch zum Erliegen gekommen ist, haben die Wissenschaftler mit ihren beiden Messflugzeugen HALO und Falcon freie Bahn. „Die freie Troposphäre, etwa zwei bis zehn Kilometer über dem Erdboden, ist extrem wichtig für die Entwicklung des Klimas“, erläutert Orphal. „Deshalb messen wir unter den aktuellen Umständen dort ganz gezielt.“

Im Rahmen des ATMO-Programms können nun erstmals Untersuchungen vorgenommen werden, die unter normalen Umständen völlig undenkbar gewesen wären.

  • Wie ändert sich die Zusammensetzung der Luft?
  • Wie schnell schlägt sich die geringere Schadstoffbelastung in der Atmosphäre nieder?
  • Welche Klimaauswirkungen haben Kondensstreifen?

Bis derartige Fragen beantworten werden können, wird es noch eine Weile dauern. Zunächst müssen Informationen über das Absinken der Emissionen mit weiteren Parametern verknüpft werden. Entscheidend ist hierbei, in welchen Bereichen und Zeiträumen sich die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert hat. Dadurch können bestehende Modelle mit neuem Input versorgt und verbessert werden.

Emissionen in Ballungsräumen weniger stark gesunken als erwartet

„Erst mithilfe von Modellen werden aus einzelnen Daten die großen Zusammenhänge erkennbar, die unser hochkomplexes klimatisches System widerspiegeln“, erläutert Peter Braesicke, wissenschaftlicher Koordinator der Helmholtz-Klimainitiative Regionale Klimaänderungen (REKLIM). So sind während des Corona-Lockdowns die Treibhausgasemissionen in Ballungsräumen weniger stark gesunken als erwartet, was durch unterschiedlichste Faktoren beeinflusst wurde. Zum Beispiel könnte die CO2-Konzentration an einer Messtation deutlich ansteigen, weil der Wind von einem nahegelegenen Kohlekraftwerk herüberweht. Die Zusammenhänge sind also äußerst komplex.

Da die Wirtschaft nicht komplett auf null heruntergefahren wurde, müssen die Forscher nun erst einmal analysieren, wie stark die Emissionen in den einzelnen Bereichen gesunken sind. „Wenn wir davon ein Bild bekommen, lassen sich die Daten entsprechend auswerten, um Klimamodelle zu verbessern“, sagt Braesicke. jk


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