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Die Meinung
11. Dezember 2020

Ein erster Schritt in Richtung Klimafinanzierung

350 öffentliche Banken haben das gemeinsame Ziel definiert, einen grünen Post-Covid Wiederaufbau im Einklang mit den globalen Klimazielen zu unterstützen. Jetzt muss das Ziel aber auch in verbindliche Investitionskriterien übersetzt werden. Deutschland könnte die Entwicklung fördern.

Sophie Fuchs, Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch

Sophie Fuchs, Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch
Sophie Fuchs, Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch
Foto: © Germanwatch

11.12.2020 – Beim ersten internationalen Gipfel öffentlicher Entwicklungsbanken am 12. November haben rund 350 nationale, regionale und bilaterale Entwicklungsbanken erklärt, einen grünen Wiederaufbau nach der Corona-Krise zu unterstützen.

Entwicklungsbanken und öffentliche Förderbanken, wie zum Beispiel die KfW, spielen eine Schlüsselrolle für den Übergang der Realwirtschaft in die Treibhausgasneutralität. Für die Staaten sind öffentliche Banken auch eine Möglichkeit, politische Ziele wie das der Treibhausgasneutralität bis Mitte des Jahrhunderts durch Anreizsetzung zu fördern. Über Kredite, Anleihen-Käufe, Garantien und Eigenkapital zu günstigen Konditionen machen sie die notwendigen Investitionen der Unternehmen und Staaten möglich. Noch wichtiger als die Summe ihrer eigenen Investitionen ist aber ihre Hebelwirkung. Insbesondere bei großen Infrastrukturinvestitionen führt die Beteiligung einer öffentlichen Bank häufig zur Ko-Finanzierung durch private Investoren.

Die gemeinsame Abschlusserklärung der Entwicklungsbanken ist ein wichtiger erster Schritt, aber nicht ausreichend, damit alle Finanzströme zum Erreichen der globalen Klimaziele beitragen. In der Erklärung haben sich die rund 350 öffentlichen Banken als Teil ihres Beitrags zum grünen Wiederaufbau dazu bekannt, ihre Investitionen am Pariser Klimaabkommen und den Zielen für nachhaltige Entwicklung auszurichten.

Doch die Sprache der Erklärung ist noch nicht verbindlich genug und öffnet Greenwashing Tür und Tor. So wird die Entwicklung von Methoden zur Umsetzung bis zur kommenden Klimakonferenz „angestrebt“, die Reduktion von Investitionen in fossile Brennstoffe wollen die Banken „prüfen“. Damit dies auch für andere Wirtschaftsakteure als eindeutiges Signal verstanden wird, braucht es von jeder Bank verbindliche Kriterien und einen ambitionierten Zeitplan dazu, welche Finanzierungen sie künftig priorisiert, welche Projekte besonders gute Förderkonditionen erhalten und welche Technologien ab wann nicht mehr finanziert werden.

Im Einklang mit den Pariser Zielen sollten öffentliche Entwicklungsbanken beispielsweise keine Projekte mehr finanzieren, die auf der Nutzung fossiler Brennstoffe basieren. Denn Paris-kompatible Klimaszenarien, die das Temperaturlimit von 1.5 Grad Celsius nicht überschreiten, verlangen, dass die globalen CO2 Emissionen bis 2030 um 45 Proeznt gegenüber 2010 sinken. Dies geht mit einer stark reduzierten Nutzung fossiler Brennstoffe, auch von Erdgas, bis 2030 einher.

Zudem bringen Investitionen in fossile Energieträger immer größer werdende finanzielle Risiken mit sich. Schon heute sind die Kosten für die Erzeugung von Strom aus fossilen Energien in nahezu allen Märkten der Welt höher als jene für die Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. In Nicht-OECD-Ländern bestehen jedoch teilweise noch hohe Zinskosten für Projekte zur Nutzung Erneuerbarer Energien: Entwicklungsbanken hätten eine wichtige Rolle, dies zu ändern.

Durch sinkende Batteriepreise lassen sich zudem die Stromnetze immer kostengünstiger auch ohne den Einsatz von Erdgas stabilisieren. Hinzu kommen Reputations- und regulatorische Risiken. Die Gefahr, dass ein fossiles Kraftwerk vor dem Ende seiner technischen Laufzeit stillgelegt werden muss, ist heute höher denn je. Dies gilt damit einhergehend auch für die Ausfallrisiken der Investoren.

Einige öffentliche Banken und Staaten schreiten bereits voran. Die Europäische Investitionsbank hatte im vergangen Jahr entschieden, dass sie Projekte fossiler Energieträger und entsprechender Infrastruktur weitgehend von ihrer Finanzierung ausschließt. Auch der Dänische Investment Fund for Developing Countries (IFU) und die französische Entwicklungsbank Agence Française de Développement finanzieren bis auf wenige definierte Ausnahmen keine fossile Stromproduktion mehr. In Großbritannien diskutiert die Regierung eine neue Richtlinie, entsprechend derer die gesamte Entwicklungs- und Exportfinanzierung des Landes künftig keine fossilen Energieprojekte mehr fördern soll.

Deutschland sollte hier den Anschluss nicht verpassen und sich ebenfalls zu den Vorreitern gesellen. Die folgenden drei Maßnahmen können ein Zusammenspiel von Finanz- und Realwirtschaft für den Übergang zur Treibhausgasneutralität unterstützen:

Ausstieg aus fossilen Energieträgern in der Entwicklungs- und Exportfinanzierung

Klimapolitik muss national und international zugleich gedacht werden. Da das Klima ein globales Gut ist, ist es nicht zielführend nationale oder regionale Maßnahmen wie den European Green Deal zu beschließen, gleichzeitig aber über die Entwicklungs- und Exportfinanzierung klimaschädliche Projekte im Ausland zu fördern. Zudem gehen fossile Energieprojekte mit erheblichen finanziellen Risiken einher, die nicht durch staatliche Banken getragen werden sollten.

Deutschland kann über die deutsche Förderbank KfW und die Kreditversicherungsgruppe Euler Hermes direkt beschließen, welche Projekte es bilateral finanzieren wird und welche nicht. Darüber hinaus ist die Bundesregierung Anteilseignerin diverser multilateraler Entwicklungsbanken, etwa der Weltbank, der Europäischen Investitionsbank, der Asiatischen Entwicklungsbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank usw., wo sie Projekt- und Strategieentscheidungen zusammen mit den anderen Anteilseignern abstimmt.

Ein Bekenntnis der Bundesregierung zum Ausstieg der Finanzierung fossiler Energieträger und damit in Verbindung stehender Infrastruktur für alle öffentlichen Banken und Institutionen würde somit sowohl die bilaterale als auch die multilaterale Finanzierung beeinflussen. Gleichzeitig könnten die begrenzten Ressourcen der Förderbanken dann verstärkt für Zukunftstechnologien, wie etwa erneuerbare Energien, Speicher, Netzausbau und Nachfragemanagement eingesetzt werden.

Nutzung der Sustainable Finance Roadmap der KfW als ersten Schritt in diese Richtung

Am 15. Dezember soll die Sustainable Finance Roadmap der KfW verabschiedet werden. Die Roadmap soll aufzeigen, wie die KfW die Steuerung ihrer Geschäfte künftig im Hinblick auf das Pariser Klimaabkommen weiterentwickelt.

Die KfW sollte sich hier ebenso zukunftsgerichtet zeigen wie die Europäische Investitionsbank oder die französische Entwicklungsbank und sich viel klarer als bisher an 1,5°C-Szenarien orientieren. Wichtige Parameter werden sein, ob die KfW Zukunftstechnologien und eine Orientierung an der Taxonomie klar priorisiert, den Klimazielen entgegenlaufende Investitionen durch einen stringenten „Do not Harm“-Prozess verunmöglicht und dementsprechend auch aus der Finanzierung von Erdgaskraftwerken und -infrastruktur aussteigt.

In der Vergangenheit sahen sich entsprechende Ideen bei der KfW jedoch mit Widerstand vor allem des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie konfrontiert, das den Vorsitz im Verwaltungsrat der Bank innehat. Doch zumindest in seiner Zielverkündung stellt sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier öffentlich inzwischen hinter das Ziel der Treibhausgasneutralität Deutschlands bis 2050, ebenso wie hinter das Ziel einer Emissionsreduktion der EU um 55 Proeznt bis 2030. Eine KfW Sustainable Finance Roadmap, die diese Ziele anhand verbindlicher Kriterien auch praktisch umsetzt, könnte künftig wirtschaftliche Entwicklung, die notwendigen Klimaziele und soziale Fragen konsequent zusammenzudenken.

Eine Roadmap, die hinter dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 zurückbleibt, würde hingegen nicht nur im Widerspruch zu den Pariser Klimazielen stehen, sondern auch ökonomisch wenig weitsichtige Inlands-, Außenhandels- und Entwicklungsfinanzierung mit Risiken auch für die Steuerzahler bedeuten.

Sustainable Finance als Thema aller Parteien für die Bundestagswahl

Auch die kommende Bundestagswahl ist eine Chance für Deutschland im Bereich der nachhaltigen Finanzen voranzuschreiten. Wichtig ist, dass die Parteien in ihren Wahlprogrammen klar definieren, wie sie dies erreichen wollen. Es geht nun darum, nachhaltige Finanzen nicht länger als eine Nische zu betrachten, sondern durch entsprechende Rahmensetzung als Mainstream zu etablieren und damit eine erhebliche Hebelwirkung für die Transformation der Realwirtschaft einzusetzen.

Die Rolle nachhaltiger Finanzstrukturen für die Umsetzung der Treibhausgasneutralität, der Menschenrechte und SDGs – und dadurch auch zur Stärkung der Finanzmarktstabilität – sollte in allen Parteiprogrammen Beachtung finden. Alle Banken, Finanz- und Versicherungsinstitute sind hier gefragt, aber die öffentliche Hand muss vorangehen. Der konsequente Ausschluss fossiler Energieträger in der Entwicklungs- und Exportfinanzierung ist hierbei nur ein wichtiges Element der nachhaltigen Finanzen.

Auf ihrem ersten Gipfel haben die Entwicklungsbanken das gemeinsame Ziel definiert, einen grünen Post-Covid Wiederaufbau im Einklang mit globalen Klimazielen zu unterstützen. Es gilt nun, dieses Ziel in verbindliche Investitionskriterien zu übersetzen. Die EU hat mit der Taxonomie dafür einen guten Prüfmaßstab entwickelt. Auch die Bundesregierung ist am Zug, denn sie bestimmt über die Mandate und Förderrichtlinien der öffentlichen Banken.

Sophie Fuchs ist Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch.

 




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